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Sänger, Falk-Reimar [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 21): Landkreis Lüchow-Dannenberg — Braunschweig, 1986

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https://doi.org/10.11588/diglit.44260#0098
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GARTOW

Gartow ist heute regionales Zentrum im östli-
chen Zipfel des Kreisgebietes und hat in die-
ser Rolle die kleine Stadt Schnackenburg weit
überflügelt. Der an einem günstigen Seege-
übergang entstandene Ort besteht aus dem
Gut und dem gleichnamigen Dorf, welches
erst im 19. Jh. die Erweiterung zu einem Flek-
ken erfuhr. Das geschlossene Waldgebiet des
Gartower Forstes im Süden und Westen geht
nach Nordosten in die flache, mit nur kleinen
Waldflächen durchsetzte Elbmarsch über,
aus der sich der Höhbeck bis auf 75 m über
NN erhebt.
Gartow wurde im Jahre 1255 erstmals als
Grenzfeste erwähnt und wechselte bis 1356
siebenmal die Lehenshoheit zwischen den
Territorialherrschaften Brandenburg und
Braunschweig-Lüneburg. Infolge wirtschaftli-
chen Niedergangs mußten die Herren von
Gartow Haus und Dorf im Jahre 1360 an den
Johanniter-Orden verkaufen. In den Jahren
1439/41 wurde die Familie von Bülow Eigen-
tümer Gartows; sie erweiterte die alte Wasser-
burg zu einer mächtigen Ringmantelburg, die
später dem heutigen Barockschloß weichen
mußte. Während des Dreißigjährigen Krieges
haben Burg und Dorf schwer gelitten.
Der wirtschaftliche Niedergang des Gutes
nach dem Krieg wurde durch Hochwasser-
katastrophe, Mißwirtschaft und Familienstrei-
tigkeiten der Bülows noch beschleunigt. Sie
huldigten schließlich dem Markgrafen von
Brandenburg, woraufhin das Gut Gartow von
Celleschen Truppen besetzt und unter
Zwangsverwaltung gestellt wurde. Schließlich
verkauften die Bülows Haus und Dorf Gartow
im Jahre 1694 an den Celleschen Minister An-
dreas Gottlieb von Bernstorff. Er straffte sofort
die Wirtschaftsführung des Gutes, begann mit
einem großzügigen Wiederaufbau seines
neuerworbenen Besitzes und schuf so in der
Umgebung Gartows eine Siedlungsland-
schaft, die vorwiegend aus Vorwerken und
Betrieben der Gutswirtschaft besteht und sich
noch heute von der bäuerlich-dörflichen Be-
siedlung des übrigen Kreisgebietes völlig
unterscheidet. Es folgten Meliorationsmaß-
nahmen sowie Entwässerungsanlagen zur
Verbesserung der Landwirtschaft, die von sei-
nen Nachfolgern im 19. Jh. durch Forstwirt-
schaft ergänzt und weitgehend ersetzt worden
ist. Sie hat bis heute für den Raum Gartow
wirtschaftliche Bedeutung.
DER FLECKEN GARTOW
Der Flecken Gartow bestand ursprünglich nur
aus der heutigen Hauptstraße, die im Süd-
osten von der Seege und im Nordwesten von
Wall und Graben begrenzt war. Dieser Stra-
ßenzug liegt auf einer flachen, langgestreck-
ten Düne in der Seegeniederung und war um
1700 mit 45 Bürgerstellen, einer Kirche und
einem Pfarrhaus besetzt. Ein furchtbarer To-
talbrand vernichtete am 29. 5. 1721 dieses
Gemeinwesen. Ein anschließend verfaßter,
erhaltener Wiederaufbauplan Gartows zeigt
die Neuplanung, aber auch den alten Zustand
des Ortes. Die Hauptstraße wurde damals
zwischen den heutigen Häusern Nr. 30 und


Gartow, Wiederaufbauplan, 1721, Umzeichnung nach dem
Original im Gräflich Bernstorffschen Archiv

Gartow, Kirche, 1724, Architekt Borchmann


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