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Pantel, Etta [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 25): Baudenkmale in Niedersachsen: Landkreis Soltau-Fallingbostel — Braunschweig, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.43924#0156
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Forstamts, von wo aus umfangreiche Heideauf-
forstungen des 19. Jh. organisiert wurden. Das
bereits um 1860 evtl, zusammen mit Teilen des
Wirtschaftsgebäudes errichtete rechteckige
Haupthaus war erst zu Beginn des 19. Jh. für
die Nutzung als Forstamt umgebaut worden.
Die ursprünglich in Kalkpise-Bauweise aus einer
Stampf- Gussmasse auf einem Granitsockel er-
richteten Wände sind um 1930 durch massive
Ziegelwände ersetzt worden. Sämtliche Fenster
incl. des mittigen Hauseinganges mit den klein-
teilig erneuerten Sprossenfenstern/-türen sind
rundbogig und zeigen abgesetzte Putzfaschen.
Die frühere Hofanlage wird u.a. um ein ca. 1900
erbautes, ehemaliges Forstarbeiterhaus (Sell-
horn 3) erweitert, welches sich zusammen mit
einem Nebengebäude weiter östlich anschließt.
Dieser schlichte Fachwerkbau unter Satteldach
mit den geschosshohen Eckstreben besitzt
mehrere Eingänge und war ursprünglich für drei
bis vier Familien konzipiert. Der nah gelegene
zeitgenössische Ziehbrunnen ist damals aus ei-
nem gegliederten Betonelement hergestellt wor-
den.

BÖHME

Die Ortslage Böhme ist namengebender Teil der
Einheitsgemeinde mit ca. 920 Einwohnern im
Nordosten der Samtgemeinde Rethem, die im
Norden an die Flächen der Stadt Walsrode
grenzt. Der wie die benachbarten Dörfer land-
wirtschaftlich geprägte Ort liegt an dem gleich-
namigen Flüsschen kurz vor dessen Einmün-
dung in die Aller. Er gehörte bis zu dessen
Aufteilung im Jahr 1852 zum Amt Ahlden. Die
parallel zur Aller verlaufende, die Dorfmitte
durchquerende L 159 bindet Böhme an die
Nachbarorte Bierde bzw. Altenwahlingen und
weiter über die nord-süd-gerichteten Hauptver-
kehrsstraßen B 209 und L 190 an die ca. sechs
bis zwölf Kilometer entfernten größeren Nach-
barorte Rethem und Hodenhagen. Zusätzlich
führt die K 114 direkt ab Dorfmitte in Richtung
Norden nach Walsrode. Von weitem sichtbare
Eichenalleen säumen insbesondere die Fahr-
bahn der Landesstraße in der Allerniederung.
Die Lage der Ansiedlung Böhme am Rande der
Geest auf einer Talsandplatte des Aller-Urstrom-

Böhme, Gut Böhme, Luftaufnahme von Südwest, 2000


tales mit seinen unzähligen alten Flussarmen in
der etwa 400 Meter breiten Böhmeaue ist
typisch für die meisten Siedlungen der Umge-
bung; bietet sie doch in nächster Nähe unter-
schiedliche Bodenarten für den Ackerbau und
für die den ersten Siedlern wichtigere Viehzucht
an. Auf der Ostseite der Böhme wurden z.B. in
der 2. Hälfte des 19. Jh. sog. Rieselwiesen an-
gelegt, die den Grasertrag kräftig steigerten. So
wurde das Wasser des angestauten Flusses auf
ca. 50 Hektar kammartig verzahnt dem Land
zu- und abgeführt, um durch die Ablagerungen
bei Überflutungen besonders im Winter eine
Düngung zu erreichen. Mit der Verwendung von
Kunstdünger seit 1960 endete diese Phase.
Wie in ähnlichen Ortslagen der Umgebung ist
durch Funde auch hier eine frühe Besiedlung
mindestens seit der Jungsteinzeit als gesichert
anzunehmen. Die ersten urkundliche Erwähnun-
gen sind unter den Namen „Bomene“ 1330,
„Borne“ 1562 oder später „Beume“ 1613 zu
finden, und 1453 ist von Verwüstungen eines
Schlosses die Rede. Die Anzahl der Höfe von
nachweislich 18 im Jahre 1669, incl. zwei freier
Gutshöfe, ist jahrhundertelang erhalten geblie-
ben.
Die Hofstellen waren jenseits der Wasserläufe
fast regelmäßig beidseitig der nordost-südwest-
gerichteten Dorfstraße mit je einem Gutshof an
beiden Enden aufgereiht und umschlossen eine
auch heute noch weitgehend unbebaute Ge-
meinschaftsfläche.
Diese Struktur hat sich im wesentlichen dadurch
erhalten, dass gleichzeitig mit der Gemeinheits-
teilung 1806/7 eine Erweiterung des Dorfes
nach Westen durch die Erschließung einer Be-
bauungsreihe erfolgte und keine Verdichtung im
alten Dorfkern notwendig war. Die neue Dorfer-
schließungsstraße mit ihrem gradlinigem und
breitem Verlauf hat die alte in ihrer Funktion er-
setzt. Ab 1779 war nach Abbruch der Gutsge-
bäude schon das frühere Vorwerkgelände auf
der Böhme-Insel südlich des Gutes Nr. 3 parzel-
liert worden, und von da an größtenteils von
erstmals Zugezogenen ohne Land, sog. Häus-
lingen, bebaut worden.
Hier am östlichen Ortseingang hat die Regulie-
rung der Böhme um 1970 durch Verlegung der
Wasserläufe und Eindeichung starke Verände-
rungen bewirkt, die auch eine Verdichtung der
Bebauung in jüngerer Zeit zur Folge hatten. Die
stärkste Veränderung der Dorfstruktur hat die
Böhme-Regulierung um 1970 am östlichen
Ortsrand gebracht. Der Verlegung und Eindei-
chung von Wasserflächen mussten gewachsene
Strukturen weichen, mit besonderen Auswirkun-
gen auf die Ortsansicht im Bereich der Gutsein-
fahrt.

Gut Böhme
Während der südliche Gutshof schon zu Anfang
des 19. Jh. aufgelöst war, erfuhr der nördliche
ab 1709 mit dem Kauf durch den kurfürstlichen
„Geheimen Kriegsrat“ von Hannover, Johann
von Hattorf, eine besondere Entwicklung.
Heute noch bestimmt die Anlage, Nr. 3, mit ih-
ren 15 markanten und denkmalpflegerisch wert-

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