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Auch bei dem kleinen Fachwerkbau von 1797
auf der Hofstelle Nr. 6 in Oberrähmkonstruktion
unter Satteldach ist der Backofen später
entfernt worden. Die Gefache des im Erdge-
schoss weitmaschigen Gefüges mit den ge-
schosshohen Eckständern werden teilweise
noch mit Lehmstakung geschlossen. Vermutlich
wurde bei den jüngsten Restaurierungsarbeiten
besonders im Bereich der kleinen Ladeluke das
Gefüge verändert. Das ehemalige, heute nicht
mehr zum Wohnen genutzte Wohnwirtschafts-
gebäude des Hofes von 1822 liegt weit von der
Straße zurück. Der dorthin ausgerichtete, gut
erhaltene Wirtschaftsgiebel weist neben Inschrif-
ten auf Torbalken und Giebelschwelle schöne
Ziegelsteinsetzungen in den quadratischen
Gefachen auf.
Im Gegensatz zu den meist leerstehenden
Backhäusern werden die kleinen Hofschafställe
auch „Heidschuer“ genannten Fachwerkgebäu-
de für Vieh, Streu (Heidekraut) und Futter häufig
noch als Schuppen genutzt und sind daher oft
besser erhalten. Das zeigt sich auch an dem
kleinen Dreiständerbau auf Hof Nr. 10, gelegen
im rückwärtigen, bewaldeten Grundstücksbe-
reich. Die unteren Gefache des vertikal verbrei-
terten Baukörpers von 1737 enthalten jüngere
Ziegelausfachungen. Er wurde in Oberrähmkon-
struktion mit eingehälsten Ankerbalken unter
steilem Halbwalmdach errichtet, mit außermitti-
ger, heute etwas vergrößerter Längsdurchfahrt
und Schäfertür auf der südöstlichen Giebelseite.
Gegenüber auf der Hofstelle Nr. 11, in der Stra-
ßenbiegung, steht giebelständig direkt an der
Straße der heute als Kälberstall genutzte
ehemalige Schafstall, dessen wohl ehemaliges
mittiges Einfahrtstor zugesetzt ist. Die symme-
trisch gegliederte großfachige Fassade des
Wandständerbaus wird durch das hohe Walm-
dach, die eckständigen Kopfbänder und die
horizontale Verbohlung im Sockelbereich
geprägt. Hofseitig wurde der Baukörper im
19.Jh. verlängert und zeigt hier einen Speicher-
giebel unter Halbwalmdach.
In nordwestlicher Richtung, außerhalb des Dorf-
kerns, aber noch in dessen Sichtweite, liegt der
Hof Nr. 20 direkt an der früheren Fernstraße
nach Rethem, die zunächst Heerstraße und
später Postweg genannt wurde. Die alte Post-
halterei oder meist als „Landwehr“ bezeichnete
Hofstelle war als Vorposten der Burg zu Rethem
zur dortigen Vogtei gehörig und findet schon
früh (seit 1571) häufige urkundliche Erwähnung.
In den historischen Karten von 1720, gezeichnet
von Rodemeyer, Nienburg, der Kurhannover-
schen Landesaufnahme von 1771 bis zur Zeit
der Verkopplung 1843 sind zunächst zwei bis
drei rechtwinklig um einen Hofplatz gruppierte
Gebäude verzeichnet, die später in Nord-Süd-
Richtung ergänzt wurden. Heute ist das Ensem-
ble von Gebäuden mit ihren großen Dachflächen
inmitten des alten Baumbestandes ein weithin
sichtbarer Blickpunkt in der flachen Landschaft.
Der markante, durch wandhohe K-Streben und
unterschiedlich große Gefache symmetrisch ge-
gliederte ehemalige Wirtschaftsgiebel des 1765
errichteten Vierständerbaus kragt im Oberge-
schoss frei aus. Er prägt als Endpunkt den feld-
steingepflasterten langgestreckten Hofplatz,
während der um 1900 rückseitig angebaute

massive Wohntrakt sich zur Landschaft hin
orientiert. Ältestes und gut erhaltenes Gebäude
ist der ehemalige Schafstall von 1707, ein
Wandständerbau in Oberrähmzimmerung mit
eingehälsten Ankerbalken und mittiger Längs-
durchfahrt. Die großen Gefache werden traufsei-
tig durch symmetrische Wandstreben geglie-
dert, giebelseitig durch eckständige Kopfbänder.
Das benachbarte, 1814 als sog. „Deputathaus“
für Bedienstete des Hofes errichtete Fachwerk-
gebäude ist in jüngerer Zeit überwiegend erneu-
ert worden. Von den parallel zur Zufahrt gestaf-
felten und teilweise nachträglich verlängerten
Fachwerkscheunen fällt der Südwestgiebel der
auch mit Halbwalmdach errichteten Scheune
aus der 1. Hälfte des 18.Jh. auf. Der Dreistän-
derbau, ebenfalls in Oberrähmkonstruktion und
eingehälsten Ankerbalken, diente mit seiner
außermittigen Längseinfahrt und nebenliegen-
den Türen möglicherweise als Schafstall. Kopf-
bänder unterhalb des frei auskragenden Dach-
balkens sowie die gemusterten Ziegelsteinset-
zungen in den Giebeldreiecken kennzeichnen
die Fassade. Aus neuerer Zeit stammen
Fenstereinbauten, ein Holzschuppen an der

Kübbungsseite sowie die hofseitige Querein-
fahrt.
Etwas weiter südlich der Hofanlage, jenseits der
Straße, stehen auf benachbarten Grundstücken
aufgereihte Aussiedlerhöfe, die seit der Mitte
des 19.Jh. als sog. „Deputatshöfe“ hier für die
damaligen Arbeiter des Hofes Nr. 20 errichtet
wurden. Diese kleinen Hofanlagen, Nr. 22, 23,
24 und 29, bestehen aus dem giebelständigen
Wohnwirtschaftsgebäude und einem kleinen
Vierständer-Hallenhaus unter Halbwalmdach mit
mittigem Einfahrtstor (Nr. 22 mit „1857“ datier-
tem Torbalken über ehemaligem Vorschauer
und mit intaktem Innengerüst). Die oft winkelför-
mig angeordneten Nebengebäude sind, bis auf
die ehemalige Schmiede in Nr. 24 aus der 2.
Hälfte des 19.Jh., meist jüngeren Datums.

RETHEM-WOHLENDORF

Die abgeschiedene Lage Wohlendorfs zwischen
den Flüssen Aller, Wölpe und Schipse in nur 1,5
Kilometer Entfernung nordöstlich der Stadt


Stöcken, Ortseinfahrt, Allee

Stöcken, Stöcken Nr. 10, Schafstall, 1737



Stöcken, Ortsansicht

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