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Pantel, Etta [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 25): Baudenkmale in Niedersachsen: Landkreis Soltau-Fallingbostel — Braunschweig, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.43924#0294
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ständer-Hallenhaus errichtete Hauptgebäude
mit außermittiger Längseinfahrt renoviert. Dabei
ist es vollständig zum Wohnhaus umfunktioniert
worden, indem die vorhandenen flachbogigen
Fensterachsen in den Wirtschaftstrakt erweitert
wurden und dadurch eine ruhige Fassadenge-
staltung erreicht wurde. Der weitgehend schlich-
te langgestreckte Baukörper weist vor allem im
Giebelbereich einige Zier- und Gliederungsele-
mente, u.a. Lisenen auf. Auch der rückseitig im
rechten Winkel unter Halbwalm- bzw. Sattel-
dach anschließende und inzwischen zum Woh-
nen umgebaute Schweinestall, ursprünglich mit
integrierter Kartoffelküche, weist ähnliche Ge-
staltungselemente auf.
SCHWARMSTEDT

Die Gemeinde Schwarmstedt mit ihren zwi-
schen Aller und Leine gelegenen Ortsteilen
Bothmer, Grindau und Schwarmstedt ist Teil der
gleichnamigen, einwohnerstärksten Samtge-
meinde in der Allerregion und Sitz beider Verwal-
tungen. Die fünf Mitgliedsgemeinden bilden die
Südspitze des Landkreises und grenzen an die
benachbarten Landkreise Nienburg, Hannover
und Celle.
Schwarmstedt selbst ist der zentrale Einkaufs-
ort, das Dienstleistungszentrum und der Ver-
kehrsmittelpunkt, zu dem er sich seit dem Ende
des 19.Jh. entwickelt hat. Nachdem schon
1875 die Poststation aufgrund neuer Stra-
ßenverhältnisse von Essel nach Schwarmstedt
verlegt worden war, hat der 1890 vollendete
Bau der Eisenbahnlinie Hannover-Schwarm-
stedt-Visselhövede mit Haltepunkt in Schwarm-
stedt und der 1905 erfolgte Abzweig nach
Verden entscheidend dazu beigetragen. Insbe-
sondere der Güterverkehr aus den Öl und Kali-
salz fördernden Nachbargemeinden war für den
wirtschaftlichen Aufschwung verantwortlich, der
jedoch 1965 wegen mangelnder Auslastung
eingestellt wurde. Der Anschluss an die nahe
Bundesautobahn A 7 und der Ausbau eines
klassifizierten Straßennetzes um 1950 u.a. mit
der Kreuzung von B 214 und L 193 war weiter-
hin für den Zuzug von Arbeitskräften nach

Schwarmstedt und entsprechender Siedlungs-
entwicklung verantwortlich. Seit 1858, als
Schwarmstedt noch 50 pflichtige Hausstellen
und fünf „adlig freie landtagsfähige“ Höfe besaß,
ist die Anzahl an Wohnhäusern bereits zehn
Jahre nach dem Bahnanschluss auf 204 mit
1.100 Einwohnern angestiegen, die bis heute
auf etwa 5.000 Einwohner angewachsen sind.
Schwarmstedt ist wie in der Region üblich auf
den hochwassersicheren Talsanddünen der
Leine gegründet worden. Archäologische Funde
in der Umgebung, die von der frühen Bronzezeit
bis zur Völkerwanderung reichen, lassen auf
eine durchgehende Besiedlung des Bereiches
schließen. Das alte, erstmals 1165 urkundlich
erwähnte „Swarmenstide“ geht wohl auf eine
„Schwertstätte“ eines früh erloschenen gleich-
namigen Rittergeschlechts zurück, von deren
Burg aus, gelegen am Zusammentreffen zweier
bedeutender Handels-/Heerstraßen, möglicher-
weise die Siedlungsentwicklung des Ortes ihren
Weg nahm.
Obwohl ehemals an den östlichen „hohen
Ufern“ der Leine gelegen, ist der Siedlungskern
heute aufgrund jahrhundertlanger Flussbettver-
änderungen ca. 500 Meter von der mäandrie-
renden, nach Norden fließenden Leine entfernt.
Zuletzt schnitt 1845 ein bei Hochwasser ausge-
führter künstlicher Durchstoß die Schleife vor
den „Beu“ genannten Wiesen südlich des heuti-
gen Hafens ab. Noch heute kann man von den
Böschungen des erhöhten Schul-Hallenbad-Ge-
ländes auf die ausgedehnten, von kleinen Baum-
gruppen und Knicks unterbrochenen Leine-
marschwiesen mit den zahlreichen toten Fluss-
armen blicken. Die natürliche Grenze der Be-
bauung auf der Ostseite des Ortes folgt bis in
die jüngste Zeit deutlich den stark ansteigenden
Höhenlinien, die durch den Verlauf eines Ent-
wässerungsgrabens begleitet werden.
Die Keimzelle der Siedlung war die Kirche, die
laut undatierter Urkunde bereits um die Mitte
des 12.Jh. dem Bischof von Minden geschenkt
wurde. Sie gehörte als Pfarrkirche dem Archidia-
konat Ahlden in der Diözese Minden an und war
Mittelpunkt des Kirchspiels, das dann seit dem
17./18.Jh. die Amtsvogtei Essel bildete.

Schwarmstedt, Kirchstr., Kirchhof


Ev. Kirche St. Laurentius
Noch immer beherrscht der hohe Turm der
Kirche die Silhouette des Ortes. Sie liegt im
Zentrum des alten Dorfkerns inmitten eines von
alten Bäumen bestandenen Kirchhofs auf einem
von einer Mauer umgrenzten Hügel. Gepflaster-
te Wege überqueren von den Ecken aus die
heutige Grünfläche. Stellvertretend für die frühe-
ren Grabstellen sind auf der Südseite der Kirche
ein obeliskartiger Grabstein von 1810, ein Krie-
gerdenkmal sowie die frühere, aus dem 16.Jh.
stammende Glocke aufgestellt worden.
Der derzeit hell verputzte Kirchenbaukörper an
der Kirchstraße setzt sich aus der um 1500 in
Backstein errichteten spätgotische Hallenkirche
mit einem eingezogenen 5/8-Chor und dem fast
quadratischen Westturm zusammen. Dessen
1 1/2 Meter dicke, derzeit mit quaderimitieren-
dem Putz überzogene Mauern aus Raseneisen-
stein und Findlingen sind im unteren Bereich
wohl noch romanisch und gehören dem Vorgän-
gerbau an, während der obere Teil mit den
spitzbogigen Schallöffnungen im spätgotischen
Stil ergänzt wurde. Seine quadratische, hohe
kupfergedeckte Turmspitze ersetzt einen früher
achteckigen beschieferten Helm. Umlaufende
abgeschrägte Strebepfeiler sowie die seit der
Erneuerung der Kirche in den Jahren 1836/37
langgezogenen spitzbogigen Fensteröffnungen,
in die innen Segmentbogenfenster eingezogen
sind, kennzeichnen Langhaus und Chor. Der
helle Raum ist dreischiffig und besteht aus vier
Gewölbejochen. Sein gegenüber den Seiten-
schiffen doppelt so breites Mittelschiff wird zum
verbreitertem Chor hin durch einen stark ein-
schnürenden Gurtbogen getrennt. Gedrungene
quadratische Pfeiler ohne Kämpfer nehmen die
tief herabgezogenen Kreuzrippengewölbe auf,
die, auch im Chor, an den Außenwänden von
einfachen Konsolen unterfangen werden. Die
Sakristei mit Kreuzrippengewölbe ist in der
1. Hälfte des 16.Jh. in der Nord-Ost-Ecke des
Chores angebaut worden. Bei einer Restaurie-
rung ist 1958/59 eine Verkleinerung der nach-
träglich eingestellten, ehemals umlaufenden
neugotische Empore erfolgt. Die gleichartige
Orgelempore zu beiden Seiten der reich ausge-

Schwarmstedt, Kirchstr., Ev. Kirche St. Laurentius


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