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gebäude des Gutshofes, das auch als Speicher
bekannt ist. Mit der Belehnung der damaligen
Burg war im 15.Jh. zunächst das Patrimonialge-
richt (mit Ober-, Nieder- und Holzgericht) über
den Gutsbezirk und die Dorfschaft Stellichte
verbunden, wurde aber im 17.Jh. auch inner-
halb des zum alten Amt Rethem gehörenden
Gerichtes Cordingen stark eingeschränkt und
auf die Vollstreckung der „Kriminalgerichtsbar-
keit“ reduziert. In dieser Zeit und wohl bis 1852
(Trennung von Justiz und Verwaltung) diente der
vermutlich in der 2. Hälfte des 17.Jh. errichtete
Fachwerkbau als Gerichtsgebäude und Gefäng-
nis. Trotz Umnutzung sind am rückseitigen
Fenster noch Eisenstangen erhalten. Auf dem
Hof fällt der Fachwerkbau unter Satteldach,
dessen Ober- und Dachgeschoss auf karnies-
profilierten Balkenköpfen ruhen, vor allem durch
seine Zweigeschossigkeit auf. Unterschiedlich
gemauerte Ziegelausfachungen zieren den Bau-
körper, dessen symmetrische Gliederung der
Giebelseite durch K-Verstrebungen erreicht wird.
Ladeluken weisen hier auf eine Nutzung als
Speicher hin. Bei der Umwandlung zum Wohn-
haus sind neuere Fenstereinbauten entstanden.

Zu dem Herrensitz gehörte die sog. Gutskirche,
die jenseits der Durchgangsstraße, der K 124,
und der Lehrde liegt. Bis zum Ausbau der Stra-
ße hat eine Allee von beiden Seiten bis hierher
geführt, doch mit dem kleinen Mühlenteich und
Mühlenwehr stellt sie immer noch ein bemer-
kenswertes Ensemble am nördlichen Dorfein-
gang dar, das sich zeigt, wenn man aus dem
höher gelegenen Waldgebiet von Norden in die
offene Senke hineinkommt.

Ev. Kirche, ehern. Gutskapelle
Der äußerlich eher schlichte Kirchenbaukörper
dieser früheren Patronatskirche ist in den Jahren
1608 bis 1614 im Auftrag der Familie von Behr,
kurz nach Übernahme der Burg, an Stelle einer
wohl erstmals 1479 erbauten Kapelle, die im
16.Jh. möglicherweise erneuert worden ist, ent-
standen. Damals wurde für den Bau die Einwilli-
gung des Verdener Bischofs benötigt, da das
geeignete, warftartige Grundstück auf der ande-
ren Seite der Lehrde, also hinter der Grenze lag.
Der heutige Baukörper ist unter Einbeziehung

größerer Mauerteile des Vorgängerbaus errichtet
worden, nur der Turm mit der Jahreszahl 1608
ist gänzlich neu aufgeführt worden.
Der kleine Baukörper ist ein seltenes Beispiel
einer in Architektur und Ausstattung qualitätvol-
len Gutskapelle, die mit ihrer aus dem frühen
17.Jh. stammenden Erscheinung in Verbindung
mit einer einheitlichen Renaissance-Ausstattung
auch über die regionalen Grenzen hinweg
bekannt geworden ist.
Der nachgotische, durch gestufte Strebepfeiler
gegliederte Backsteinsaal mit dem polygonalen
Chorschluss wird von einem gedrungenen
Westturm auf quadratischem Grundriss abge-
schlossen. Dessen oberer Abschluss wird ober-
halb des Glockenstuhls (mit Glocke von 1621)
von einem kleineren Geviert mit mehrfach
geschwungener Turmspitze gebildet. Erst 1710
sind die beiden niedrigen Gruftanbauten zu
beiden Seiten des Turmes angefügt worden.
Das südseitige, in Sandstein aufgeführte Portal
ist reich verziert mit freistehenden ionisierenden
Säulen zu beiden Seiten und Figurennischen mit


Stellichte, ehern. Gutskapelle, 1608-1614

Stellichte, ehern. Gutskapelle, Turmtür



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Stellichte, ehern. Gutskapelle, Innenraum nach Osten

Stellichte, ehern. Gutskapelle, Altar und Taufe

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