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Kämmerer, Christian [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 32): Stadt Osnabrück — Braunschweig, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.44440#0102
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Hannoverscher Bahnhof, Ausschnitt aus Plan der Stadt Osnabrück, bearb. v. H. Merkel, um 1865


nigreich Hannover entstehende Eisenbahn-
netz im Gespräch, nahm jedoch erst nach der
Jahrhundertmitte mit dem Beschluß der Re-
gierung, die Hannoversche Westbahn von
Löhne über Osnabrück nach Emden anzule-
gen, feste Formen an. Umstritten war zu-
nächst die Trassenführung der neuen Bahn.
Während die Regierung eine südlich an der
Stadt vorbeiführende Trasse durch Wüste
und Rubbenbruch befürwortete, war der Stadt
aus Kostengründen an einer nördlichen, dem

Haselauf folgenden Streckenführung gele-
gen, die die Bahn in die Nähe zum Piesberg
und damit zu den städtischen Kohlenberg-
werken brachte. So wurde schließlich die
nördliche Trasse festgelegt, welche die Alt-
stadt an ihrem Nordende am Hasetor berührt
und die den Anfang setzte für die städtebau-
lich unglückliche Einschnürung der Stadt, die
sich wenig später mit dem Bau der Süd-Nord-
Linie, der Venlo-Hamburger Eisenbahn, erge-
ben sollte.

Wittekindplatz 4 A B, ehemaliger Hannoverscher Bahnhof, eröffnet 1855


Das vom Bahnhofsviertel in Anspruch genom-
mene Gelände vor dem Herrenteichstor be-
stand zum großen Teil aus den Wiesen der
Niederungszone, die das östliche Haseufer
begleitet und die sich zwischen Gertruden-
berg im Norden und Klushügel im Südosten
erstreckt. Bis zur Mitte des 19. Jh. war das Ge-
biet unbesiedelt. Lediglich eine größere vor-
städtische Gartenregion befand sich östlich
des Herrenteichstors, durchquert von der
Straße nach Bohmte-Bremen bzw. Minden,
die am Herrenteichstor ihren Ausgang nahm.
1853 wurde mit dem Bau der Bahnlinie begon-
nen, deren Streckenführung dicht vor dem Ha-
setor die Beseitigung der dortigen Befesti-
gungswerke und eine teilweise Abtragung des
Herrenteichswalls notwendig machte. 1855
stellte Stadtbaumeister Richard in Absprache
mit der Eisenbahnverwaltung den ersten Be-
bauungsplan für das Gebiet zwischen Bahn
und Stadt auf. Der stark gewundene Lauf der
Hase zwischen Herrenteichstor und Neuer
Mühle wurde begradigt und ein Straßennetz
von zunächst noch geringem Umfang vor dem
Herrenteichstor angelegt, das eine möglichst
günstige Verkehrsanbindung des Bahnhofs
an die Stadt im Auge hatte. Der Bahnhof er-
hielt seinen Standort etwa 300 m östlich des
Herrenteichstors unmittelbar nördlich der
Kreuzung der Bahnlinie mit der alten Fernstra-
ße, die als Schillerstraße in den Bebauungs-
plan übernommen wurde. Hauptachse des
neuen Stadtviertels war die Bahnhofsstraße
(heute: Wittekindstraße), die Bahnhofsvor-
platz und den Neumarkt, der an der Grenze
zwischen Alt- und Neustadt angelegt wurde,
verbindet. Eine weitere, bereits damals pro-
jektierte Achse zur Johannisfreiheit, die die
Anbindung an die Neustadt hergestellt hätte,
kam verändert erst im 20. Jh. zur Ausführung.
Die Hauptquererschließung des Viertels be-
sorgte die vom Herrenteichstor ausgehende
Möserstraße, die die stadtwärts führenden
Verbindungen berührt bzw. schneidet. Auf der
stadtabgewandten Seite des Bahnhofs erhiel-
ten die Nebeneinrichtungen der Bahn mit Lok-
schuppen und Werkstätten ihren Platz und
bildeten dort den Ausgangspunkt für die Ent-
wicklung des ältesten Industriegebiets von
Osnabrück.


Ehemaliger Hannoverscher Bahnhof
Der Bahnhof der Hannoverschen Westbahn
wurde 1855 eröffnet. Das parallel zur Bahn
angeordnete Empfangsgebäude ist eine breit-
gelagerte, mehrteilige und ursprünglich
symmetrische Anlage, deren Zentrum das
zweigeschossige Hauptgebäude bildet, ein
Baukörper von neun Achsen mit erhöhtem
Mittelrisalit, dessen Dreiecksgiebel von einem
Akroterion bekrönt wird (Wittekindplatz 4 AB).
Bis zur teilweisen Kriegszerstörung des Ge-
bäudes schlossen sich zu beiden Seiten ein-
geschossige Flügel von jeweils fünf Achsen
mit Eckpavillons an, deren Giebel das Motiv
des Mittelrisalits Wiederaufnahmen. Das
durch die hannoversche Eisenbahnverwal-
tung errichtete Gebäude - Planverfasser
dürfte der damals als Baurat der Hannover-
schen Eisenbahndirektion angehörende
Adolph Funk gewesen sein - gehört zu den
frühesten repräsentativen Großbauten des Hi-

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