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Kämmerer, Christian [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 32): Stadt Osnabrück — Braunschweig, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.44440#0073
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ter der Kirche fortlebt. An der zurückspringen-
den Nordostecke des Platzes befindet sich
das Gebäude der ehemaligen evangelischen
Schule zu St. Marien, ein sehr schlichter und
stärker erneuerter zweigeschossiger Putzbau
mit Sandsteineinfassungen, erbaut 1845 (An
der Marienkirche 6-9).
SÜDLICHE HASESTRASSE ZWISCHEN
DOMHOF UND LOHSTRASSE
Die Straße führte innerhalb der mittelalterli-
chen Domburg hart westlich an der ehemali-
gen Befestigungslinie des Bischofshofes ent-
lang zum Nordtor der Domburg und weiter
zum Haseübergang. Neben Markt, Turm- und
Jakobstraße gehört der Straßenabschnitt zum
ältesten bürgerlichen Siedlungsbereich der
Stadt. Während die zur Domsfreiheit gelege-
nen Grundstücke auf der östlichen Straßen-
seite wegen ihrer Lage am Rand des Bischofs-
hofes sehr eng sind (vgl. S. 64), besitzt die
westliche Straßenseite erheblich geräumigere
Parzellen. Wie am Markt befanden sich hier
zum Teil größere Kaufmannshäuser.
Die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges
ließen in der Straße nur wenige Gebäude be-
stehen. Stellvertretend für die einst lebendige
Vielfalt der Bebauung muß heute die Gruppe
dreier Bürgerhäuser stehen, die zwischen
Markt und Jakobstraße erhalten blieb (Hase-
straße 35-37). Leider ist die Zeile durch den
Einbau einer Fußgängerpassage 1968 erheb-
lich in ihrer Erscheinung gestört. Der sehr
schlichte Staffelgiebel des Hauses Hasestra-
ße 37 zeigt seine Zugehörigkeit zu den Kauf-
mannshäusern des Marktbereichs. Einen der
wenigen noch erhaltenen Giebel der Barock-
zeit aus der Mitte des 18. Jh., allerdings durch
die Einbauten im Erdgeschoß verunstaltet,
besitzt Nr. 35, das rückwärtig noch Steinwerk-
reste aufweist. Die Mittelachse der verputzten,
durch ein Krüppelwalmdach abgeschlosse-
nen Fassade wird durch ein schönes Sand-
steinportal betont, welches das darüberlie-
gende Fenster kompositionell mit einbezieht.
Die einst das Gesicht des Kaufmannshauses
prägenden großflächigen seitlichen Fenster
des Erdgeschosses sind dem Umbau nach
dem Kriege zum Opfer gefallen. Weiter nörd-
lich an der Ecke der Turmstraße findet sich
noch das vereinzelt stehende Eckhaus Hase-
straße 26, ein Giebelhaus, das um 1800 seine
heutige Gestalt erhielt. Der als verputzter
Massivbau mit Gliederungen und Einfassun-
gen in Sandstein errichtete Bau verrät durch
seine große Dieleneinfahrt und den steilen
Giebel noch seine Entstehung aus dem durch-
greifenden Umbau eines älteren Hauses. Der
einst an mittelalterlichen Steinwerken beson-
ders reichen Hasestraße verblieb in dem
Rückgebäude des Hauses eines der wenigen
spätgotischen Steinwerke. Der unterkellerte
Bruchsteinbau wird von einem hohen Gewöl-
be abgeschlossen und folgt damit der übli-
chen Form und Anordnung des mittelalterli-
chen Steinwerks in Osnabrück.
Auf der östlichen Straßenseite ist der schmale
Parzellenstreifen zwischen Hasestraße und
Großer Domsfreiheit an seinem Beginn durch
den repräsentativen Kanzleibau besetzt, der
seine Hauptfassade der Hasestraße zuwen-
det (Hasestraße 40A, s. S. 65f.). Dem Neubau

der Kanzlei zu Ende des 18. Jh. hatten u.a.
auch ältere Vikarkurien weichen müssen, de-
ren Besitzer Ersatz in den Bürgerhäusern Ha-
sestraße 41 und 45 erhielten, wie Inschriften-
tafeln an beiden Häusern noch mitteilen. Das
Eckhaus Hasestraße 41, auf äußerst beeng-
tem Grundstück erbaut, das dem Haus eine
Ausdehnung in die Tiefe verwehrte, wendet
seinen zweifach vorkragenden Fachwerk-
giebel gegen Kanzlei und Domhof, seine
Traufe dagegen der Hasestraße zu. Über dem
verputzten und überwiegend massiven zwei-
bis dreigeschossigen Hauskörper kragen
Dach und Giebel an West- und Südseite mit
reich profilierten Taustabknaggen der Zeit um
1600 vor. Das weiter nördlich gelegene Haus
Hasestraße 45, das gegen Ende des 18. Jh.
Vikarkurie wurde, zeigt die übliche Anlage des
älteren Osnabrücker Bürgerhauses mit Fach-
werkgiebel und seitlichen, am Giebel vorkra-
genden Brandmauern. Die Giebelseite, heute
im Dielengeschoß verändert und verputzt, bie-
tet im übrigen das einzige erhaltene Beispiel
einer flachen Giebelvorkragung über Stichbal-
ken, einer Abzimmerungsart, die zu Anfang
des 17. Jh. für kurze Zeit in der Stadt ge-
bräuchlich wurde. An der Vorkragung zeigen

Hasestraße nach Norden, links Nr. 37-35


Hasestraße 45, Anf. 17. Jh.


die mit senkrechten Nuten versehenen Bal-
kenköpfe und Füllbretter mit Zahnschnittlei-
sten typische Zierformen der Zeit.
In den im Kriege nahezu vollständig zerstörten
Straßenzügen innerhalb des nördlichen Berei-
ches der Domburg blieben bauliche Anlagen
von Interesse sonst kaum erhalten. Ein in ele-
ganter Form konkav eingeschwungener Gar-
tenzaun mit einem von Sandsteinpfeilern ein-
gefaßten Portal in der Mittelachse, eine Arbeit
des Klassizismus, findet sich noch als Begren-
zung des Grundstücks Turmstraße 22.
NÖRDLICHE ALTSTADT

Wie vor den anderen Toren der mittelalterli-
chen Domburg war bereits im 12. Jh. auch vor
dem Nordtor eine Vorstadt herangewachsen.
Die sich hier als einer der Stadtteile der Alt-
stadt herausbildende Haseleischaft umfaßte
neben dem nördlichen Teil der Hasestraße die
Mühlenstraße, Vitihof, Teile der Lohstraße,
Neue Straße und Klingensberg. Sie wurde mit
den übrigen Teilen der Altstadt Ende des 12./
Anfang des 13. Jh. durch einen gemeinsamen
Befestigungsring umschlossen und besaß ihr

Hasestraße 26, Steinwerk


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