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Kämmerer, Christian [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 32): Stadt Osnabrück — Braunschweig, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.44440#0072
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seinen hauptsächlichen Schmuck ehemals in
einer Anzahl von Bildwerken, die, auf Konso-
len stehend und durch Baldachine bekrönt, an
Ost- und Südseite des Hauses zwischen den
Fenstern des Hauptgeschosses angebracht
waren. Die heute an der Platzfassade befindli-
chen Figuren deutscher Kaiser sind neugoti-
sche Arbeiten aus dem Ende der achtziger
Jahre des 19. Jh. Zu den Kaiserfiguren tritt
über dem Portal das Sandsteinbildnis Karls
des Großen, das 1880 von dem Bildhauer
Heinrich Seling geschaffen wurde. Das Rat-
haus, das 1643-48 Schauplatz der Verhand-
lungen zum Abschluß des Westfälischen
Friedens zwischen den Unterhändlern des
Kaisers und den evangelischen Reichsstän-
den mit Schweden war, wurde im Zweiten
Weltkrieg bis auf die Umfassungsmauern zer-
stört. Bei seinem Wiederaufbau 1947/48 wur-
de der Friedenssaal in seinem Inneren im
Rahmen des Möglichen mit seiner im Kriege
ausgelagerten Ausstattung wieder eingerich-
tet.
Unmittelbar nördlich neben dem Rathaus
erbaute die Stadt an Bierstraße und nordwest-

Stadtwaage, 1532


Markt 26/27, 25


licher Ecke des Marktes 1898 durch das
Stadtbauamt ein Geschäftsgebäude für ver-
schiedene Dienststellen, das vom Rathaus
durch eine schmale Gasse getrennt und zu-
gleich durch einen Fachwerkgang in den
Obergeschossen mit ihm verbunden ist (Bier-
straße 28). Der dreigeschossige Bau sucht in
der Durchbildung seiner Sandsteinquaderfas-
sade den Anschluß an die spätgotische Archi-
tektur des benachbarten Rathauses, dem er
sich mit seiner zurückhaltenden Gestaltung
respektvoll unterordnet.
Städtebauliche Überleitung zwischen Rat-
haus und Marienkirche ist der hohe gestufte
Giebel der 1532 erbauten Stadtwaage im
Nordwesten des Marktes (Markt 28). Der noch
spätgotisch geprägte Bruchsteinbau mit
Sandsteineinfassungen schließt sich mit sei-
nem nur durch schmale horizontale Gesimse
untergliederten Staffelgiebel an die Form des
steinernen Osnabrücker Kaufmannshauses
der Zeit an, das für den Marktbereich charak-
teristisch ist. Im Kriege vollständig ausge-
brannt, wurde das Haus 1953 äußerlich wie-
der hergestellt.

Markt 15-13


Hasestraße 41, um 1600


Bürgerhäuser des Marktes
Das Gesicht des Marktes prägt die Zeile rela-
tiv schmaler und hoher, noch spätgotischer
Kaufmannshäuser mit Staffelgiebeln auf der
Südseite des Platzes, die unter dem Einfluß
der weitgespannten Handelsbeziehungen der
Osnabrücker Kaufleute als steinerne Bauten
errichtet wurden und sich damit vom Osna-
brücker Bürgerhaus der Zeit abheben (Markt 7
bis 12). Die als verputzte Bruchsteinbauten
mit Sandsteineinfassungen errichteten Häu-
ser aus dem 16. Jh., deren Giebel nur durch
schmale Gesimse gegliedert und sonst von
größter Schlichtheit sind, können sich in ihrem
künstlerischen Aufwand mit den steinernen
Giebelhäusern des benachbarten Münster
oder der nordniederdeutschen Hansestädte
nicht messen. Im übrigen weist die Häuserzei-
le nach den Zerstörungen des Krieges nur
noch zum Teil originale Bausubstanz auf. Der
Wiederaufbau, überwiegend in den fünfziger
Jahren durchgeführt, ergänzte die Erschei-
nung des Platzes durch Rekonstruktion meh-
rerer, bereits im 19. Jh. durch Neubauten er-
setzter Häuser. Vollständig neu in der Gestalt
spätgotischer Bürgerhäuser mit Staffelgiebel
erbaut wurden Nr. 8 (1957), 11 (1949), 12
(1949). Bei den in den Außenmauern erhalten
gebliebenen Häusern des 16. Jh. verfuhr der
Wiederaufbau zudem nicht immer detailge-
treu und im Sinne des Vorkriegszustandes.
Eine der wenigen erhaltenen Bürgerhausfas-
saden der Rokokozeit in Osnabrück ist Markt
13, ein zweigeschossiges massives und ver-
putztes Giebelhaus, dessen große Korbboge-
neinfahrt noch auf die Einteilung des älteren
Osnabrücker Hauses weist. Das 1772 erbaute
und nach Kriegsschäden 1948 wiedererrich-
tete Haus zeichnet sich durch einen reich in
Sandstein gearbeiteten, über zwei Stockwer-
ke hochgeführten Zweifenstererker aus, der
von einem gebrochenen und geschweiften
Giebel bekrönt wird. In der Zeit um 1800 ent-
stand die Fassade Markt 6, ein dreigeschossi-
ges Fünfachsenhaus, das durch einen stren-
gen Dreiecksgiebel abgeschlossen wird. Die
klassizistische Fassade wurde nach 1945 für
den Bau der Stadtbibliothek wieder hergerich-
tet. In seiner Aufrißdisposition gleichartig, je-
doch künstlerisch feiner ist Markt 25 auf der
nordöstlichen Platzseite mit einer Fassade
des Frühklassizismus aus dem Ende des 18.
Jh., die ihre Wirkung aus guter Proportionie-
rung und einem ebenso sparsamen wie poin-
tiert eingesetzten Ornament bezieht. Die 1976
von der Krahnstraße 48 auf den Markt versetz-
te Fassade trat an die Stelle eines vor dem
Kriege hier befindlichen zweigeschossigen
Hauses. Westlich anschließend als Eckhaus
gegenüber dem Chor der Marienkirche befin-
det sich das Geburtshaus Justus Mösers, ur-
sprünglich ein spätgotisches Haus mit stei-
lem, ungegliederten Giebel, das 1958 in ver-
änderter Gestalt wiederaufgebaut wurde
(Markt 26/27). Vollständige Neubauten, die
nach dem Vorbild bürgerlicher Giebelhäuser
der ersten Hälfte des 19. Jh. geschaffen wur-
den, sind Markt 14 (1948) und 15 (1961) am
Ostende des Marktplatzes.
Nördlich der Marienkirche befand sich ehe-
mals der Friedhof des Kirchspiels, der noch in
den Grünanlagen des kleinen Platzraums hin-

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