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Kämmerer, Christian [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 32): Stadt Osnabrück — Braunschweig, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.44440#0141
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EHEMALIGE FELDMARK -
SÜDLICHE STADTGEBIETE

Der Ausschnitt des Stadtgebiets im Süden
zwischen Wüste im Westen und Haselauf im
Osten scheidet sich landschaftlich in zwei et-
wa gleichgroße Bereiche von gegensätzli-
chem Charakter. Der Südwesten wird haupt-
sächlich geprägt von Muschelkalkhöhen, die
sich in einigem Abstand vor der Stadt erheben
und am südwestlichen Rand der Gemarkung
von den Niederungszonen des Hörner Bruchs
und der Lager Heide abgelöst werden. Die Hü-
gel steigen nach Süden zum Armenholz an
der Nahner Grenze an und setzen sich nach
Südosten mit dem Schölerberg (126 m) fort,
der ursprünglich nicht mehr zur Osnabrücker
Gemarkung, sondern zur Bauerschaft Nahne
gehörte. Dem Hügelgebiet gegenüber im
Osten breitet sich die niedriggelegene Ebene
des Fledder bis an die Hase aus, deren ehe-
mals gewundener Lauf heute, nach der Ent-
stehung der ausgedehnten Bahn- und Indu-
strieanlagen in diesem Bereich, verändert und
geteilt ist.
Die südliche Feldmarkgrenze fällt nur zu ei-
nem Teil mit der Linie der mittelalterlichen
Landwehr zusammen, die im Südwesten an
der Grenze gegen Sutthausen noch über län-
gere Strecken im Waldgebiet des Hörner
Bruchs zu verfolgen ist (vgl. S. 98). Östlich der
Sutthauser Straße setzte sich ehemals die
Landwehr über die Grundstücke der Bauer-
schaften Nahne und Hettlingen bis zum Hase-
ufer im Norden fort, während die Grenzen der
Stadtgemarkung erheblich näher zur Stadt am
Nordrand von Armenholz und Schölerberg la-
gen.
Drei alte Fernstraßen durchqueren das südli-
che Stadtgebiet, um sich ca. 150 m vor dem
ehemaligen Johannistor zu vereinigen. Zum
ältesten Wegesystem Osnabrücks gehört die
von Iburg, Münster und Warendorf heranfüh-
rende Straße, Teil der ältesten Süd-Nord-
Verbindung, die für die Stadtentwicklung be-
sonders bedeutsam war (Iburger Straße). Sie
verläuft, nachdem sie im Tal zwischen Schö-
lerberg und Armenholz in das Stadtgebiet ein-
getreten ist, etwa auf der Trennungslinie zwi-
schen Hügelgebiet und Fledderniederung.
Zum System der mittelalterlichen Handelswe-
ge gehört auch die über den Fledder führende
Straße aus Richtung Herford-Paderborn
(Meller Straße). Geringere Bedeutung besaß
der alte, aus Richtung Hagen heranführende
Weg, der die Landwehr am Wulfter Turm
kreuzte (vgl. S. 98) und über die Hügel im Süd-
westen zum Johannistor führte (Sutthauser
Straße). Darüber hinaus war die vorstädtische
Region von einer Anzahl von Feldwegen er-
schlossen, die z.T. im modernen Stadtgrund-
riß erhalten blieben.
Vor dem Johannistor erstreckte sich bis zur
Aufsiedlung der Feldmark im 19. Jh. ein gro-
ßes altes Gartengebiet jenseits des Stadtgra-
bens entlang der Sutthauser, Iburger und Mel-
ler Straße. Seine Südgrenze befand sich etwa
auf der Höhe der Wörthstraße, vereinzelte
Gärten zogen sich aber auch weiter hinaus
nach Süden. Die Bürgergärten sind unter der
jüngeren Stadtentwicklung zugrunde gegan-
gen, erhalten blieb als ihr letztes Zeugnis das

ehemalige Gartenhaus der Familie von Ham-
merstein an der Iburger Straße, das, von der
Straße zurückliegend, sich heute von jüngerer
Bebauung verdeckt im Inneren eines großen
Baublocks befindet (Iburger Straße 53A). Es
wird gegen 1780 erbaut worden sein und ist
damit unter den wenigen erhaltenen Garten-
häusern Osnabrücks das älteste. Der kleine
querovale Bau wendet der Straße eine drei-
achsige Fassade zu, die seitlich von frei vor
die Wand gestellten ionischen Säulen gefaßt
und durch ein fein gearbeitetes Gebälk abge-
schlossen wird, das über den Säulen verkröpft
ist. Eine kleine Freitreppe führt zum Eingang
in der Mittelachse. Rückwärtig besitzt das
Gartenhaus, das ursprünglich nur einen
Raum enthielt, Anbauten, mit denen es um die
Mitte des 19. Jh. zu einem Wohnhaus umge-
baut wurde.

Johannisfriedhof
Als 1808 die alten städtischen Kirchhöfe ge-
schlossen werden mußten, entstand südlich
der Bürgergärten vor dem Johannistor der
Johannisfriedhof. Aus dem ersten, an Iburger
Straße und Hauswörmannsweg gelegenen

Nonnenpfad 10,1921, Architekt W. Breukel


Johannisfriedhof, Eingang zur Abteilung I
(um 1808) mit Blick auf die Friedhofskapelle


Friedhof entwickelte sich nach mehreren Er-
weiterungen im 19. und 20. Jh. die heutige
umfangreiche Anlage, die eine Fläche von
6,5 ha westlich der Iburger Straße in Anspruch
nimmt und, den Phasen ihrer Erweiterungen
entsprechend, in fünf Abteilungen gegliedert
ist. Der älteste Teil formt ein unregelmäßiges,
von Bruchsteinmauern eingefriedetes Vier-
eck, das sich mit seiner Ostecke zur Iburger
Straße mit einem Tor öffnet, das von kräftigen,
reliefverzierten Sandsteinpfeilern flankiert
wird. Entlang der Mauern dieses ersten Fried-
hofsabschnitts, der bis um die Mitte des 19.
Jh. ausreichte, befinden sich die Grabstätten
der wohlhabenderen Familien der Zeit mit ei-
ner größeren Anzahl qualitätvoller Grabdenk-
mäler des Klassizismus. Wie beim gleichzeitig
entstandenen Hasefriedhof (vgl. S. 107) ge-
hört auch hier zur alten Anlage ein hohes
Steinkreuz (Mitte 19. Jh.), das im Zentrum des
Gevierts aufgestellt wurde, während ein Bein-
haus an der Südwestecke seinen Platz fand.
Die Friedhofskapelle, die in der Achse des
Haupteingangs an der Iburger Straße ange-
ordnet ist, wurde erst 1874 durch den städti-
schen Bauführer Wilhelm Propfe errichtet. Sie
ist ein kleiner neugotischer Bau, der in Bruch-

Lange Wand 36-30, 1922/23,
Architekt H. Salzmann


Iburger Straße 53A, Gartenhaus, Ende 18. Jh.


Johannisfriedhof, Abteilung I, Erbbegräbnisse an
der südlichen Friedhofsmauer


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