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Kämmerer, Christian [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 32): Stadt Osnabrück — Braunschweig, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.44440#0142
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stein mit einzelnen Architekturteilen und Ein-
fassungen in Sandstein ausgeführt wurde.
Den schlichten Innenraum, der dreischiffig an-
gelegt ist und durch spitzbogige, auf Sand-
steinsäulen ruhende Arkaden unterteilt wird,
schließt im Westen ein polygonaler Altarraum
ab.
An den ältesten Teil des Johannisfriedhofs
schließen sich westlich an der Magdalenen-
straße zwei Erweiterungen der zweiten Jahr-
hunderthälfte an, die jeweils durch ein regel-
mäßiges Wegekreuz erschlossen und durch
Bruchsteinmauern gegeneinander abge-
grenzt sind (Abteilung II und III, früheste Grab-
stellen 1859 bzw. 1877). Um 1890 folgte, von
den älteren Friedhofsabteilungen durch die
Magdalenenstraße getrennt, die Vergröße-
rung des Geländes nach Süden. Sie schließt
den kleinen Friedhof der jüdischen Gemeinde
ein, deren alter Begräbnisplatz 1876 ge-
schlossen wurde. Anfang des 20. Jh. vergrö-
ßerte man auch diesen Friedhofsbereich noch
einmal nach Süden (Abteilung V, belegt seit
1912). Sämtliche Abteilungen sind einheitlich
durch Bruchsteinmauern eingefriedet, deren
langgezogene Fluchten gemeinsam mit park-
artigem alten Baumbestand das Bild der

Friedhöfe an Hauswörmannsweg und Magda-
lenenstraße prägen. Heute wird der Johannis-
friedhof nicht mehr belegt und allmählich zu ei-
ner Grünanlage umgestaltet.
VORSTADT VOR DEM JOHANNISTOR
Die bauliche Entwicklung der Feldmark vor
dem Johannistor begann nach der Mitte des
19. Jh. Bereits in den sechziger Jahren hatte
sich vor dem Tor eine vorstädtische Ansied-
lung gebildet. Wie vor den anderen Toren der
Stadt konzentrierte sie sich zunächst auf das
Gebiet und die Parzellen der alten Bürgergär-
ten und breitete sich in der Folge rasch ent-
lang der Fernstraßen und alten Wege, haupt-
sächlich an Meller, Iburger und Sutthauser
Straße aus. Nachteilig auf die Entwicklung
wirkte sich die Anlage der Venlo-Hamburger
Eisenbahn aus, deren Abschnitt Münster-
Osnabrück 1871 eröffnet wurde. Die Bahn
durchquerte südlich der Neustadt das vor-
städtische Gartengebiet und schnitt die drei
Fernstraßen dicht vor der Stadt, womit ver-
kehrsmäßig und städtebaulich eine Abschnü-
rung bewirkt wurde. Bis zur Jahrhundertwen-
de bildete sich vor dem Tor um Spindelstraße

Lutherkirche, 1907-09, Architekt K. Börgemann


und Rosenplatz eine relativ dichtbebaute Vor-
stadt aus, die durch die Bahnlinie begrenzt
wurde. Weiter südlich blieb die Bautätigkeit
zunächst auf die Fernstraßen beschränkt. All-
gemein war die bauliche Qualität auf den nied-
rig gelegenen, landschaftlich eher reizlosen
Partien im Süden vor der Stadt nicht hoch.
Ähnlich wie im Stadterweiterungsgebiet der
Wüste wurde auch hier, besonders nach
1890, das mehrgeschossige Mietshaus prä-
gend für das Erscheinungsbild der Vorstadtre-
gion. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Stadtteil
zwischen Wallstraßen und Bahnlinie nahezu
vollständig vernichtet. Unter den in diesem
Bereich noch erhaltenen Mietshausbauten
aus dem Ende des 19. Jh. zeigen nur wenige
eine über dem Durchschnitt liegende Gestal-
tung (Schepeler Straße 19-22,1892-97).
VORSTADT SÜDLICH DER BAHNLINIE
In den stadtferneren Bereichen der Feldmark
südlich der Bahn gaben noch bis etwa 1900
die drei alten Fernwege das ausschließliche
Gerüst für die Bautätigkeit ab. Besonders an
der Meller Straße entstand eine für das ärme-
re Osnabrücker Vorstadtgebiet charakteristi-
sche Bebauung mit Kleinwohnungshäusern
aus dem letzten Drittel des 19. Jh., in der Re-
gel giebelständigen, 1 72- bis 2 V^-geschossi-
gen, schmucklosen Häusern, die vier bis
sechs Wohnungen aufnehmen und ortstypi-
sche Vorformen des mehrgeschossigen
Mietshauses darstellen, durch das sie nach
1890 zumeist abgelöst werden.
Um die Jahrhundertwende begann die Ent-
wicklung des Vorstadtbereichs in größerem
Umfang. Nördlich des Johannisfriedhofs sie-
delte sich an der Iburger Straße gegen Ende
des 19. Jh. der Großbetrieb der Textilfabrik
Hammersen an (nicht erhalten). Etwa seit
1900 wurden zur Erschließung der zwischen
den Fernstraßen gelegenen Ländereien und
östlich der Meller Straße erste Querstraßen
angelegt und mit Mietshäusern bebaut. An der
Osningstraße entstand damals die geschlos-
sene Mietshausbebauung mit einheitlich ge-
stalteten Putz- und Stuckfassaden, die um
1900 noch ganz in der Tradition des Spätklas-
sizismus stehen. Östlich der Meller Straße
setzte die Anlage des neuen Güter- und Ran-
gierbahnhofs auf dem Fledder 1913 den An-
fang für Industrieansiedlung. Bis zum Ersten
Weltkrieg wuchs die Vorstadt allmählich zwi-
schen den drei Ausfallstraßen nach Süden bis
zum Johannisfriedhof, während an den Fern-
straßen selbst sich die Bebauung zum Teil be-
reits bis an die Feldmarkgrenzen vorschob.
Lutherkirche
Das Anwachsen der Vorstadt im Süden mach-
te die Errichtung neuer Kirchen erforderlich,
die am damaligen Südende der Stadt ihren
Platz fanden. Hier baute die Katharinenge-
meinde, der die ev.-luth. Bevölkerung vor dem
Johannistor angehörte, 1907/09 die Lutherkir-
che an der Iburger Straße. Sie war zunächst
Filialkirche zu St. Katharinen, bis 1927 die
Luthergemeinde dritte selbständige ev.-luth.
Kirchengemeinde Osnabrücks neben St. Ka-
tharinen und St. Marien wurde. Den Entwurf
zum Neubau lieferte der hannoversche Archi-
tekt Karl Börgemann. Der Kirchenbau, der der

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