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Kämmerer, Christian [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 32): Stadt Osnabrück — Braunschweig, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.44440#0157
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OSNABRÜCK-SCHINKEL

Die ehemalige Landgemeinde, die bereits
1914 der Stadt Osnabrück eingegliedert wur-
de, schließt sich im Osten an die Stadtgemar-
kung an und erstreckt sich zwischen Dodes-
heide im Norden und Haselauf im Süden. Ihr
Zentrum wird beherrscht vom Schinkelberg
(123 m), an dessen Höhe sich nach Nordosten
über die Grenzen Schinkels hinaus weitere
Erhebungen anschließen. Nördlich des Schin-
kelberges fließt der Sandbach in Richtung
Stadt und Hase.
Die alten Fernwege, die von Osnabrück her
durch die Schinkeler Gemarkung führen, blie-
ben ebenso wie der größere Teil der Feld- und
Verbindungswege im modernen Straßensy-
stem bestehen. Am Nordrand durchquert der
alte Weg nach Hunteburg (Knollstraße) die
Gemarkung, in gleicher Richtung führt im mitt-
leren Bereich die Straße von Osnabrück nach
Bohmte-Bremen (Bremer Straße) über den
Schinkelberg. Am Südrand verläuft, der Hase
folgend, die Straße nach Buer-Oldendorf
(Mindener Straße).
Schinkel wurde erstmals gegen 1200 unter
seinem älteren Ortsnahmen Vromelo, der sich
vermutlich auf einen Siedlungskern im Süd-
osten bezieht, urkundlich erwähnt. Seit dem
14. Jh. wird die Bauerschaft unter ihrem heuti-
gen, vom Schinkelberg herstammenden Na-
men genannt. Sie wuchs zusammen aus meh-
reren, z.T. erheblich auseinanderliegenden
alten Siedlungsbereichen, die über die Ge-
markung verstreut sind. Der Siedlungskern
befindet sich ganz am Südostrand westlich
der Gretescher Burg mit einem lockeren Wei-
ler von ehemals vier Erbhöfen, denen sich im
Westen fünf Einzelhöfe nördlich der Mindener
Straße anschließen.
Weiter abseits im Norden liegt ein zweiter
Siedlungsbereich von fünf Erbhöfen am Ost-
rand des Schinkelberges, eine dritte Siedlung
bildet Gartlage nördlich des Berges zwischen
Bremer Straße und Knollstraße mit mehreren
Höfen beiderseits des Sandbachs und dem
ehemaligen Gut Haus Gartlage.
Trotz frühzeitigen Vordringens der Stadt auf
Schinkeler Gebiet seit dem letzten Drittel des
19. Jh. blieb die alte Siedlungsstruktur der
Bauerschaft bis heute in ihren wesentlichen
Zügen erhalten, beginnt jedoch von Westen
her allmählich überlagert zu werden. Einige
der alten Schinkeler Hofanlagen bestehen
heute nicht mehr, die Bausubstanz der übri-
gen wurde in großem Umfange zumeist in un-
serem Jahrhundert erneuert und verändert.
Von den großen Erbwohnhäusern der Bauer-
schaft, die in der Regel wenigstens teilweise
erneuert sind, geht keines mehr über die zwei-
te Hälfte des 18. Jh. zurück. Einzige, noch mit
älteren Nebengebäuden relativ gut erhaltene
Hofanlage ist Gartlager Weg 37 in Gartlage.
Hier bildet das Haupthaus des Hofes, ein im
Dielenbereich erhaltener Zweiständerbau von
1797 (Wohnteil 1905 massiv ersetzt), mit
Speicher und Backhaus des 19. Jh. und der
weiträumigen Bruchsteineinfriedung des Hof-
platzes noch ein charakteristisches Ensem-
ble. Den Übergang zum Vierständerbau beim
ländlichen Wohnwirtschaftsgebäude und den
Fortfall der Giebelvorkragungen im 19. Jh.

veranschaulicht ein Hallenhaus von 1820, das
sich im äußersten Südosten Schinkels östlich
des Lüstringer Bahnhofs befindet (Sandforter
Straße 49). Zu den seltenen frühen Beispielen
massiv errichteter Heuerlingshäuser gehört
ein 1827 datiertes Doppelheuerhaus am Süd-
rand des Schinkelberges (Windhorststraße
129/31).
Auch die Nebengebäude der Schinkeler Höfe
sind zum großen Teil erneuert, bemerkens-
werte Einzelgebäude kaum erhalten. Ein typi-
scher Scheunenbau aus dem Anfang des 19.
Jh. ist die Fachwerkscheune mit Längsdurch-
fahrt auf dem Hof Belmer Straße 145 im südli-
chen Siedlungsbereich der Bauerschaft.
Haus Gartlage
Das ehemalige adlig-freie Gut im Norden
Schinkels, das abseits vorstädtischer Neu-
siedlungen am Ufer des Sandbachs liegt, ging
in mittelalterlicher Zeit aus einem Bauerner-
ben hervor. Nachdem es im Laufe der Jahr-
hunderte häufiger seinen Besitzer gewechselt
hatte, kam es schließlich 1683 durch Schen-
kung an das Osnabrücker Gymnasium Caro-
linum und wurde in der Folge im Inneren zu

einer Erholungsstätte für die Jesuiten umge-
baut. Das zweigeschossige Herrenhaus, das
noch zu Ende des 18. Jh. von einem Rechteck
wasserführender Gräben umgeben war, ist
ein gänzlich schlichter, verputzter Bruchstein-
bau des 16. Jh., der von einem hohen Walm-
dach überdeckt wird (Gartlager Weg 54). 1982
wurde es durch Umbau zu einem Wohnhaus
vollständig erneuert.
Schon vor der Jahrhundertwende begann sich
die nahe Stadt über ihre Grenzen hinaus auf
die Fluren der benachbarten Bauerschaft aus-
zubreiten. Die Anlage der Hannoverschen
Westbahn (1855), die die Schinkeler Gemar-
kung an ihrem Südrand schneidet, und der
Venlo-Hamburger Eisenbahn (1872), die sie
in nordöstlicher Richtung durchquert, leitete
die Entwicklung des westlichen Randbereichs
von Schinkel zur industriell geprägten Vor-
stadt ein. In Nachbarschaft zu den älteren In-
dustriezonen und Bahnanlagen Osnabrücks
begann im letzten Drittel des 19. Jh. die Be-
bauung im Bereich der alten Fernstraßen an
Bohmter - Bremer Straße und Buerscher -
Mindener Straße auf die Schinkeler Gemar-
kung vorzudringen. Zwischen beiden Stra-

Schinkel, Gartlager Weg 37, Hofanlage


Schinkel, Sandforter Straße 49,
Wohnwirtschaftsgebäude, 1820


Schinkel, Belmer Straße 145, Scheune,
Anfang 19. Jh.


Schinkel, Windthorststraße 129/131, ehemaliges
Doppelheuerhaus, im Kern 1827 (Zustand 1982)


Schinkel, Gartlager Weg 54,
ehemaliges Haus Gartlage, 16. Jh., Umbau 1982


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