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Kämmerer, Christian [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 32): Stadt Osnabrück — Braunschweig, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.44440#0100
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Grundriß der Stadt Osnabrück und ihres Bezirkes. Gezeichnet von G.B. Hollenberg, 1807,
Maßstab des Originals ca. 1:10000 (Nieders. Staatsarchiv Osnabrück, K 62c Nr. 2 H)


EHEMALIGE OSNABRÜCKER
FELDMARK

Die Osnabrücker Gemarkung gewann ihren
Umfang aus den Fluren kleinerer Bauerschaf-
ten und Einzelhöfe im näheren Umkreis der
Stadt, die bereits in mittelalterlicher Zeit in der
werdenden Stadt aufgegangen und wüst ge-
worden waren. Randbereiche gehörten ur-
sprünglich auch zu den angrenzenden Bauer-
schaften und kamen erst zur Zeit der Anlage
der Osnabrücker Landwehr hinzu. Bis zur Auf-
siedlung in der zweiten Hälfte des 19. Jh. be-
fand sich in der Feldmark nur eine geringe
Zahl von vereinzelt liegenden Wohnplätzen, in
der Regel Bauernerben, von denen einige als
Sommerresidenz vornehmer Osnabrücker
Herren eine besondere Entwicklung erfuhren,
andere als landwirtschaftliche Anwesen bis
heute bestehen blieben. Die Verwaltung der
Feldmark lag anfangs beim Rat, ging jedoch
im Laufe der Zeit auf die Leischaften über, die
sich im 14.-16. Jh. herausbildeten und denen
die selbständige Verwaltung und Bewirtschaf-
tung überlassen war. Im Gegensatz zu den
unter der gleichen Bezeichnung hervortreten-
den Stadtteilen der Altstadt sind unter den Lei-
schaften hier rein wirtschaftlich ausgerichtete
Weidegenossenschaften zu verstehen, in de-
nen die Bürger der Stadt, für die Viehaltung
und Weidewirtschaft besondere Bedeutung
besaß, zusammengeschlossen waren. Die
nach den Toren, aus denen das Vieh auf die
Weidegründe getrieben wurde, benannten
fünf Leischaften besaßen jeweils begrenzte
Abschnitte der Feldmark von unterschiedli-
cher Größe, die von ihren Interessenten ge-
nutzt wurden.
Landwehr
Zum Schutze ihrer Feldmark legte die Stadt im
14./15. Jh. die Landwehr an, ein zusammen-
hängendes System aus Wällen und Gräben,
das zum Teil die Grenzen der Feldmark be-
zeichnet, jedoch verschiedentlich die Fluren

angrenzender Bauerschaften überschnitt und
mit einschloß. Sie hatte weniger militärische
Bedeutung als die Aufgabe, räuberische
Übergriffe und das Ausbrechen des Viehs aus
der Feldmark zu verhindern. Urkundlich ist die
Landwehr der Altstadt seit 1347, die der Neu-
stadt seit 1406 belegt. Zu ihrem die Stadt in ei-
nem weiten Abstand umschließenden Ring
traten die natürlichen Linien von Hase und
Nette, die im Norden und Südosten über län-
gere Abschnitte die Aufgabe der Landwehr
übernehmen mußten. Ein vorgelagerter Ab-
schnitt, der den Osten der Stadt sicherte, be-
fand sich ehemals zwischen Gretescher Burg
und Hase, Nebenflügel besaß die Landwehr
im Norden zur Sicherung der Grenze gegen
Tecklenburg (Eversburg) und im Westen
(Hörner Bruch). Die Landwehr bestand aus
zwei bis drei parallel verlaufenden Wällen,
zwischen denen Gräben angelegt wurden.
Auf den Wällen schuf eine Anpflanzung von
dichten Dornenhecken, Busch- und Baum-
werk einen schwer durchdringlichen Verhau.
Wo Fernstraßen die Landwehr durchschnit-
ten, sicherten Schlagbäume und zumeist ein
Wartturm den Übergang.
Etwa ein Fünftel dieses Landwehrringes hat
sich bis heute zum Teil in ansehnlichen Re-
sten erhalten. Den norwestlichen Endpunkt an
der Hase bezeichnet der kurze, von alten Bäu-
men bestandene Landwehrabschnitt in Evers-
burg östlich der Straße Am Mühlenholz. Wei-
ter südlich an der Grenze zu Atter findet sich
ein ca. 550 m langer und relativ gut erhaltener
Teil zwischen Wersener Landstraße und
Rubbenbruchsee. Südlich des Rubbenbruchs
nimmt die Landwehr ihre Fortsetzung im Wald
des Hakenhofholzes westlich des Heger
Friedhofs. Als längste zusammenhängende
Anlage ist im Süden ein rund 1 200 m langer
Teil der Landwehr im Waldgebiet des Hörner
Bruchs zwischen Bahnlinie nach Münster und
der Straße Zum Forsthaus überkommen. An
ihrem nördlichen Endpunkt an der Bahnlinie
schließt sich ein ca. 1 km langer Nebenflügel

an, der in südwestlicher Richtung verläuft und
die städtische Landwehr an der Grenze von
Hörne zu Sutthausen mit der Düte verbindet.
Dort, wo in ihrem weiteren, heute nicht mehr
erkennbaren Verlauf die Landwehr die Fern-
straße nach Hagen schnitt, blieb der Wulfter
Turm erhalten, die einzige noch bestehende
Anlage dieser Art in Osnabrück, die ein Bild
von der Gestalt der alten Landwehrtürme zu
überliefern vermag (Sutthauser Straße 394).
Der gegen 1300 errichtete Beobachtungsturm
ist ein über etwa quadratischem Grundriß er-
bauter dreigeschossiger Bruchsteinbau von
steinwerkartigem Charakter, der ursprünglich
wohl von einem Zeltdach überdeckt wurde.
Nordöstlich angebaut an den Turm ist das
Wohnhaus des Türmers, das erst später dem
Turmbau angefügt sein wird.
Weiter östlich verlief die Landwehr über die
Nahner Gemarkung, um schließlich im Osten
der Stadt das Haseufer zu erreichen. Aus der
Nahner Landwehr sind nur noch geringe, im
Wald gelegene Reste im Winkel zwischen den
Straßen Wehinghausweg und Am Wulfter
Turm erhalten geblieben. Vom Verlauf im
Nordosten der Stadt blieb im Waldgebiet Gart-
lage ein rund 400 m langer Abschnitt beste-
hen. Weiter nördlich bildet zwischen Knollstra-
ße und Nette ein etwa 800 m langes, relativ gut
erhaltenes Teilstück den nordöstlichen Ab-
schluß der Landwehr, die hier am Ufer der
Nette endete, um ihre westliche Fortsetzung
durch den Flußlauf zu finden.
Entwicklung der Feldmark im 19. und 20. Jh.
Seit 1553, als der Rat die Vorstädte vor den
Mauern hatte niederbrennen lassen, um die
Stadt besser verteidigen zu können, bestand
das Verbot, außerhalb des Befestigungsrin-
ges Wohnhäuser zu bauen. Bis zur Mitte des
19. Jh. war die Feldmark daher rein land- und
forstwirtschaftlich genutzt. In den stadtnahen
Bereichen besaßen die Bürger der Stadt seit
alter Zeit ihre Gärten, in welchen im 18. und zu
Beginn des 19. Jh. zahlreiche massive Gar-
tenhäuser errichtet wurden.
Nach Aufhebung des Festungsverbots 1843
entstand als erstes Stadterweiterungsgebiet
das Bahnhofsviertel östlich der Innenstadt. Et-
wa gleichzeitig entwickelten sich erste vor-
städtische Ansiedlungen vor den Toren ent-
lang der alten Fernstraßen, wobei sich das
Interesse zunächst besonders auf die höher
gelegenen Partien vor der Stadt am Wester-
und Gertrudenberg richtete (Bramscher, Zie-
gel-, Natruper, Lotter Straße). Allgemein kon-
zentrierte sich die Bautätigkeit in den Anfän-
gen weitgehend auf die Parzellen der alten
Gartengebiete vor den fünf Toren der Stadt.
Mit der Auflösung der Weidegenossenschaf-
ten, der Aufteilung und dem Verkauf der Lei-
schaftsgründe seit dem Ende der sechziger
Jahre des 19. Jh. rückte die Entwicklung der
Feldmark in ein neues Stadium. Die Aufstel-
lung großflächiger Bebauungspläne in den
Jahren um 1870 für die stadtnahen Zonen der
westlichen Feldmark zwischen Westerberg
und Wüste verlagerte ein besonderes Ge-
wicht der Osnabrücker Stadtentwicklung im
19. Jh. auf diesen Vorstadtbereich, wo vor Na-
truper, Heger und Martinitor der größere Teil
der gutbürgerlichen Stadterweiterungsgebie-

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