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Handlungen, sowie von allen Postämtern und M preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr. 1
Zeitun gserpeditivuen anqenommen._ob. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2'/? Sgr.
Eine Woche aus dem Tagebuch
Sonntag, den 1. Mai 186..
Heut' Früh einmal vollkommene Sabbathruhe. Meine
Sophie keift nicht, mein Märchen schreit nicht, und meine
größeren Buben, die immer so viel Lärm machen, sind beim
Pathen in der Stadt. In behaglichster Gemüthsruhe schlürfe
ich meinen Kaffee und rauche mein Pfeifchen dazu. Dabei
korrigire ich die Schulhefte, weil ich in der Woche wenig dazu
komme. Eine wahre Legion von Schnitzern, mit der ich es
da zu thun habe! Allein das thut nichts! Wie ein Würg-
cincs thüringischen Schullehrers.
engel mit dem Schwerte, so fahr' ich mit der Feder unter
sie, und sie unterliegen alle ohne Widerstand meinen Streichen.
Das gibt mir ordentlich das Gefühl eines Helden. Die an-
gesehensten unter diesen Schnitzern aber balsamire ich ein,
will sagen, notire sie und bewahre sie auf in einem beson-
deren Tagebuche, stelle sie auch wohl an den Schandpfahl,
d. h. schreibe sic mit Kreide an die große Schnitzertafel, die
in der Klasse hängt, mit den Namen ihrer Verfasser, diesen
zur heilsamen Beschämung, den Anderen zur Abschreckung. —
Höchst angenehm bewegt mich auch die Aussicht auf die heut'
Abend zu Berg stattfindende Lehrerkonferenz, wo wir Allerlei
besprechen und unser Herz ausschütten, noch mehr aber essen
und trinken werden, — (das Couvert für mich und Frau kostet
12 Ggr.) und wo ich eine Abhandlung über meine neu-
erfundene Lautirmethode vortragen werde, die nicht verfehlen
wird, großes Aufsehen und Applaus zu erregen. O, wie wohl
die Hoffnung, ich will nicht sagen ans einen Lorbeerkranz,
doch auf ein Paar Lorbeerblätter, einem armen, geplagten
Schullehrerherzen thut! — In der Kirche wiederum Aerger
über die falschen Töne meines Diskant, der mir stets die
schönste Musik verdirbt, und dem ich die Stimmgabel an dem
Kopf entzweischlagen möchte. — Heut' Mittag fasten wir,
da wir sa zur Konferenz soupiren und einen lobenswerthcn
Appetit dazu mitbringen wollen. — Nach Tische, will sagen,
nach der Tischzeit, hätte ich gern ein wenig geschlummert;
doch ich muß ja in die Nachmittagskirche und diesmal oben-
drein das Gebet verlesen; denn der Pfarrer läßt mir sagen,
er verreise. Wenn er doch auch einmal für mich Schule
hielte! Allein das thut er nie. Und erst die Frau Pfarrerin,
die will Alles besser wissen, wie meine Sophie, und will
sie in Wirthschaftssachen immer meistern! Aber da kommt
sie schön an; meine Sophie hat auch ein Mundwerk und
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Handlungen, sowie von allen Postämtern und M preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr. 1
Zeitun gserpeditivuen anqenommen._ob. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2'/? Sgr.
Eine Woche aus dem Tagebuch
Sonntag, den 1. Mai 186..
Heut' Früh einmal vollkommene Sabbathruhe. Meine
Sophie keift nicht, mein Märchen schreit nicht, und meine
größeren Buben, die immer so viel Lärm machen, sind beim
Pathen in der Stadt. In behaglichster Gemüthsruhe schlürfe
ich meinen Kaffee und rauche mein Pfeifchen dazu. Dabei
korrigire ich die Schulhefte, weil ich in der Woche wenig dazu
komme. Eine wahre Legion von Schnitzern, mit der ich es
da zu thun habe! Allein das thut nichts! Wie ein Würg-
cincs thüringischen Schullehrers.
engel mit dem Schwerte, so fahr' ich mit der Feder unter
sie, und sie unterliegen alle ohne Widerstand meinen Streichen.
Das gibt mir ordentlich das Gefühl eines Helden. Die an-
gesehensten unter diesen Schnitzern aber balsamire ich ein,
will sagen, notire sie und bewahre sie auf in einem beson-
deren Tagebuche, stelle sie auch wohl an den Schandpfahl,
d. h. schreibe sic mit Kreide an die große Schnitzertafel, die
in der Klasse hängt, mit den Namen ihrer Verfasser, diesen
zur heilsamen Beschämung, den Anderen zur Abschreckung. —
Höchst angenehm bewegt mich auch die Aussicht auf die heut'
Abend zu Berg stattfindende Lehrerkonferenz, wo wir Allerlei
besprechen und unser Herz ausschütten, noch mehr aber essen
und trinken werden, — (das Couvert für mich und Frau kostet
12 Ggr.) und wo ich eine Abhandlung über meine neu-
erfundene Lautirmethode vortragen werde, die nicht verfehlen
wird, großes Aufsehen und Applaus zu erregen. O, wie wohl
die Hoffnung, ich will nicht sagen ans einen Lorbeerkranz,
doch auf ein Paar Lorbeerblätter, einem armen, geplagten
Schullehrerherzen thut! — In der Kirche wiederum Aerger
über die falschen Töne meines Diskant, der mir stets die
schönste Musik verdirbt, und dem ich die Stimmgabel an dem
Kopf entzweischlagen möchte. — Heut' Mittag fasten wir,
da wir sa zur Konferenz soupiren und einen lobenswerthcn
Appetit dazu mitbringen wollen. — Nach Tische, will sagen,
nach der Tischzeit, hätte ich gern ein wenig geschlummert;
doch ich muß ja in die Nachmittagskirche und diesmal oben-
drein das Gebet verlesen; denn der Pfarrer läßt mir sagen,
er verreise. Wenn er doch auch einmal für mich Schule
hielte! Allein das thut er nie. Und erst die Frau Pfarrerin,
die will Alles besser wissen, wie meine Sophie, und will
sie in Wirthschaftssachen immer meistern! Aber da kommt
sie schön an; meine Sophie hat auch ein Mundwerk und
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Eine Woche aus dem Tagebuch eines thüringischen Schullehrers"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
Unterschiedliche Schreibweise: "Eine Woche aus dem Tagebuche eines thüringischen Schullehrers"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)