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Die Studenten der schönen Wissenschaften.

I.

Vater und Tochter.

— Der Name thäte nichts zur Sache? — O doch —
Kann ein Dichter Meier heißen? Ist ein Meier nicht
immer ein dem kaufmännischen Fache angehörendes Indi-
viduum? Und wäre es nicht ein arger Mißgriff, wenn der
jugendliche Held eines vierbändigen Romans den Namen
Fischer führen sollte. — Wir lesen in einer Novelle, einem
Theaterstück den Namen Zierfuß und denken unwillkührlich
an einen Schneider oder Friseur, wie wir uns bei Jettchen
allemal — ein hübsches, aber schnippisches Kammerzöfchen
vorstellen. Der Name thut viel zur Sache. — Und so
erscheine jetzt — alter Pappenschichtcr! — Das tritt breit
vor uns hin, wie die Persönlichkeit des ganzen Mannes.
Es liegt in diesem Namen etwas Weltverachtendcs; besonders
das Ohr des Schriftstellers wird unheimlich davon berührt,
und mit Recht, denn Pappenschichter ist und kann seinem
Namen zufolge nichts anderes sein, als ein — Maculatur-
händler. — Maculaturhändler sind die Todtengräber der
Literatur, ihr Lager ist ein Friedhof der Geister. — Wie
draußen vor dem Thore ruht auch hier Gutes und Böses
nebeneinander und harrt der Entsühnung in der Papier-
mühle. Hier gilt nicht die Schwere und Tiefe des Gedan-
kens; sie sind allzumal zu leicht befunden worden. — Hier
gibts nur ein Maaß, mit dem alle gemessen werden — das
untrügliche Gewicht der Pfunde und Centner.

Pappenschichtcr war ein bedeutender Mann seiner Art.
Fuhrenweise kamen aus den Niederlagen der Buchhändler
die Krebse und Ladenhüter an und fuhrenweise wurden sie
abgeholt zum Einstampfcn in die Papiermühle. Aber nicht
blvs eu gros ging das Geschäft, es machte sich auch mit

dem Detail-Verkauf, und manches Pfund wurde von Kauf-
leuten, Victualienhändlern und Fleischern aus Pappcnschichtcrs
Lagerbodeu geholt.

Schriftsteller sind in der Regel empfindsamer als an-
dere Menschen. — Welch entsetzlicher Gedanke für ein
solches Herz — in die Hände eines Victualienhändlers zu
fallen — das ist mehr wie schauderhaft — das ist schau-
dauderhast! — Noch immer steht mir hier mein eigenes
Geschick vor Augen, als ich eines schönen, poesievollen
Sommerabends mir etwas Schinken kaufte und zu meinem
Entsetzen gewahren mußte, wie die herzlose Flcischersfrau
ein Blatt aus meiner Gedichtsammlung herauSriß — der
Riß ging mir durch's Herz — und den Schinken in eines
meiner schönsten Liebeslieder — an Rosaura — ciuwickelte.

Und doch, bei Lichte besehen, ist diese Benutzung lite-
rarischer Werke noch besser, als jene Vernichtung, die den
Schriftsteller trifft, dessen Opera zur Papiermühle gefahren
werden. Das ist ein stiller, grauenhafter Tod. Hier liest
doch so Mancher noch deine unsterblichen Gedanken, wenn
auch nur bruchstückweise, dort aber versinkst du ungekannt
und ungelesen in das Nichts zurück! —

Doch zurück zu Herrn Pappenschichtcr — eine ansehn-
liche Figur und tüchtiger Geschäftsmann. Ursprünglich zum
Buchhändler bestimmt, hatte er bald eingesehen, daß mit den
Krebsen und Ladenhütern ein besseres Geschäft zu machen
sei, als mit neuen Werken und war so ein literarischer
Todtengräber geworden. Es muß auch solche Käuze geben,
spricht Göthe. Und, wie wir schon oben gesehen haben,
das Geschäft blühte, der Mann kam vorwärts. Er hatte
das Glück gehabt, eine vermögliche Fleischerswittwe zu hei-
rathen und wurde nun Engrossist, der ganze Auflagen nicht
gehender Werke zusammenkauftc. Vor Kurzem war seine


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