Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
19

dem Magistrate und aller Welt sichtbar sein würde. Noch drei
volle Woche», — denn erst seit acht Tagen arbeitete Meister
Habrecht hinter seinem Verschlage — ein und zwanzig voll-
ständige Tage noch — es war entsetzlich!

Niemand aber in ganz Straßburg konnte der gänzlichen
Vollendung von Jsaak's Werk mit mehr Ungeduld entgegen
sehen, als Frau Margareth. — Wohl sechsmal des Tages machte
sie den Weg zum Münster, um sich sehen zu lassen als die
Großmutter des großen Künstlers und vor Aller Augen hinter
den unzugänglichen Verschlag zu treten und sich dort zu über-
zeugen, daß das Werk zwar langsam aber stetig der Vollendung
entgegen gehe. — Glückselig war sie in solchen Augenblicken,
v>enn sic dem auf der Leiter stehenden Meister einmal den Hammer,
e»>e Zange oder gar eines der vielen kunstreichen Zahnräder
pichen durfte. — Mit Selbstbewußtsein erzählte sie dann nach
ihrer Heimkehr der stille lächelnden Gertrud, was sie heute Alles
habe schaffen und helfen dürfen, griff dann wieder emsig zu
Vadel und Faden, um für Gertrud's nun bevorstehende Hochzeit
das Brautkleid zu fertigen. — Sie ließ es sich nicht nehmen,
3anz allein ohne andere Hilfe daran zu arbeiten, denn „liebes
hatte sie zu Gertrud gesagt, die sie im Arbeiten unter-
nutzen wollte, „dieses Kleid, in dem Du Jsaak's Weib werden
muß unter Gebeten für Dein Glück begonnen und vollendet
'Derben; — dieß kann Niemand so aufrichtig thun, wie Deine
Großmutter." —

Doch während so alle Anzeichen vorhanden waren, die un-
'crer Familie für die Zukunft ein dauerndes Glück versprechen
Knuten, nagte bereits der Wurm an der Wurzel desselben. —

Mathias hatte die inzwischen verstrichene Frist gleichfalls
nicht unbenützt zur Ausführung seines schändlichen Planes
vorübergehen lassen. Mit schlauer Berechnung spielte er
einige Tage lang den reuigen Sohn und that dergleichen,
als ob er ein neues geordnetes Leben beginnen wolle. Mit
Freudenthränen sah ihn Frau Margarethe früh Morgens
— wie er sagte — in die Werkstätte seines Meisters
gehen und am Abende wiederkehren, nicht um wie seither
bis in die sinkende Nacht bei Spiel und Wein im Kreise
lüderlicher Genossen in Wirthshäusern zu liegen, sondern
um im traulichen Kreise der Scinigen zu verbleiben. Nach
einigen weitern Tagen, als Mathias hatte bemerken kön-
nen, daß nicht nur die Großmutter und Gertrud, son-
dern auch. der ernste und vorsichtige Isaak der so plötzlich
stattgehabten Besserung des auf schlimmen Verirrungen
Gewesenen anfingen zu vertrauen, begann er von einem
neuen Freunde zu sprechen, einem Mitgescllen, dem er
den größten Äntheil seiner Sinnesänderung zuschrieb, da
er aus sein Anrathen und durch sein Beispiel veranlaßt,
den Kreis der seitherigen wüsten Gesellschaft gemieden habe
und hiedurch ein anderer Mensch geworden sei.

War es deßhalb zu verwundern, daß Frau Mar-
garethe erst im Stillen den neuen Freund ihres Enkels
segnete und endlich gegen Mathias den Wunsch aussprach,
den wackcrn jungen Mann kennen zu lernen, der ihnen
den schon verloren Geglaubten wiedergegebcn hatte?
Mathias triumphirte; er rückte seinem Ziele, — Rache
nehmend an Isaak den Judaslohn zu verdienen — näher und
näher. Eiligst suchte er des andern Morgens den Junker Zettlitz
auf, unterrichtete ihn vom Stande der Dinge und ersuchte ihn,
die Rolle dieses neuen Freundes zu übernehmen und Abends in
schlichter Gesellen-Kleidung mit ihm zu kommen zu der Groß-
mutter und Gertrud, die den wackern Martin Ringler, den Er-
retter des Enkels und Bruders, kennen lernen wollten. Freudig
sagte der Junker zu und schritt in der Abenddämmerung, die
ihn vor möglichem Erkanntwerden auf der Straße sicherte, in
der groben Tracht eines Arbeiters an Mathias Seite nach
der Vorstadt zu Frau Margarethens Wohnung. Herzlich em-
pfingen die biedere Alte und Gertrud den Verkappten; auch
Isaak, der später von der Arbeit heimkehrend sich einstelltc,
schüttelte dem neuen Hausfreunde kräftig die Hand, obwohl er,
sich über ihre blendende Weiße, sowie die Weichheit ihrer Formen
verwundernd, scherzend äußerte, man sollte den Gesellen, seinen
Händen nach zu beurtheilen, eher für einen vornehmen Herrn,
als für einen Mann der Arbeit halten. Doch der Junker, ein ;
Meister' in der Verstellungskunst, erwiderte ihm lachend, er sei
auch lange ein vornehmer Herr gewesen, da er, am bösen Fieber
schwer erkrankt, sich drei Monate lang aller Arbeit habe ent- I
halten müssen. Daher rühre der jetzige Zustand seiner Hände '
— er wolle aber mit Gottes Hilfe schon wieder dafür sorgen, '
daß sie schwarz und schwielig würden. —

Diese Erklärung war so natürlich, daß die beiden Frauen :
das aufrichtigste Mitleid mit dem gewesenen Kranken fühlten
und Isaaks augenblickliche Bedenken völlig gehoben wurden.

3
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Uhrmacher von Straßburg"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Watter, Joseph
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Kirchturm
Straßburg
Münster Straßburg <Straßburg>
Karikatur
Frau <Motiv>
Reparatur
Leiter <Motiv>
Uhrmacher <Motiv>
Uhrwerk
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 55.1871, Nr. 1357, S. 19
 
Annotationen