Fliegende Blätter (55.1871 (Nr. 1355-1380))

„Aber, lieber Onkel, hören Sie mich, ehe Sie mich
i verurtheilen. Ich habe mein Geld nicht verpraßt, sondern
>ch habe wirkliches, scheußliches Pech gehabt. Denken Sie
iich, lieber Onkel, wie ich neulich in der Schweiz bin, steig'
>4 auch ans den St. Gotthard. Es waren natürlich einige
verrückte Engländer oben auf jenem eisig malerisch - pittoresken
Plateau. Stolz geh' ich an ihnen vorüber, stelle mich vorn
an die äußerste Kante und betrachte mir furchtlos das wunder-
volle Pano-, respektive Cyclorama. Links — nun, Sie kennen
os wohl selbst, lieber Onkel?! Nicht? O wie Schade! Doch
hören Sie weiter! — Ich betrachte mir also das wunder-
volle Cyclorama. Hinter mir steht ein verrückter Engländer,
es sich auch betrachten will, aber mit seinem langen Fern-
rohr nur die Schattenseite meines eleganten Sommerhabits be-
augenscheinigt. Beirrt durch dessen dunkle Farbe, meint er,
has Rohr sei nicht genug ausgezogen. Er zieht es aus, stößt
Legen mein elegantes Sommerhabit, meine Schattenseite wird
getroffen, ich selbst verliere das statische Gleichgewicht, stürze,
lalle, durchbreche krachend die Wolkenschichten, die unter mir
^agen, und falle, denken Sie sich, lieber Onkel, — falle —
"an, Sie wissen ja, daß ungefähr 10,000 Fuß oder
Ateter (ich konnte das in der Eile nicht zählen) unter dem
^t. Gotthard der Meeresspiegel liegt — ich falle —
icheußlichcs Pech! — direkt in den Meeresspiegel hin-
ein! — Ich konnte das Leben verlieren! Aber, Gott sei Dank,
llis auf den Schreck hatte ich keinen Schaden genommen — der
kostbare Meeresspiegel jedoch, der Stolz der freien Cantone, lag
s" Trümmern! Sie können sich denken, lieber Onkel, daß ich
'ha bezahlen mußte. Meine dreihundert ersparten Thalcr gab

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ich hin. Es fehlen jetzt nur noch zweihundert, und dcßhalb bat
ich Sic vorher um diese Kleinigkeit, die Sie in gewohnter väter-
licher Güte Ihrem unglücklichen Neffen nicht entziehen werden!"