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Im Urwald.

131

Sie seh'n, weun's draußen auch nirgends blüht,
Den keimenden Frühling im eig'nen Gemüth.

4.

Und wieder steh' ich im Urwald hier.

Und wieder rauscht's in den Bäumen,

Doch nirgends im weiten, im weiten Revier
Eine Spur von den früheren Träumen.

Gespenstig starrt gen Himmel der Baum,

Wild kreischen die Spechte und Raben, —

Das macht, ich Hab' in diesem Raum
Mein einzig Kind begraben.

Mir ist's, als herrschte rings die Nacht,

Als sei die Welt gestorben,

Des Sommers lachende Blumenpracht
Verwittert und verdorben.

Ich gleiche selbst dem alten Stamm,

Dem man die Sprossen zerschlagen,

Bald werden Moos und Fliegenschwamm
Ihn wuchernd überragen.

Bald wird vielleicht im tiefen Grund

Mein eigen Grab gegraben

Und über dem Herzen, blutend und wund,

Wird nächtlich der Elkhirsch traben.

Gute Nacht dann, du rastlos rollende Welt,
Gute Nacht, ihr leuchtenden Sterne!

Wenn Lenz und Sommer in Asche zerfällt,
Dann rastet im Winter man gerne.

5.

Ich sehnte mich in jungen Jahren
Nach fremder Länder Herrlichkeit,

Den Ozean wollt' ich befahren,

Die Welt beschauen weit und breit.

Jetzt bin ich über's Meer gezogen,

Weit hinter mir liegt Rhein und Belt,

Es trugen mich die dunklen Wogen
Sanft schaukelnd nach der neuen Welt.

Der Urwald war mein heiß' Verlangen,

Da ist's, dacht' ich, wo Leben quillt;

Jetzt sch' ich träumend und befangen.

Daß er die Sehnsucht auch nicht stillt.

Ich möchte weiter, immer weiter,

Gen Süden, wo die Palmen steh'n,

Wo ich auf steiler Bergesleiter
Kann tief bis in den Himmel seh'n.

Geduld, mein Herz! Dem süßen Wahne
Liegt Schiff und Ruder bald bereit:

Vom Tulpenbaum und der Platane
Ist's bis zur Palme nicht mehr weit.

6.

Es war in einer schwülen Sommernacht,

Bon einem Kranken ritt ich still nach Hause;

Am Himmel zog die schwarze Wolkenschlacht,

Müd aber sehnt' ich mich in meine Klause.

Doch die war fern. Schwer lag die Luft auf mir,
Im Westen rollten Donner, zuckten Blitze,

Und in des Waldes finsterem Revier
Kein schützend Obdach, keine Felsenritze!

Da führte mich der Weg hinab in's Thal,
Irrlichter tanzten in dem feuchten Grunde,
Leuchtkäfer flöge» um mich, bleich und fahl,

Und modernd Holz schien glimmend in der Runde.

Noch drückender war hier die Luft. Mein Roß
Schnob wild und scheu mit weitgeblühten Nüstern,
Fast wollte mein vierbeiniger Genoß
Mit seiner Angst mein eigen Hirn umdüstern.

Ich hielt die Zügel unwillkürlich an.

Und bald versenkt' ich mich in stilles Träumen, —
Es hat vor alter Zeit der rothe Mann
Den Todten Platz gegönnt in diesen Räumen.

Jetzt kommen aus den Gräbern sie hervor
Und tanzen ernst in würdevollem Schweigen,

Wo ihrer Söhne Fußtritt sich verlor,

Den alten Waffentanz, den Todesreigeu.

Die Funken wirft der blanke Tomahawk,

Das morsche Holz glimmt als Berathungsfeuer, —
Wer weiß, welch' weißer Skalp im Gürtel stack? -
Bei'm großen Geist! es ist nicht recht geheuer!

Da löste sich des Himmels Traurigkeit
In sanfte Thräncn, Regen strömte nieder,

Die Wolkenschleußen öffneten sich weit
Und ihre Fl»th erfrischte Geist und Glieder.

Im Nu erloschen Irrlicht, mod'rig Holz,

Leuchtkäfer im Gebüsch sich scheu verkrochen,

Und trotz des Regens trug mein Renner stolz
Mich durch die Reste der Jndianerknochen.

Die Nüsse auf der Haut ernüchtert oft,

Wenn vor dem Aug' sich Spuckgestalten regen,

Und mancher Geist verschwindet unverhofft
Vor einem prasselnden Gewitterregen.

7.

Abend ist's, die Lüfte kosen
Um mein bleiches Angesicht,

Das die Dümm'rung nur mit Rosen,

Mit vergänglichen, umflicht.

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