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Der alte Mandl.
boten nach Deutenhofen ab. Den greisen Vater, welchem Sigis-
mund nur gesagt hatte, er wolle in München Gelder flüssig
machen, traf Sommarugas Botschaft wie ein Donnerschlag. Des
Grafen Brief schloß mit den Worten: „Untröstlich ist Eleonore.
Sie sollen wissen, daß meine Tochter Ihren Sohn geliebt hat.
Alles stünde anders, wenn Sie und Sigismund es gewollt!
Nun haben Sie Ihren Lohn dahin, Baron Mandl!" — —
Und der Greis kam des andern Tages mit seinem treuen
Ainhofer. In einem Gartenpavillon hatte man den Sohn auf-
gebahrt. An der Bahre hingen Kränze von Herbstblumen.
Eleonore hatte sie hier angebracht. Wohl ahnte nun der alte
Mandl die Geberin. Stille war's ringsum. Die Sommarugas
waren heute früh schon nach München znrückgefahren. Graf
Sommaruga hatte seine Tochter mit Gewalt von Sigismunds
Leiche trennen müssen.
Die Sonne schien blutig durch die Herbstnebcl in die
Fenster des Pavillons. Von Münchens Thürmen klang die
Vesper herüber — Todten-Glockenläntcn war's zugleich dem
jungen Mandl. Gestützt auf seinen Diener wankte der Alte
Stolz und meine Freude, Du mein liebster Sohn! O wär's
wirklich an dem gewesen, daß ich Dich Eleonoren nicht hätte
weigern sollen? Wäre auch hierin mein guter Glaube, mein
ehrlicher Wille zugleich mein Verhängniß geworden? Was ist es
jetzt mit dir, Alter? Die stolze, junge Tanne knickte der Sturm
— und der morsche Eichstamm soll noch des Lebens Weh'n in
seinen dürftigen Zweigen fühlen? Was hält den alten Mandl
noch auf, zu enden? Undank ist sein Lohn — ein mißleiteter
Fürst stieß ihn mitleidslos von sich! O geh', geh' bald hinab,
Alter! Pulvis et umbra! Staub und Schatten ist alles Menschcn-
glück, ist der Menschen Gunst und der Menschen Leben!" Und
der Greis versank in tiefes Sinnen. In dieser Stunde mochte
er seine eigene Grabschrift vorbereitet haben.
Der treue Ainhofer und ein paar auf der Villa zurück-
gebliebene Bedienstete Sommarugas schafften die Leiche Sigis-
munds in den Reisewagen, worin Mandl gekommen war.
Sofort brachte der Vater die theuere Last in seine Behausung
zu München und in der zweiten Nacht ließ der Greis seinen Sohn
in der Gruft bestatten, welche im Dome von Unsrer Lieben Frauen
für die Mandl vor ungefähr einem Jahre gebaut worden war.
Nur Weniges ist noch zu melden. Niemals fand der
abgesetzte Kammerpräsident seine verdiente öffentliche Rehabiliti-
rung, obwohl ihm kein Vergehen wider Recht und Treue nach-
gewiesen werden konnte. Des Volkes Liebe und Achtung verlor
der alte Mandl nie. Der Hof hauste unter Sommaruga und
seiner Freunde Einwirkung lustig fort. Sommaruga war noch
vierzehn Jahre der böse Stern für Bayern. Erst mit Adelheid
von Savoyens Tode, 1676, verlor die Familie Sommaruga
ihren Einfluß und fiel der Vergessenheit anheim. Aber auch
der Greis zu Deutenhofen war über diesen Zeitläuften verschollen.
Freiherr Johann von Mandl war schon am 12. August 1666,
also vier Jahre nach dem Zusammensturze seines Glückes, ge-
storben. Seine letzten Lebenslage hatte er still und in sein
Schicksal ergeben auf Schloß Deutenhofen verbracht. Seine
Der alte Mandl.
boten nach Deutenhofen ab. Den greisen Vater, welchem Sigis-
mund nur gesagt hatte, er wolle in München Gelder flüssig
machen, traf Sommarugas Botschaft wie ein Donnerschlag. Des
Grafen Brief schloß mit den Worten: „Untröstlich ist Eleonore.
Sie sollen wissen, daß meine Tochter Ihren Sohn geliebt hat.
Alles stünde anders, wenn Sie und Sigismund es gewollt!
Nun haben Sie Ihren Lohn dahin, Baron Mandl!" — —
Und der Greis kam des andern Tages mit seinem treuen
Ainhofer. In einem Gartenpavillon hatte man den Sohn auf-
gebahrt. An der Bahre hingen Kränze von Herbstblumen.
Eleonore hatte sie hier angebracht. Wohl ahnte nun der alte
Mandl die Geberin. Stille war's ringsum. Die Sommarugas
waren heute früh schon nach München znrückgefahren. Graf
Sommaruga hatte seine Tochter mit Gewalt von Sigismunds
Leiche trennen müssen.
Die Sonne schien blutig durch die Herbstnebcl in die
Fenster des Pavillons. Von Münchens Thürmen klang die
Vesper herüber — Todten-Glockenläntcn war's zugleich dem
jungen Mandl. Gestützt auf seinen Diener wankte der Alte
Stolz und meine Freude, Du mein liebster Sohn! O wär's
wirklich an dem gewesen, daß ich Dich Eleonoren nicht hätte
weigern sollen? Wäre auch hierin mein guter Glaube, mein
ehrlicher Wille zugleich mein Verhängniß geworden? Was ist es
jetzt mit dir, Alter? Die stolze, junge Tanne knickte der Sturm
— und der morsche Eichstamm soll noch des Lebens Weh'n in
seinen dürftigen Zweigen fühlen? Was hält den alten Mandl
noch auf, zu enden? Undank ist sein Lohn — ein mißleiteter
Fürst stieß ihn mitleidslos von sich! O geh', geh' bald hinab,
Alter! Pulvis et umbra! Staub und Schatten ist alles Menschcn-
glück, ist der Menschen Gunst und der Menschen Leben!" Und
der Greis versank in tiefes Sinnen. In dieser Stunde mochte
er seine eigene Grabschrift vorbereitet haben.
Der treue Ainhofer und ein paar auf der Villa zurück-
gebliebene Bedienstete Sommarugas schafften die Leiche Sigis-
munds in den Reisewagen, worin Mandl gekommen war.
Sofort brachte der Vater die theuere Last in seine Behausung
zu München und in der zweiten Nacht ließ der Greis seinen Sohn
in der Gruft bestatten, welche im Dome von Unsrer Lieben Frauen
für die Mandl vor ungefähr einem Jahre gebaut worden war.
Nur Weniges ist noch zu melden. Niemals fand der
abgesetzte Kammerpräsident seine verdiente öffentliche Rehabiliti-
rung, obwohl ihm kein Vergehen wider Recht und Treue nach-
gewiesen werden konnte. Des Volkes Liebe und Achtung verlor
der alte Mandl nie. Der Hof hauste unter Sommaruga und
seiner Freunde Einwirkung lustig fort. Sommaruga war noch
vierzehn Jahre der böse Stern für Bayern. Erst mit Adelheid
von Savoyens Tode, 1676, verlor die Familie Sommaruga
ihren Einfluß und fiel der Vergessenheit anheim. Aber auch
der Greis zu Deutenhofen war über diesen Zeitläuften verschollen.
Freiherr Johann von Mandl war schon am 12. August 1666,
also vier Jahre nach dem Zusammensturze seines Glückes, ge-
storben. Seine letzten Lebenslage hatte er still und in sein
Schicksal ergeben auf Schloß Deutenhofen verbracht. Seine
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der alte Mandl"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)