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Der Keller-Arrest.

unten im Keller nahe bei's Faß handlich uffgcstellt, und nn sagte
ich zu 'r: „Millern" sagte ich „morgen frih da schmieren Se
mer ämal so ä Sticker drei bis vier Semmeln, un legen Se
mer zivee kalte Bratwärschte derzu," sagte ich, „un dann stellen
Se das Alles unten in Keller neben mei Faß Achtensechz'ger,"
sagte ich. „Un wenn Se das gemacht haben. Millern," sagte
ich, „dann gehen Se heeme, un Se dürfen ooch in ganzen
Sonndag »ich wieder kommen," sagte ich, „denn bei'n Wein-
abziehen brauche ich keenen Menschen nich, das mache ich hibsch
allcene," sagte ich.

Na, so würde Sie's also ooch. De alte Millern hatte
mer in Sonndag frih meinen Brofiand 'nunter getragen un
dann drickte se sich, wie ich's ihr gesagt hatte. Wie ich nu so
weit war, daß ich Sie in Keller 'nunter will, da dacht' ich:
's is doch wohl am Besten, wenn du Azor» lieber oben läßt
un einschließt, denn helfen kann er dir ooch nischt und hechstens
looft er noch zwischen de Flaschen 'rum un zerdäbbert sc. Also
ich rufe mein Azorchen, ich seif en, aber wer nich heert un nich
kommt das is mei Azor. Aha, denk' ich mer, der macht sich
gewiß ooch ä Sonndagsvergnigcn und is ferleicht niber zu
Schmidts ihren Budel uff ä bischen Besuch gegangen, dacht' ich.
Und da ich doch dadergege» ooch weiter nischt nich einwenden
kennen dhat, so ging ich Sic nu 'nunter in Keller, um mei feier-
lichtes Werk ganz alleene zu verrichten. Wie ich Sic nu aber
'nunter komme, da denke ich doch, ich soll gleich aus der Haut
fahren for Aerger, denn da sitzt nämlich mei Azor ganz fideele
und worgt üben 's letzte Stickchen van meine zwee kalten Brat-
wärschte hinter. De Semmeln hatte er ganz stille liegen
lassen, weil'» die vielleicht nich fett genug mit Butter geschmiert
gewesen waren. Aber nu hätten Se sollen meine Wnth sähn,
denn das is Sie doch, weeß der Herre, kec Sbnß nich, wenn
Eenen so ü Hundeviech, mir nischt dir nischt, hinterricklings
zwee kalte Bratwärschte wegfrißt? Mei Azor merkte ooch schone,
was er gesindigt hatte, denn er nahm den Schwanz zwischen
de Bccne nn kroch unter ä Faß. Aber ich dachte: warte nur,
du Karnallche, dich soll doch gleich — ich erwische dich schon
noch Zeit genug! Ich suche mer in meiner Wnth also zuerscht
ä dichtgcn Stock un dann ä langen Strick un dann hole ich
Sie meinen Azor bei'n Ohren unterm Faße vor- Nu mochte
er schone ahnen, daß es'n alleweile iber's Fell ginge, denn er
heilte und jammerte, als ob er geköppt weren sollte. Aber sühn
Se, meine Herrens, in so 'n Falle da kenne ich Sie kcene
Gnade un kee Erbarmen nich; ich nahm also den Strick un nn
band ich meinen Azor, weil mersch grade am Besten zur Hand
war, an den Hahn, den ich schon fer's Abzappen in mei Faß
Achtensechz'ger gesteckt hatte. Aber jetzund kriegte nu mei Azorchen
seine Hiebe aus'n Effeffe, so daß er immer wie nich gescheidt
an seinem Stricke hin und herhuppte. „Sichste," sagt' ich bei'm
Hauen immer zu Azorn, „nu weeßt du ooch, wie's dhnt, wenn
mer seinen Herrn zwee Bratwärschte wegfrißt; wenn du's aber
doch noch ä Mal machen solltest, da schlag ich dir wees Kncpp-
chen alle Knochen anzwee."

Aber nu denken Se sich nur, meine Herrens, wie ich also jetz
will meinen Azor noch grade seinen letzten Fisf versetzen, da

zerrte doch die Karnallche so sehre mit aller Gewalt an seinen
Strick, daß er uff eenmal den ganzen Zappen aus'n Faße reißt
un nu — was hast'e, was kannst'e! — in. Karrjähre zur
Kellertreppe nuff un fort mitzammst'n Strick un Zappen! Ich
denke doch gleich, der kalte Schlag soll mich rihren, denn nu
schoß ooch schone mei scheener Achtensechz'ger halbarmsdicke aus'n

Faß 'raus. Ä Schbnnd oder so was dergleichen hatte ich Sic
nich gleich bei der Hand un so blieb mer denn iu nieinen
Schreck gar nischt weiter nich ibrig, als daß ich mich an de Erde
vor's Faß hinkauern dhnt un meinen linken Daum' in's Schbund-
loch steckte, denn sonst wäre Sie meiner Sixcher in fiuf Minuten
der ganze scheene Wein bis uff'n letzten Droppen in'n Dreck geloofen.
Da saß ich nu da un fisf un schrie aus Leibeskräften nach
Azorn, daß er sollte wiederkommen un meinen Zappen mit-
bringen. Aber ich mochte Sie seifen un rufen so viel ich nur
konnte, mei Azor war fort und blieb fort.

Nu missen Se sich aber ä Mal meine Verzweiflung vor-
stcllcn, meine Herrens, wie ich Sie so dortkauerte vor meinen
Faße nn wie ich mit aller Forsche den Daum' in's Schbund-
loch drickte, denn so wie ich mich nur ü ganz kleenes Bischen
bewegen dhat, da kam Sie ooch schone mei Wein rausgeschbritzt.
Wie nu mei Azor trotz allen Schreien un Feifen doch nich wieder
kam,, da schrie ich nu aus Leibeskräften nach meiner alten
Millern, bis ich mich besinnen dhat, daß ich se doch selbst hatte
heite frih for'n ganzen Dag fortgeschickt. Nu liegt Sie aber
ibrigens unglicklichter Weise mei Haus ganz draußen vor der
Stadt nach der Elbe zu, wo schone in der Woche kee Verkehr
nich is nn Sonndags is es nu gleich da draußen so leer, als
wie friher in der Kerche, wenn der alte säl'ge Suberndente bred'gen
dhat. Wie ich Sie nu so ä Stundncr dreie bis viere so aus
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Keller-Arrest"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Korken
Keller
Mann <Motiv>
Wut
Flucht <Motiv>
Strahl <Motiv>
Weinfass
Stock
Leine
Treppe <Motiv>
Flüssigkeit
Karikatur
Hund <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 65.1876, Nr. 1622, S. 58
 
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