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Entsagen.

„„Die Liebe, die ich ausgeübt,

Werd' ich an Andern üben;

Den Kranken Hab' ich treu geliebt,

Werd' alle Kranken lieben.

Tritt Du in's Leben wieder ein! —

Ich. darf bei Sterbenden nur sein.""

Das war ihr letztes Scheidewort,

Dann ging sie rasch von hinnen.

An einem andern Leidensort
Neu thätig zu beginnen.

Du Heldenweib, zu dieser Frist

Hast du gewußt, was Leiden ist! l!. Keltcrbor».

Vom richtigen Gebrauch der Tinte.

Die Firma A- B. Levy seel. Wittwe Nachfolger in M.
erfreut sich in kaufmännischen Kreisen des besten Rufes, was
Solidität und Crcditfähigkeit anbetrifft, dagegen sind andrerseits
die beiden jetzigen Besitzer dieses Geschäftes, die Herren Aaron
Bär und Moses Bernstein als sehr große Chikaneure bekannt.
Die Fabrikanten, von denen genannte Herren ihre Maaren be-
ziehen, müssen stets gewärtig sein, daß ihnen auch von den auf
das Sorgfältigste ausgeführten Bestellungen unfehlbar nach einiger
Zeit ein großer Thcil als unbrauchbar oder den gehegten Er-
wartungen nicht entsprechend zurückgesendet wird. Ein Wunder
ist es, wenn die Firma A. B. Levy seel. Wittwe Nachfolger
von den bestellten Maaren nur etwa einmal den dritten Theil
oder die Hälfte zurückschickt; gar nicht selten kam es aber auch
vor, daß die ganzen Sendungen zum leicht denkbaren Aergcr
der Absender nicht angenommen wurden.

Vom richtigen Gebrauch der Tinte.

In diesem letzteren traurigen Falle befand sich nun aucl
einmal die Firma Gebrüder Baschfeld in Berlin, welche sogai
schon innerhalb kurzer Zeit drei Sendungen bestellter und sorg
fällig ausgewählter Kleiderstoffe von Levy Wittwe als „nich
verwendbar" oder „nicht dem Geschmacke entsprechend" oder all
„von zu geringer Qualität" unberührt zurückgeschickt erhalter
hatte. Bei Ankunft der dritten Rücksendung kannte jedoch de>
Zorn des älteren Herrn Jacob Baschfeld keine Grenzen mehr.
Aufgebracht stürzte er hinein in das Comptoir, wo sein Kor-
respondent, der junge Herr Müller saß. Für den Fall, das
einem oder dem anderen unserer verehrten Leser dieser urchristlich-
germanische Name in dem israelitischen Comptoir anfsallen sollte,
bemerken wir hier beiläufig, daß Baschfeld senior als Bureau-
chef sehr tolerant war und daß er oft sagte: „Ein kochuner Goi
(kluger Christ) is iner lieber wie ßwei Dumme von unsre Lait!"

„Herr Müller!" rief Baschfeld schon von Weitem seinem
Correspondenten zu, „nehmen Se mal ä Bogen Briefpapier,
mer wollen schreiben ßusammen ä Brief, was sich hat gewaschen,
an de Levy's in Breslau, weil se schicken de ganzen Waarcn
ßum dritten Male ßurück."

Müller kommt sofort dem Befehle seines Prinzipals nach.

„Wie haißt, Herr Müller! Worüm nehmen Se ä Bogen
von unser feinstes Viliubriefpapier, wenn mer wollen schreiben an
so ä ordinäres Haus?" ruft Baschfeld aufgebracht- „Nehmen
Se ä Bogen von de schlechteste Sorte Ausschuß, un wenn ßü-
fällig etwa draus is schon ü Tintenfleckche, so schadet's nach
weiter nix!"

Ein entsprechender Ausschußbriefbogen, wenn auch ohne
obligaten Tintenfleck, ist gefiniden und Baschfeld beginnt zu
dictiren:

„An de seligen Nachfolger von Herrn A- B- Levy's
Wittwe in Breslau!

Se brauchen nich so hübsch kalligraphisch ßu schreiben,
Herr Müller, denn bei ä groben Geschäftsbrief muß auch schon
in de Handschrift de Grobheit ßu erkennen ßu sein. — Haben
Se de Jbcrschrift, Herr Müller? Gut — daun schreiben Se
weiter! Also —

Ihr sehr geehrtes Schreiben vom ßwelften dieses
Correntis haben mer erhalten nn mer haben uns
sehr gewundert, wie es kann geben so gemaine
Saite, was schreiben kennen so unverschämte
Briefe, Einer an den Andern. —

Haben Se das, Herr Müller?"

Müller hätte gegen diese überaus kräftige Form der Aus-
drücke gern etwas eingewendet, allein er wußte schon, daß dieß
keinen Erfolg gehabt und nur den Zorn seines Prinzipals im
höchsten Grade erregt haben würde. Er bejahte deshalb einfach
Baschfelds Frage und folgte ebenso willig dessen Aufforderung,
das bisher Geschriebene vorzulesen.

„Schön, ganz gut," sagte hierauf mit großer Selbst-
zufriedenheit Baschfeld; „aber wissen Se was, Herr Müller,
unterstreichen Se de „gemainen Saite" un de „unverschämten
Briefe", weil das dann macht noch viel mehr Wirkung. — Nu
schreiben Sc weiter:
Bildbeschreibung

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Titel/Objekt
"Vom richtigen Gebrauch der Tinte"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Werktitel/Werkverzeichnis

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Entstehungsort (GND)
München

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Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Aufforderung
Beschwerdebrief
Korrespondent
Wut <Motiv>
Juden
Karikatur
Büro <Motiv>
Satirische Zeitschrift

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Fliegende Blätter, 65.1876, Nr. 1627, S. 98
 
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