Fliegende Blätter (65.1876 (Nr. 1615-1640))

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Befolgter Rath.

In einer kleinen Stadt, die wegen ihrer hübschen Lage
von vielen Pensionisten bewohnt wird, kommt ein wohlhabender
Gutsbesitzer zu seinem Advokaten. — „Wie Sie wissen, habe ich
Mein Gut verkauft. Ich will mich nun hier zur Ruhe setzen;
es ist aber absolut keine anständige Wohnung zu bekommen,
Mas soll ich thun?" — „Nichts leichter als das; sobald Ihnen
irgend eine Wohnung gefällt, gehen Sic zum Hausbesitzer und

offeriren ihm für das betreffende Quartier 200 Mark mehr,
als der jetzige Inhaber Miethe zahlt und die Wohnung gehört
Ihnen." — Der Gutsbesitzer verfährt genau nach dieser Vor-
schrift. Den folgenden Tag geht er zum Advokaten zurück.
— Advokat: „Nun, haben Sie meinen Vorschlag befolgt?" —-
Gutsbesitzer: „Jawohl, ich danke Ihnen für Ihren gütigen
Rath — ich habe jetzt eine Wohnung und zwar die — Ihre!"

Das Schrecklichste.

1. Blasirter: „Ach, lieber Freund, es ist doch eine schreck-
liche Stunde im Leben, wenn man zu der Einsicht kommt, daß
Liebe, Ehre, Ruhm u. s. w. nicht so viel werth sind, wie eine
gute Cigarre!" — 2. Blasirter: „Ja — noch viel schreck-
licher aber ist's, wenn man wahrnimmt, daß die Cigarre
vnch nichts taugt!"

Der Hirtenknabe.

(Ein Idyll.)

Du kleiner Hirtenknabe, du wildes braunes Kind,

Verbrannt vom Strahl der Sonne, zerzaust von Sturm und

Wind!

Von erster Morgenfrühe bis in die dunkle Nacht,

Hältst du voll treuer Sorge bei deiner Heerde Wacht!

Zerrissen Hemd und Hose, zerlöchert Jack' und Hut!

Du starrst mich an, anS Lumpen, Du armes junges Blut!
Kein Vater, keine Mutter, kein Freund erbarmt sich dein,
Stehst ans der Welt alleine, du armes Waiselein!

Kein Geld und kein Vergnügen, viel Schläge, tvenig Rast:

So lernst du frühe fühlen des Daseins bitt're Last.

O, dich ihr ihn doch sähet, damit ihr Alle wißt:

Wie dieser Hirtenknabe der Armen Aermstcr ist!

Doch nein! Der Reichen Reichster! Denn nicht läßt, wie

man sicht,

Für alles Gold sich kaufen —

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