38 Leget kein falsch' Zcugniß
Thätigkeit und Befähigung von dem Magistrat ausstcllen. Da
leuchtete dem Letzteren ein, daß jetzt die Gelegenheit gekommen
sei, den ungeschickten Beamten zu entfernen. Man beschloß,
demselben ein so glänzendes Zeugniß auszustellen, daß es sich
jede Stadt zu Ehr' und Vortheil anrechnen mußte, ein solches
Muster von einem Polizeiches zu besitzen. In dem Zeugniß war
gar rührend zu lesen, „wie unentbehrlich sich der Mann gemacht
habe, der mit Eifer und Hingebung seines Amtes gewaltet, so
daß man ihn nur mit schwerem Herzen ziehen lasse." Der Polizei-
chef hat sich trotz seines Berufes ein gefühlvolles Herz bewahrt;
er ist gerührt, ergriffen, hingerissen von der glänzenden Vertrauens-
bezeugung seiner Mitbürger, — so sehr, daß er die 150 Mark
ab wider Euer» Nächsten.
Gehaltsvermehrung, mitsammt der freien Dienstwohnung nebst
herrlicher Aussicht, die ihm angeboten sind, vergißt und frohen
Herzens vor den Magistrat tritt, um ihm zu eröffnen: „Nun
wohlan, wenn Ihr mich so ungern scheiden seht, so sei es denn:
Ich bleibe hier, ich will Euch nicht verlassen!" — Während
der gerührte Polizeichef nach dieser Erklärung eine ergebene und
lange Verbeugung machte, zeichnete die Sonne, die wie in
freudiger Erregung über die herrliche Scene ihre wärmsten und
glänzendsten Strahlen zu den Fenstern des Rathhaussaales herein-
warf, in grotesker Vergrößerung die länger werdenden Nasen
und komisch verzogenen Profile der Gesichter der Rathsherren
an die weißen Kalkwände des Saales. ^ ^
Familienanlage.
Der Vater war ein Halunke,
Erst halt' er die Weiber lieb.
Dann ergab er sich dem Trünke
Und wurde zuletzt ein Dieb.
Er nahm, was er erwischte,
Ein Gauner ohne Wahl,
Nach einigen Jahren Zuchthaus
Verstarb er im Spital.
Der Sohn der hat's im Stehlen
Schon etwas weiter gebracht,
Der stiehlt nur Gold und Juwelen,
Bei Tag und nie bei Nacht.
Er ist Lakai, heißt Friedrich,
Man hat ihn unendlich gern;
Er ist mit seinem Dietrich
Anhänglich sehr seinem Herrn.
Wenn das Geschäft sich verfeinert
So fort von Sohn zu Sohn,
So wird des Friedrichs Enkel
Am End' noch ein „Gründer-Baron."
v. Miris.
Thätigkeit und Befähigung von dem Magistrat ausstcllen. Da
leuchtete dem Letzteren ein, daß jetzt die Gelegenheit gekommen
sei, den ungeschickten Beamten zu entfernen. Man beschloß,
demselben ein so glänzendes Zeugniß auszustellen, daß es sich
jede Stadt zu Ehr' und Vortheil anrechnen mußte, ein solches
Muster von einem Polizeiches zu besitzen. In dem Zeugniß war
gar rührend zu lesen, „wie unentbehrlich sich der Mann gemacht
habe, der mit Eifer und Hingebung seines Amtes gewaltet, so
daß man ihn nur mit schwerem Herzen ziehen lasse." Der Polizei-
chef hat sich trotz seines Berufes ein gefühlvolles Herz bewahrt;
er ist gerührt, ergriffen, hingerissen von der glänzenden Vertrauens-
bezeugung seiner Mitbürger, — so sehr, daß er die 150 Mark
ab wider Euer» Nächsten.
Gehaltsvermehrung, mitsammt der freien Dienstwohnung nebst
herrlicher Aussicht, die ihm angeboten sind, vergißt und frohen
Herzens vor den Magistrat tritt, um ihm zu eröffnen: „Nun
wohlan, wenn Ihr mich so ungern scheiden seht, so sei es denn:
Ich bleibe hier, ich will Euch nicht verlassen!" — Während
der gerührte Polizeichef nach dieser Erklärung eine ergebene und
lange Verbeugung machte, zeichnete die Sonne, die wie in
freudiger Erregung über die herrliche Scene ihre wärmsten und
glänzendsten Strahlen zu den Fenstern des Rathhaussaales herein-
warf, in grotesker Vergrößerung die länger werdenden Nasen
und komisch verzogenen Profile der Gesichter der Rathsherren
an die weißen Kalkwände des Saales. ^ ^
Familienanlage.
Der Vater war ein Halunke,
Erst halt' er die Weiber lieb.
Dann ergab er sich dem Trünke
Und wurde zuletzt ein Dieb.
Er nahm, was er erwischte,
Ein Gauner ohne Wahl,
Nach einigen Jahren Zuchthaus
Verstarb er im Spital.
Der Sohn der hat's im Stehlen
Schon etwas weiter gebracht,
Der stiehlt nur Gold und Juwelen,
Bei Tag und nie bei Nacht.
Er ist Lakai, heißt Friedrich,
Man hat ihn unendlich gern;
Er ist mit seinem Dietrich
Anhänglich sehr seinem Herrn.
Wenn das Geschäft sich verfeinert
So fort von Sohn zu Sohn,
So wird des Friedrichs Enkel
Am End' noch ein „Gründer-Baron."
v. Miris.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Familienanlage"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Schublade <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 65.1876, Nr. 1619, S. 38
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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg