DIE ARCHITEKTUR DES ALTARES
DIE WERKSTÜCKE DER SOCKEL DES UNTER- UND OBERGESCHOSSES
Ulrike Muss
Im Folgenden werden zuerst diejenigen Werkstücke besprochen, die nach den bis heute vorliegenden Rekonstruktionsvorschlägen den Sok-
kel des Altaraufbaues gebildet haben, auf dem die Säulenarchitektur stand. Da einige der in älteren Rekonstruktionen dem Untergeschoss zu-
gewiesenen Werkstücke jetzt dem Obergeschoss zugeordnet werden können, ßnden sich die entsprechenden Katalogtexte bei den Werkstük-
ken des Obergeschosses.
Der älteste Rekonstruktionsvorschlag zum Sockel stammt von W. Wilberg, bei dem über einer Eutyntherie (in Form von Stylobatplatten)
,Fußprofile4 angebracht sind. Mit diesen sind wahrscheinlich die hier mit Kat.-Nr. 15-35 vorgelegten Profile gemeint. Darüber liegt ein un-
gegliederter Orthostatensockel, der offenbar nicht mit Werkstücken gesichert ist, dieser schließt mit einem Deckprofil (Dl) ab. Darüber liegt
eine Stufe (vgl. Wilberg 1396/8), auf der die Plinthe mit dem Säulenaufbau steht.
Der später von Max Theuer gezeichnete Aufbau des Sockels schließt sich dem von Wilberg an191.
Der von A. Bammer vorgeschlagene Aufbau des Sockels stellt über einem Toichobat (B 1), der die Abdrücke von Latten aufweist, einen Lat-
tenzaun in Form von Orthostaten (O 1, O 2, O 3); darüber liegt eine Deckplatte (D 1), die eine Innenecke aufweist. Hierüber wird ein Mäan-
derfries (M 1-8) angebracht und über diesem liegt der Fries, von dem mit dem Amazonenrelief (Fl) eine Innenecke erhalten ist. Über dem
Fries liegt die mit E 1 erhaltene Epikranitis.
Die von ihm im Sockel des Untergeschosses angebrachten Lattenzäune und die wegen der Abdrücke der Latten zugehörigen Fuß- und Deck-
profile sind in der Rekonstruktion von Wilberg - Schrader und Theuer im Obergeschoss hinter den Säulen als eine Art Balustrade angebracht.
Auf einen Vorschlag zur Anbringung des Amazonenreliefs wird bei diesen Zeichnungen wohl wegen der Schwierigkeiten bei einer Anbrin-
gung des Reliefs zwischen den Säulen verzichtet.
Bereits W. Dörpfeld hatte aber in seinem Brief an H. Schrader für eine Anbringung des Amazonenreliefs unabhängig von einer Säulenstel-
lung plädiert (s. S. 154, Blatt 8). Auf den Gedanken, den Orthostaten-Lattenzaun im Säulengeschoss anzuordnen kamen Wilberg und Schra-
der offenbar auch deshalb, weil das Fußprofil B 1 eine Abarbeitung aufweist, die man als Ausarbeitung für eine Säulenplinthe interpretieren
kann. Dem Schnitt in ihrer Rekonstruktionszeichnung ist zu entnehmen, daß sie die Lattenzäune auch dort anbringen, wo kein Pteron exi-
stiert, nämlich an der Außenseite des Gebäudes, wodurch ein deutlicher Konflikt mit den Säulen entsteht.
Bei der Rekonstruktion des Sockels des Untergeschosses von A. Bammer bleibt die Aufeinanderfolge von Lattenzaun, Mäander und Fries
mit dem Amazonenrelief unbewiesen, folgt aber der Konzeption anderer kleinasiatischer Denkmäler mit hohem Sockel und Figurenfries, wie
dem Nereidenmonument von Xanthos und dem Mausoleum von Halikamass. Bei keinem der genannten Denkmäler existiert zwar ein Sockel
mit Mäanderfries, offenbar zu einem solchen Sockel gehören die - wohl auch aus griechischer Zeit stammenden - Mäander aus dem oikoi ge-
nannten Gebäudekomplex in Labraunda192 (vgl. S. 50f.) und ein solcher findet sich auch in der Wandgliederung des Pterons des Artemisions
von Magnesia193. Einem oberen Wandprofil zugewiesen wird ein parischer Mäander mit oberem Profil, der an den Anfang des 4. Jhs. v. Chr.
datiert wird194.
Ein einzelnes, anderes Werkstück des Sockels des Untergeschosses ist mit Art. 69/1 erhalten, das von der Stirnwand einer Mauer stammen
dürfte, der Stein könnte an das Ende der Zungenmauer des Altares gehören, die westlich der Rampe liegt (im Plan Nr. 14).
Nachdem die Zugehörigkeit der Fußprofile naheliegt, wird hier jetzt ihre Anbringung als Fuß der Blendmauer des Säulengeschosses vorge-
schlagen.
Die grundsätzliche Zusammengehörigkeit von B 1, D 1 und den Orthostaten O 1 und O 2 ist gesichert, da auf B 1 und D 1 die Abdrücke der
Orthostaten vorhanden sind.
Die in der Rekonstruktion im Wiener Ephesos-Museum zusammengefügten Steine O 1 und D 1 können ursprünglich nicht zusammengehört
haben, da D 1 ein Eckblock ist. Die Abdrücke auf der Unterseite von D 1 zeigen, daß beide Seiten mit einer Latte begonnen haben, während O
1 links mit Lücke beginnt und mit Latte abschließt.
Das auffällige Charakteristikum der Orthostaten sind ihre vertikal geteilten Latten, die eine Lisenengliederung (aus Holz?) nachahmen.
Beim hellenistischen Palast von Vergina existiert ebenfalls ein Fragment aus Stein, welches eine Konstruktion aus Holzlatten nachahmt195.
Das Motiv der Lisenengliederung findet aber bereits bei Terrakotta-Wandverkleidungen des 6. Jhs. v. Chr. in Etrurien Verwendung196. Ob hier
auch die Assoziation „Lattenzaun“ gemeint ist, kann natürlich nicht bewiesen werden, sicher ist nur, daß das unter den Figuren angebrachte
Streifenmuster etwas über die Gliederung der Wand aussagt.
191 Auf den meisten Skizzen wird „nach Wilberg-Schrader“ vermerkt, offenbar sind diese
Vorschläge von beiden gemeinsam durchdacht worden.
192 s. u. Anm. 216.
193 C. Humann u. a., Magnesia am Mäander (1904) 72ff. 75, Abb. 66.
194 G. Gruben, AA 1982, 645 Abb. 17. Aus römischer Zeit sind Mäanderfriese z. B. be-
kannt beim Aphroditetempel von Aphrodisias und beim Zeustempel von Aizanoi
(R. Naumann, der Zeustempel von Aizanoi (1979). Figuren über Mäandern finden sich
bei der Ara Pacis in Rom (E. Simon, Augustus (1986) 31 ff. Abb. 26, 29) und beim Se-
basteion in Aphrodisias (U. Outschar in: Aphrodisias de Carie, Colloque du Centre de
recherches archeologiques de l’Universite de Lille Hl, 13. Nov. 1985 (1987) 107ff.
Abb. 8; K. T. Erim, Aphrodisias (1986) 159.
195 M. Andronikos, To Anaktoro tes Verginas (griech.) (1961) 20; G. Bakalakis, in: Essays
in Memory of K. Lehmann (1964) 28f. Abb. 5; allerdings scheinen die Latten hier eine
horizontale Gliederung aufzuweisen und keine vertikale, wie die ephesischen Latten-
zäune. Vgl. auch A. H. Borbein, Jdl 90,1975, 249ff.
196 Borbein a. a. O.; F. Roncalli, Le Lastre dipinte da Cerveteri (1965) 76f.; Taf. 1,2-5,71
8,13-15,22. Auf einem Grabcippus des 5. Jhs. aus Chiusi ist mit dem Lattenzaunmotiv
offenbar ein Holzzaun gemeint. Borbein a. O. 250; G. Q. Gigliogli, L’arte etrusca (1935)
Taf. 149. Vgl. F. Eichler bei A. Bammer in: Festschrift Eichler 21.
186-211
152,153
145-147
148-151 Textabb. 16
152,153,160-178
361,158
145,146
480
156,157
154,155
45
DIE WERKSTÜCKE DER SOCKEL DES UNTER- UND OBERGESCHOSSES
Ulrike Muss
Im Folgenden werden zuerst diejenigen Werkstücke besprochen, die nach den bis heute vorliegenden Rekonstruktionsvorschlägen den Sok-
kel des Altaraufbaues gebildet haben, auf dem die Säulenarchitektur stand. Da einige der in älteren Rekonstruktionen dem Untergeschoss zu-
gewiesenen Werkstücke jetzt dem Obergeschoss zugeordnet werden können, ßnden sich die entsprechenden Katalogtexte bei den Werkstük-
ken des Obergeschosses.
Der älteste Rekonstruktionsvorschlag zum Sockel stammt von W. Wilberg, bei dem über einer Eutyntherie (in Form von Stylobatplatten)
,Fußprofile4 angebracht sind. Mit diesen sind wahrscheinlich die hier mit Kat.-Nr. 15-35 vorgelegten Profile gemeint. Darüber liegt ein un-
gegliederter Orthostatensockel, der offenbar nicht mit Werkstücken gesichert ist, dieser schließt mit einem Deckprofil (Dl) ab. Darüber liegt
eine Stufe (vgl. Wilberg 1396/8), auf der die Plinthe mit dem Säulenaufbau steht.
Der später von Max Theuer gezeichnete Aufbau des Sockels schließt sich dem von Wilberg an191.
Der von A. Bammer vorgeschlagene Aufbau des Sockels stellt über einem Toichobat (B 1), der die Abdrücke von Latten aufweist, einen Lat-
tenzaun in Form von Orthostaten (O 1, O 2, O 3); darüber liegt eine Deckplatte (D 1), die eine Innenecke aufweist. Hierüber wird ein Mäan-
derfries (M 1-8) angebracht und über diesem liegt der Fries, von dem mit dem Amazonenrelief (Fl) eine Innenecke erhalten ist. Über dem
Fries liegt die mit E 1 erhaltene Epikranitis.
Die von ihm im Sockel des Untergeschosses angebrachten Lattenzäune und die wegen der Abdrücke der Latten zugehörigen Fuß- und Deck-
profile sind in der Rekonstruktion von Wilberg - Schrader und Theuer im Obergeschoss hinter den Säulen als eine Art Balustrade angebracht.
Auf einen Vorschlag zur Anbringung des Amazonenreliefs wird bei diesen Zeichnungen wohl wegen der Schwierigkeiten bei einer Anbrin-
gung des Reliefs zwischen den Säulen verzichtet.
Bereits W. Dörpfeld hatte aber in seinem Brief an H. Schrader für eine Anbringung des Amazonenreliefs unabhängig von einer Säulenstel-
lung plädiert (s. S. 154, Blatt 8). Auf den Gedanken, den Orthostaten-Lattenzaun im Säulengeschoss anzuordnen kamen Wilberg und Schra-
der offenbar auch deshalb, weil das Fußprofil B 1 eine Abarbeitung aufweist, die man als Ausarbeitung für eine Säulenplinthe interpretieren
kann. Dem Schnitt in ihrer Rekonstruktionszeichnung ist zu entnehmen, daß sie die Lattenzäune auch dort anbringen, wo kein Pteron exi-
stiert, nämlich an der Außenseite des Gebäudes, wodurch ein deutlicher Konflikt mit den Säulen entsteht.
Bei der Rekonstruktion des Sockels des Untergeschosses von A. Bammer bleibt die Aufeinanderfolge von Lattenzaun, Mäander und Fries
mit dem Amazonenrelief unbewiesen, folgt aber der Konzeption anderer kleinasiatischer Denkmäler mit hohem Sockel und Figurenfries, wie
dem Nereidenmonument von Xanthos und dem Mausoleum von Halikamass. Bei keinem der genannten Denkmäler existiert zwar ein Sockel
mit Mäanderfries, offenbar zu einem solchen Sockel gehören die - wohl auch aus griechischer Zeit stammenden - Mäander aus dem oikoi ge-
nannten Gebäudekomplex in Labraunda192 (vgl. S. 50f.) und ein solcher findet sich auch in der Wandgliederung des Pterons des Artemisions
von Magnesia193. Einem oberen Wandprofil zugewiesen wird ein parischer Mäander mit oberem Profil, der an den Anfang des 4. Jhs. v. Chr.
datiert wird194.
Ein einzelnes, anderes Werkstück des Sockels des Untergeschosses ist mit Art. 69/1 erhalten, das von der Stirnwand einer Mauer stammen
dürfte, der Stein könnte an das Ende der Zungenmauer des Altares gehören, die westlich der Rampe liegt (im Plan Nr. 14).
Nachdem die Zugehörigkeit der Fußprofile naheliegt, wird hier jetzt ihre Anbringung als Fuß der Blendmauer des Säulengeschosses vorge-
schlagen.
Die grundsätzliche Zusammengehörigkeit von B 1, D 1 und den Orthostaten O 1 und O 2 ist gesichert, da auf B 1 und D 1 die Abdrücke der
Orthostaten vorhanden sind.
Die in der Rekonstruktion im Wiener Ephesos-Museum zusammengefügten Steine O 1 und D 1 können ursprünglich nicht zusammengehört
haben, da D 1 ein Eckblock ist. Die Abdrücke auf der Unterseite von D 1 zeigen, daß beide Seiten mit einer Latte begonnen haben, während O
1 links mit Lücke beginnt und mit Latte abschließt.
Das auffällige Charakteristikum der Orthostaten sind ihre vertikal geteilten Latten, die eine Lisenengliederung (aus Holz?) nachahmen.
Beim hellenistischen Palast von Vergina existiert ebenfalls ein Fragment aus Stein, welches eine Konstruktion aus Holzlatten nachahmt195.
Das Motiv der Lisenengliederung findet aber bereits bei Terrakotta-Wandverkleidungen des 6. Jhs. v. Chr. in Etrurien Verwendung196. Ob hier
auch die Assoziation „Lattenzaun“ gemeint ist, kann natürlich nicht bewiesen werden, sicher ist nur, daß das unter den Figuren angebrachte
Streifenmuster etwas über die Gliederung der Wand aussagt.
191 Auf den meisten Skizzen wird „nach Wilberg-Schrader“ vermerkt, offenbar sind diese
Vorschläge von beiden gemeinsam durchdacht worden.
192 s. u. Anm. 216.
193 C. Humann u. a., Magnesia am Mäander (1904) 72ff. 75, Abb. 66.
194 G. Gruben, AA 1982, 645 Abb. 17. Aus römischer Zeit sind Mäanderfriese z. B. be-
kannt beim Aphroditetempel von Aphrodisias und beim Zeustempel von Aizanoi
(R. Naumann, der Zeustempel von Aizanoi (1979). Figuren über Mäandern finden sich
bei der Ara Pacis in Rom (E. Simon, Augustus (1986) 31 ff. Abb. 26, 29) und beim Se-
basteion in Aphrodisias (U. Outschar in: Aphrodisias de Carie, Colloque du Centre de
recherches archeologiques de l’Universite de Lille Hl, 13. Nov. 1985 (1987) 107ff.
Abb. 8; K. T. Erim, Aphrodisias (1986) 159.
195 M. Andronikos, To Anaktoro tes Verginas (griech.) (1961) 20; G. Bakalakis, in: Essays
in Memory of K. Lehmann (1964) 28f. Abb. 5; allerdings scheinen die Latten hier eine
horizontale Gliederung aufzuweisen und keine vertikale, wie die ephesischen Latten-
zäune. Vgl. auch A. H. Borbein, Jdl 90,1975, 249ff.
196 Borbein a. a. O.; F. Roncalli, Le Lastre dipinte da Cerveteri (1965) 76f.; Taf. 1,2-5,71
8,13-15,22. Auf einem Grabcippus des 5. Jhs. aus Chiusi ist mit dem Lattenzaunmotiv
offenbar ein Holzzaun gemeint. Borbein a. O. 250; G. Q. Gigliogli, L’arte etrusca (1935)
Taf. 149. Vgl. F. Eichler bei A. Bammer in: Festschrift Eichler 21.
186-211
152,153
145-147
148-151 Textabb. 16
152,153,160-178
361,158
145,146
480
156,157
154,155
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