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Frankfurter Latern — 3.1862

DOI issue:
No. 16 (6. Mai 1862)
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https://doi.org/10.11588/diglit.49907#0065
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Jllnstrirtes-satyrischcs, humoristisch-lyrisches, kritisch-raisonnircndes, ästhetisch-anuoncircndcs
Wochenblatt, wo die Woch' zehn Tage hat.


16.

Irankfurt a. M, «. Mai 18K2.

Dritter Jahrgang.

Diese Laterne wird im s. Quartal 18SS an folgenden Abenden angesteckt werden: am s„ 17., LS. April, 8., IS., LZ., 31. Mai, 10., 19. und so. Juni, wovon zwei Nummern Doppel«
nummern werden. — Da« Laternengeld beträgt per Quartal, sowohl hier als durch die Post bezogen, nur 1 fl. 12 kr. oder 21 Sgr. — Mall adonnirt bei allen Postämtern und Buchhandlungen.—
Eine einzelne Laterne kostet s kr. Beiträge, sowohl literariscke al« artistische, werden angenommen und anständig honorirt.

Nemesis.
Eine moderne Ballade.

Viel Plaisir und wenig Geld,
W^MZwei tapfere Leutenante,
Die zogen in die neue Welt
Als glücklich Durchgebranntc;
Zwei kühne Recken, hoch belobt,
Die ihren Heldenmuth erprobt
An einem Hausknecht hatten.
Zum Ruhm von Hermanns Schatten.

Von neuem Glanz und hohem Lohn
Süß träumte ihre Seele;
Sie sahen sich im Geiste schon
Als Bundesgenerälc.
Solch Heldcnpaar, sie rechnen drauf.
Das nimmt mit offnen Armen auf
Und lautem Jubelschreie
Amerika, das freie.
Und stolz betraten sic den Strand,
Wie Richard den zu Joppe:
Wir sind die jroßen Leutcnant,
Der Putzki und der Sobbe!
Wo ist der Bundespräsident?
Der's übrigens schon wissen könnt.
Daß Sobbe anjekommen
Und über d'Meer jrschwommen.

Und wie er also sich genannt.
Der kühne Hansknechtwürger,
Da mit Verachtung abgcwandt
Hat sich der freie Bürger:
„Das ist kein ehrlicher Soldat!
Als Bandcnchef im Kirchenstaat
Soll der sich werben lassen.
Denn dahin mag er passen!"
Und wo das Paar sich sehen ließ
In Städten oder Oertern,
Da mit gerechtem Abscheu wies
Dir Thüre man den Mördern.
Ihr bischen Geld, das schmolz und schmolz.
Und Noth bricht allen Ritterstolz;
Der Hunger in den Mägen
Zähmt auch die wildsten Degen.
Und, ach, zuletzt ging's gar so knapp
Den beiden Lcutenannten!
Sie schnitten sich die Bärte ab
Daß nicht die Leut' sie kannten
Und trennten sich in größter Noth,
Und jeder mußt' ums täglich Brod,
O Nemesis auf Erden!
Zuletzt noch — Hausknecht werden.

Und jüngst, als Sobbe, schmal und blaß,
'nen Besen trug statt Degen,
Da kam in einer engen Gaß
Der Putzki ihm entgegen;
Er schob mit Koffern einen Karr'n
Und drückte dran sich fast zum Narr'n,
Und keuchte sehr bedeutend
Und war entstellt und leidend.
Und Keiner nicht den Andern kennt.
So war ihr Glanz erblichen,
Und Sobbe schrie: Kreuzsakerment!
Dn Schlingel! ausgcwichen!
Doch Putzki rief: „Selbst Schlingel Du!
Hotel l'Union fährt grade zu,
Drnm Platz gemacht, ihr Schweine!"
Und fuhr ihm in die Beine.
Doch Sobbe warf mit Löwenmnth
Bei Seite seinen Besen,
Die alte böse Hansknechtwuth
Erfüllte all sein Wesen.
Und zog ein jeder seinen Kneib
Und stach dem andern in den Leib,
Schwamm dann in seinem Blute,
Und waren Beide — tudte!
 
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