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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 2): Denkmäler des Mittelalters, Erste bis fünfte Abtheilung — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3502#0232

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Der Dom in Trier.

Trier war schon vor römischer Herrschaft als Hauptstadt der tapferen Trevirer wichtig, noch wichtiger
wurde es unter den Römern als Hauptstadt des belgischen Galliens; gegen Ende des dritten Jahrhunderts
nahmen die Kaiser oder ihre Cäsaren oft hier ihre Residenz. Kaiser Konstantin der Grosse wird als der
zweite Erbauer, als der Vergrösserer und Verschönerer von Trier gepriesen, er und seine sechs unmittel-
baren Nachfolger hatten bis zum Jahre 390 ihren gewöhnlichen Aufenthalt daselbst. Mehrere Hauptstrassen
gingen von Trier nach den entferntesten Gegenden des römischen Reichs, hier war eine der sechs Münz-
stätten des weströmischen Reichs, eine Fabrik, wo Frauen Wolle spannen und Tücher für die Armen
webten (Gynaeceum), hier waren Waffenfabriken und eine kaiserliche Schule (Schola palatina) etc. An dieser
und anderen Schulen waren berühmte Lehrer angestellt und Bildung jeder Art wurde in Trier einheimisch.

Das Christenthum scheint nicht vor dem dritten Jahrhundert in Trier und Umgegend Eingang gefunden
zu haben, indess haben uns die Gesta Trevirorum") die Sage von der Stiftung einer Kirche von dem
triersehen Bischof Eucharius um das Jahr 73 aufbewahrt. Diese ist in so früher Zeit zu bezweifeln.
Wann überhaupt die ersten Kirchen in Trier gebaut wurden, wissen wir nicht, und erfahren aus einer
Stelle in der Apologie des heiligen Athanasius, der sechs Jahre in Trier zubrachte, nur so viel, dass
während der Regierung Konstantins des Grossen und um das Jahr 336 in Trier Kirchen gebaut wurden.**)
Zwar soll schon einige Jahre früher, wie uns die Gesta Trevirorum***) berichten, der heilige Agriüus,
als er im Jahre 328 Vorsteher der Christengemeinde zu Trier geworden war, den Palast der Kaiserin
Helena dem Apostel Petrus zu Ehren zur Kirche geweiht und dieselbe zur Metropolitankirche der trierschen
Christengemeinde bestimmt haben, mit welcher Nachricht Hincmar, Bischof von Rheims (im IX Jahrhundert)
in einer Stelle seiner Lebensgeschichte der heiligen Helena übereinstimmt, f)

Nun zeigt uns der heutige Dom in Trier in seinem ältesten Theile, der durch das Querschiff und die
beiden demselben gegen Osten und Westen zunächst liegenden Traveen bestimmt wird, ein Bauwerk von
römischer Technik und von quadratischer Grundgestalt von 132 Fuss 8 Zoll äusserer, und 121 Fuss 8 Zoll innerer
Länge und Breite, dem sich gegen Osten wahrscheinlich eine halbkreisrunde Tribüne anschloss. Dieser Theil
sondert sich nach Chr. W. Schmidt's gewissenhaften und fleissigen Untersuchungenft) von dem westlicher
gelegenen Theile des Domes durch eine an der Südseite sichtbare senkrechte Fuge in der Mauer ab, die
von unten bis zum Dache geht, indem hier die Steine nicht miteinander im Verbände stehen, welche gewiss
auch an der correspondirenden Stelle an der Nordseite sichtbar sein würde, wenn sie hier nicht, und
wahrscheinlich aus diesem Grunde, durch einen breiten wenig vorspringenden Mauerpfeiler maskirt wäre.
Die Structur der Mauern dieses Westtheils ist zwar im Wesentlichen noch die römische, unterscheidet
sich jedoch von der der Ostseite, wie wir dies weiter unten näher angeben werden. Aus einer Stelle der
Gesta Trevirorum fft) erfahren wir weiter, dass der vorerwähnte älteste Theil des Domes im Innern vier
Marmor- oder richtiger Granitsäulen hatte, die später — im elften Jahrhundert — zu Pfeilern ummauert
wurden. Diese Granitsäulen, die etwa 46 Fuss hoch gewesen sein müssen, waren in der Mitte des
quadratischen Raumes in ein Quadrat und in einer Entfernung von 57 Fuss von Axe zu Axe gestellt,
und trugen Gurtbogen, die sich im weiteren Halbkreisbogen von Säule zu Säule, und im engeren von den
Säulen nach den Unifassungswänden hinspannten, wo sie von Pilastern aufgenommen wurden, so dass
also vier Gurtbogen auf jeder Säule zusammentrafen und von ihr getragen wurden. Diese Gurtbogen
dienten mit ihrer Uebermauerung zur Unterstützung der Decke, die vielleicht eine hölzerne und vom Fuss-
boden etwa 80 Fuss entfernt war. Dass die vier Säulen korinthische gewesen, zeigt sich an den im
Mauerwerk der Pfeiler des Mittelschiffs des Domes noch an ihren ursprünglichen Stellen sichtbaren Pilaster-
capitellen ftff) (m. s. unsere den Längendurchschnitt des Domes darstellende Bildtafel), aus deren Entfernung

*) Cap. 26 der Ausgabe von 1836.
" *) „Hoc et Treviris factum vidi, nam et illic diebus festis, ob multitudinem, cum adhuc teuipla aedificarentur, congregabantur fideles."
•**) Cap. 31.

f) ,,B. Helena, oriunda Trevirensis, tantae fnit nobilitatis secundum honestatem et dignitatem praesentis vitae, ut pene tota
ingentis magnitudinis civitas computaretur in agrum eins praediis; quod usque hodie demonstrat domus eius facta Ecclesiae
pars maxima, in honorem B. Petri apostolorum principis, in sedem Episcopalem Metropolis dicata, adeo ut vocetur et sit
prima sedes Galliae Belgicae." Weiter werden hier noch in pomphafter Beschreibung zwei Schlafgemächer der Kaiserin
erwähnt, von grosser Pracht, mit bunten Mosaikfussböden, mit Gold belegten Wänden und prächtigen Decken.
-J--J-) M. s. dessen Baudenkmale der römischen Periode und des Mittelalters in Trier und seiner Umgebung. II Lief. Trier 1839.
|fi) Cap. 56.
ittt) Die auf unserem Grundriss in den betreffenden Pfeilern eingezeichneten und mit dunkler Schaffirung hervorgehobenen
Kreise als Grundrisse von Säulen sind daher an diesen Stellen irrthümlich — denn hier befanden sich Pilaster — und sind
nach den vier ihnen zunächst liegenden inneren Pfeilern zu versetzen.
Denkmäler der Baukunst. CXIII. Lieferung. ©er iBom in Stier, l.
 
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