Die Krypten von Lastingham, Oxford und Issoire.
Krypte nennt man einen gewölbten unterirdischen Raum in einer Kirche oder Kapelle, der entweder
zum Gottesdienst oder zum Begräbniss bestimmt ist. Das Wort Krypte ist von dem griechischen xQimra>,
ich verberge, abgeleitet und diese Bedeutung des Wortes erklärt Art und Lage der Krypten.
In der Umgegend von Rom und einigen anderen Städten Italiens giebt es Steinbrüche in der Puzzolane,
die schon seit langer Zeit nicht mehr als solche benutzt werden, und deren zahlreiche Gänge ein wahres
Labyrinth bilden. Hieher flüchteten sich die ersten Christen um ihren Gottesdienst zu feiern, hier begruben
sie ihre Todten. Aber unter diesen Todten gab es oft muthige Bekenner ihres Glaubens, deren Stirne die
Krone des Märtyrers schmückte und deren Gebeine daher Gegenstand ganz besonderer Verehrung wurden.
Man errichtete ihnen Grabstätten, die bald zu Altären für den Gottesdienst wurden. Die Orte, wo sie
sich befanden, wurden daher zu wirkliche Kapellen umgestaltet, die man mit allen für den Gottesdienst
nothwendigen Gegenständen versah und mit Glanz auszuschmücken liebte. Später als das Christenthum
keine Verfolgungen mehr zu erdulden hatte und es den Bekennem desselben erlaubt war Kirchen zu
errichten, wollten dieselben in den Monumenten des Triumpfs ihres Glaubens an die denkwürdige Zeit
erinnern, wo dieser selbe Glaube noch mit schrecklichem Tode bestraft wurde. So bauten sie denn in
den Kirchen Krypten, Nachbildungen der Katakomben*), in denen die Lehre sich gestärkt und verbreitet
hatte, die die Welt umgestalten sollte.
Directer sind die Krypten von den unterirdischen Räumen herzuleiten, die sich in den Basiliken
befanden und die man confessiones nannte. Wenn ein Christ den Tod des Märtyrers erduldet hatte, so
stiftete man auf der Stelle, wo er beerdigt oder auf der, wo er gelitten hatte, oder auch wohl in dem
Hause das er bewohnt hatte, eine Art kleinen Denkmals, das man mit dem Ausdrucke fiaQ&vQiov, martyrium,
testimonium, memoria, confessio**') bezeichnete, und dieses Denkmal konnte der Keim einer Kirche werden.
So ist die unter dem Hochaltar der Kirche der heiligen Praxedis zu Rom befindliche Confessio ein Theil
des Hauses, das die Heilige bewohnt hat. Etwas Aehnliches findet in der Kirche Santa Prisca in Rom
statt, wo die am Ende des Schiffs belegene Krypta das Zimmer des Heiligen selber ist, und ihr Grabmal
in sich schliesst, das zum Altar geworden. Derselbe Umstand wiederholt sich in mehreren anderen Kirchen.
In Frankreich verliess man im Anfange des XIII Jahrhunderts, ohne dass man den Grund davon
anzugeben vermag, den Gebrauch Krypten anzulegen. Es giebt nur sehr wenige Ausnahmen von dieser
Kegel. Merkwürdiger Weise fällt das Verlassen dieser Gewohnheit mit der Zeit zusammen, wo man
in Italien aufhörte die Katakomben zu besuchen. So giebt es denn in Frankreich nur romanische und
lateinische Krypten; von letzteren kann man kaum vier bis fünf Beispiele nennen; romanische Krypten
giebt es hingegen viele; die Menge bedeutender Kirchen, die keine Krypten haben, beweist übrigens, dass
ihre Anlage niemals eine allgemeine gewesen ist.
Die Stelle der Krypte ist gewöhnlich unter dem Chore und besonders an dem Orte, der sich unter
dem Hochaltare befindet. Einige derselben haben nur sehr geringe Ausdehnung, wie die Krypta der Kirche
von Royat in der Auvergne, andere hin wider — und diese sind die allgemeinsten — dehnen sich unter
dem ganzen Chor aus und wiederholen die Form desselben; oft erstrecken sie sich sogar bis unter den
Umgang des Chores und bis unter die Kapellen der Apsis. In diesem Falle werden sie gewöhnlich durch
Fenster erleuchtet, deren Oeffnung im Niveau des Bodens, manchmal auch höher liegt, sobald das Terrain
nach Osten hin abfällt und die Umfassungswände der Krypta unbedeckt lässt, so wie man es zu Bourges
und bei anderen Kirchen sieht.
Die Krypta der Kathedrale von Salisbury dehnt sich unter dem ganzen Gebäude aus und wiederholt
vollständig die Form der oberen Kirche. In Frankreich giebt es keine Kirche, deren Krypta ähnliche
Verhältnisse darböte***). Die grösste der in Frankreich bekannten Krypten ist die der Kathedrale von
Chartres, die sich aber nur unter den Abseiten des Schiffs und des Chors und den Nebenkapellen des
Chors befindet, aber sich nicht bis in den Raum unter dem Mittelschiffe und Chore ausdehnt; die Krypten
von Saint-Eutropes, von Sille-le-Guillaume dehnen sich bis unter die Querschiffe aus.
Es giebt nur eine kleine Zahl rechteckiger Krypten; man erwähnt als solche die der Kirche von Vic
in Bourbonnais, die noch die Eigenthümlichkeit aufweist, dass ihr Gewölbe ein flaches ist. Gewöhnlich
*) Das Wort Katakombe, herkommend von xma, nahe, und tvftßog, Höhlung, oder xvfißog, Begräbniss, wurde zuerst vom
Pabste Gregor dem Grossen gebraucht. Die Alten nannten die Katakomben arenanae, Steinbrüche. Die ersten Christen
nannten sie häufig arcae, cimaeteria und auch cryptae. Zur Zeit du Cange's war in gewissen Provinzen Frankreichs das
Wort croupte in Gebrauch.
*") Die Etymologie dieser Wörter erklärt sich von selber; was den Ausdruck confessio betrifft, so kam es ohne Zweifel daher,
dass in der Krypta sich die Gebeine eines confessor fidei befanden. Macri sagt, dass er sich von dem Brauche ableite, dass
der Kaiser, bevor er feierlich gekrönt wurde, in der Krypta sein Glaubensbekenntniss ablegte. (Macri, Hierolexicon in dem
Worte Confessio). Da aber der Kaiser doch nur in der Confessio einer Kirche dies thun konnte, so fällt diese Erklärung
für die anderen Kirchen von selbst. Das Wort confessio wurde auch in dem Sinne von reliquarium gebraucht.
**') Die über dem Boden sich erhebenden Krypten haben bisweilen gewöhnliche Fenster. Man muss die Krypten nicht mit den
Unterkirchen von Doppelkapellen und Doppelkirchen verwechseln, die das untere Stockwerk einer Kirche oder einer Kapelle
ausmachen, das für die niedrigere Klasse bestimmt war, wie bei der Sainte-Chapelle in Paris.
Dergleichen Doppelkirchen und Doppelkapellen sind auch in Deutschland nicht ganz selten; zu den ersteren gehört
die ursprünglich zu einem Nonnenkloster gehörige Kirche zu Schwarzrheindorf bei Bonn, zu den letzteren gehören die
Burgkapellen zu Eger, zu Karlstein bei Prag, zu Nürnberg und zu Landsberg bei Halle. L. L.
Denkmäler der Baukunst. LXXXI. Lieferung.
Krypte nennt man einen gewölbten unterirdischen Raum in einer Kirche oder Kapelle, der entweder
zum Gottesdienst oder zum Begräbniss bestimmt ist. Das Wort Krypte ist von dem griechischen xQimra>,
ich verberge, abgeleitet und diese Bedeutung des Wortes erklärt Art und Lage der Krypten.
In der Umgegend von Rom und einigen anderen Städten Italiens giebt es Steinbrüche in der Puzzolane,
die schon seit langer Zeit nicht mehr als solche benutzt werden, und deren zahlreiche Gänge ein wahres
Labyrinth bilden. Hieher flüchteten sich die ersten Christen um ihren Gottesdienst zu feiern, hier begruben
sie ihre Todten. Aber unter diesen Todten gab es oft muthige Bekenner ihres Glaubens, deren Stirne die
Krone des Märtyrers schmückte und deren Gebeine daher Gegenstand ganz besonderer Verehrung wurden.
Man errichtete ihnen Grabstätten, die bald zu Altären für den Gottesdienst wurden. Die Orte, wo sie
sich befanden, wurden daher zu wirkliche Kapellen umgestaltet, die man mit allen für den Gottesdienst
nothwendigen Gegenständen versah und mit Glanz auszuschmücken liebte. Später als das Christenthum
keine Verfolgungen mehr zu erdulden hatte und es den Bekennem desselben erlaubt war Kirchen zu
errichten, wollten dieselben in den Monumenten des Triumpfs ihres Glaubens an die denkwürdige Zeit
erinnern, wo dieser selbe Glaube noch mit schrecklichem Tode bestraft wurde. So bauten sie denn in
den Kirchen Krypten, Nachbildungen der Katakomben*), in denen die Lehre sich gestärkt und verbreitet
hatte, die die Welt umgestalten sollte.
Directer sind die Krypten von den unterirdischen Räumen herzuleiten, die sich in den Basiliken
befanden und die man confessiones nannte. Wenn ein Christ den Tod des Märtyrers erduldet hatte, so
stiftete man auf der Stelle, wo er beerdigt oder auf der, wo er gelitten hatte, oder auch wohl in dem
Hause das er bewohnt hatte, eine Art kleinen Denkmals, das man mit dem Ausdrucke fiaQ&vQiov, martyrium,
testimonium, memoria, confessio**') bezeichnete, und dieses Denkmal konnte der Keim einer Kirche werden.
So ist die unter dem Hochaltar der Kirche der heiligen Praxedis zu Rom befindliche Confessio ein Theil
des Hauses, das die Heilige bewohnt hat. Etwas Aehnliches findet in der Kirche Santa Prisca in Rom
statt, wo die am Ende des Schiffs belegene Krypta das Zimmer des Heiligen selber ist, und ihr Grabmal
in sich schliesst, das zum Altar geworden. Derselbe Umstand wiederholt sich in mehreren anderen Kirchen.
In Frankreich verliess man im Anfange des XIII Jahrhunderts, ohne dass man den Grund davon
anzugeben vermag, den Gebrauch Krypten anzulegen. Es giebt nur sehr wenige Ausnahmen von dieser
Kegel. Merkwürdiger Weise fällt das Verlassen dieser Gewohnheit mit der Zeit zusammen, wo man
in Italien aufhörte die Katakomben zu besuchen. So giebt es denn in Frankreich nur romanische und
lateinische Krypten; von letzteren kann man kaum vier bis fünf Beispiele nennen; romanische Krypten
giebt es hingegen viele; die Menge bedeutender Kirchen, die keine Krypten haben, beweist übrigens, dass
ihre Anlage niemals eine allgemeine gewesen ist.
Die Stelle der Krypte ist gewöhnlich unter dem Chore und besonders an dem Orte, der sich unter
dem Hochaltare befindet. Einige derselben haben nur sehr geringe Ausdehnung, wie die Krypta der Kirche
von Royat in der Auvergne, andere hin wider — und diese sind die allgemeinsten — dehnen sich unter
dem ganzen Chor aus und wiederholen die Form desselben; oft erstrecken sie sich sogar bis unter den
Umgang des Chores und bis unter die Kapellen der Apsis. In diesem Falle werden sie gewöhnlich durch
Fenster erleuchtet, deren Oeffnung im Niveau des Bodens, manchmal auch höher liegt, sobald das Terrain
nach Osten hin abfällt und die Umfassungswände der Krypta unbedeckt lässt, so wie man es zu Bourges
und bei anderen Kirchen sieht.
Die Krypta der Kathedrale von Salisbury dehnt sich unter dem ganzen Gebäude aus und wiederholt
vollständig die Form der oberen Kirche. In Frankreich giebt es keine Kirche, deren Krypta ähnliche
Verhältnisse darböte***). Die grösste der in Frankreich bekannten Krypten ist die der Kathedrale von
Chartres, die sich aber nur unter den Abseiten des Schiffs und des Chors und den Nebenkapellen des
Chors befindet, aber sich nicht bis in den Raum unter dem Mittelschiffe und Chore ausdehnt; die Krypten
von Saint-Eutropes, von Sille-le-Guillaume dehnen sich bis unter die Querschiffe aus.
Es giebt nur eine kleine Zahl rechteckiger Krypten; man erwähnt als solche die der Kirche von Vic
in Bourbonnais, die noch die Eigenthümlichkeit aufweist, dass ihr Gewölbe ein flaches ist. Gewöhnlich
*) Das Wort Katakombe, herkommend von xma, nahe, und tvftßog, Höhlung, oder xvfißog, Begräbniss, wurde zuerst vom
Pabste Gregor dem Grossen gebraucht. Die Alten nannten die Katakomben arenanae, Steinbrüche. Die ersten Christen
nannten sie häufig arcae, cimaeteria und auch cryptae. Zur Zeit du Cange's war in gewissen Provinzen Frankreichs das
Wort croupte in Gebrauch.
*") Die Etymologie dieser Wörter erklärt sich von selber; was den Ausdruck confessio betrifft, so kam es ohne Zweifel daher,
dass in der Krypta sich die Gebeine eines confessor fidei befanden. Macri sagt, dass er sich von dem Brauche ableite, dass
der Kaiser, bevor er feierlich gekrönt wurde, in der Krypta sein Glaubensbekenntniss ablegte. (Macri, Hierolexicon in dem
Worte Confessio). Da aber der Kaiser doch nur in der Confessio einer Kirche dies thun konnte, so fällt diese Erklärung
für die anderen Kirchen von selbst. Das Wort confessio wurde auch in dem Sinne von reliquarium gebraucht.
**') Die über dem Boden sich erhebenden Krypten haben bisweilen gewöhnliche Fenster. Man muss die Krypten nicht mit den
Unterkirchen von Doppelkapellen und Doppelkirchen verwechseln, die das untere Stockwerk einer Kirche oder einer Kapelle
ausmachen, das für die niedrigere Klasse bestimmt war, wie bei der Sainte-Chapelle in Paris.
Dergleichen Doppelkirchen und Doppelkapellen sind auch in Deutschland nicht ganz selten; zu den ersteren gehört
die ursprünglich zu einem Nonnenkloster gehörige Kirche zu Schwarzrheindorf bei Bonn, zu den letzteren gehören die
Burgkapellen zu Eger, zu Karlstein bei Prag, zu Nürnberg und zu Landsberg bei Halle. L. L.
Denkmäler der Baukunst. LXXXI. Lieferung.