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HANS WILLICH / PALLADIO
Vicenza, eine weitere bei Montebello und ein Entwurf für Belluno zeigen
die vollendete Beherrschung antiker Quadertechnik und der elastischen
Ausdruckslinien in den einfachen Rundbogen mit der gekrümmten Fahr-
bahn darüber. Sein bedeutendstes Brückenwerk blieb auf dem Papier:
seine Rialtobrücke für Venedig. Schon früher waren Entwürfe der Fra Gio-
condo, Michelangelo, Scamozzi, Sansovino und Vignola da. Palladios drei-
bogiger Bau mit den großen korinthischen Portiken über der ungeheuer
breiten, mit Läden besetzten Plattform fand wohl große Bewunderung,
mußte aber wegen der Kosten und des zu hohen Wertes der an den Ufern
beanspruchten Plätze unverwirklicht bleiben. Ein zweites fünfbogiges
Projekt Palladios ist später in England, von Lord Burlington publiziert,
noch aufgetaucht: auch dieses mit großen Säulenhallen über der Gehbahn.
Nach langer Beratung wurde in Venedig endlich 1588 der kühne und
billige Entwurf des Da Ponte ausgeführt, der den Kanal mit einem ein-
zigen Bogen überspannt. Wie Palladio schließlich mit einfachen Aufgaben
sich abfand, zeigt die Brentabrücke bei Bassano, die den hundertachtzig
Fuß breiten Fluß mit fünf Jochen überspannt. Er beschreibt im dritten
Buch seines Werkes die Konstruktion bis ins einzelne und legt dabei
Wert nicht nur auf die richtige Dimensionierung der Hölzer, sondern
auch auf die guten Verhältnisse der Öffnungen und Pfeiler. Das schöne
und elegante Werk ist im 19. Jahrhundert genau in den alten Formen
erneuert worden.
Über Palladios zahlreiche Villen ist bereits eingangs gesagt worden, daß
uns viel leider nicht erhalten blieb. Meist finden wir den venezianischen
Grundriß mit durchgehenden Mittelräumen, die durch Portiken äußerlich
markiert sind. Aber auch große geschlossene Hofanlagen nach dem Vor-
bild der antiken Peristylvilla kommen vor. Ein Werk mag uns über das
Verlorene trösten: die berühmte Rotonda, die das sanfte Hügelgelände vor
Vicenza schmückt. Was soll man zum Preise des edlen Baues, an dem so
viele Blicke, auch die Goethes, schon begeistert hingen, heute noch sagen?
Er ist der reinste Ausdruck, der Inbegriff palladianischer Kunst, sein
Testament an die Nachwelt. Immer wieder kommt der Gedanke an helle-
nische Formenanmut, die der Meister freilich kaum aus zweiter Hand
HANS WILLICH / PALLADIO
Vicenza, eine weitere bei Montebello und ein Entwurf für Belluno zeigen
die vollendete Beherrschung antiker Quadertechnik und der elastischen
Ausdruckslinien in den einfachen Rundbogen mit der gekrümmten Fahr-
bahn darüber. Sein bedeutendstes Brückenwerk blieb auf dem Papier:
seine Rialtobrücke für Venedig. Schon früher waren Entwürfe der Fra Gio-
condo, Michelangelo, Scamozzi, Sansovino und Vignola da. Palladios drei-
bogiger Bau mit den großen korinthischen Portiken über der ungeheuer
breiten, mit Läden besetzten Plattform fand wohl große Bewunderung,
mußte aber wegen der Kosten und des zu hohen Wertes der an den Ufern
beanspruchten Plätze unverwirklicht bleiben. Ein zweites fünfbogiges
Projekt Palladios ist später in England, von Lord Burlington publiziert,
noch aufgetaucht: auch dieses mit großen Säulenhallen über der Gehbahn.
Nach langer Beratung wurde in Venedig endlich 1588 der kühne und
billige Entwurf des Da Ponte ausgeführt, der den Kanal mit einem ein-
zigen Bogen überspannt. Wie Palladio schließlich mit einfachen Aufgaben
sich abfand, zeigt die Brentabrücke bei Bassano, die den hundertachtzig
Fuß breiten Fluß mit fünf Jochen überspannt. Er beschreibt im dritten
Buch seines Werkes die Konstruktion bis ins einzelne und legt dabei
Wert nicht nur auf die richtige Dimensionierung der Hölzer, sondern
auch auf die guten Verhältnisse der Öffnungen und Pfeiler. Das schöne
und elegante Werk ist im 19. Jahrhundert genau in den alten Formen
erneuert worden.
Über Palladios zahlreiche Villen ist bereits eingangs gesagt worden, daß
uns viel leider nicht erhalten blieb. Meist finden wir den venezianischen
Grundriß mit durchgehenden Mittelräumen, die durch Portiken äußerlich
markiert sind. Aber auch große geschlossene Hofanlagen nach dem Vor-
bild der antiken Peristylvilla kommen vor. Ein Werk mag uns über das
Verlorene trösten: die berühmte Rotonda, die das sanfte Hügelgelände vor
Vicenza schmückt. Was soll man zum Preise des edlen Baues, an dem so
viele Blicke, auch die Goethes, schon begeistert hingen, heute noch sagen?
Er ist der reinste Ausdruck, der Inbegriff palladianischer Kunst, sein
Testament an die Nachwelt. Immer wieder kommt der Gedanke an helle-
nische Formenanmut, die der Meister freilich kaum aus zweiter Hand