BONNARD
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ja, wenn unser ganzes Volk ihretwegen zu Irren und Wirren verdammt
ist, soll man die Sekunde reinen Glücks nicht gering achten, da eine un-
begrenzte Vorstellung der Welt, um die wir ringen, ins Helle gerissen
wird.
Justi hat es sich im vorigen Sommer angelegen sein lassen, einen annähernd
erschöpfenden Überblick über das Schaffen Corinths von Anfang bis heute
im Kronprinzenpalais in Berlin aufzubauen; dafür gebührt ihm der Dank
aller Freunde des Malers. Die Ausstellung wurde nicht nach raffinierten
Gesichtspunkten komponiert. Man könnte einen ganz anderen Corinth zu-
sammenbringen und sollte es einmal versuchen. Zumal eine aufgeklärte
Kunstbehörde könnte ihre Pflicht in der Aufgabe erblicken, von den
Meistern das Meisterliche zu sammeln, und Menschen, die genießen und
lernen wollen, zu fördern. Freilich hätte man das penetrante Bild des Men-
schen Corinth dem guten Zweck zuliebe fälschen müssen. Legitime Gründe,
nicht nur die Gewissenhaftigkeit des Historikers, mögen dagegen ge-
sprochen haben.
BONNARD
VON
JULIUS MEIER-GRAEFE
Wenn man von Frankreich träumt, irgendwo, wo es fern ist — und
wem ist Frankreich heute nahe? — stellt sich Bonnard als Deuter
ein. Einer früheren Generation leistete Corot ähnliche Dienste. Und den,
der nicht träumen will, sondern greifbare Beweise für das Dasein jenes
heute dunkel verhüllten Frankreichs verlangt, für das Dasein eines immer
noch völkischen Genius der Schönheit, für die Erhaltung eines immer
noch lebendigen Dienstes der Musen, der vor Menschengedenken begann
und mit dessen Ende Europa aufhören wird — auch den kann Bonnard
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ja, wenn unser ganzes Volk ihretwegen zu Irren und Wirren verdammt
ist, soll man die Sekunde reinen Glücks nicht gering achten, da eine un-
begrenzte Vorstellung der Welt, um die wir ringen, ins Helle gerissen
wird.
Justi hat es sich im vorigen Sommer angelegen sein lassen, einen annähernd
erschöpfenden Überblick über das Schaffen Corinths von Anfang bis heute
im Kronprinzenpalais in Berlin aufzubauen; dafür gebührt ihm der Dank
aller Freunde des Malers. Die Ausstellung wurde nicht nach raffinierten
Gesichtspunkten komponiert. Man könnte einen ganz anderen Corinth zu-
sammenbringen und sollte es einmal versuchen. Zumal eine aufgeklärte
Kunstbehörde könnte ihre Pflicht in der Aufgabe erblicken, von den
Meistern das Meisterliche zu sammeln, und Menschen, die genießen und
lernen wollen, zu fördern. Freilich hätte man das penetrante Bild des Men-
schen Corinth dem guten Zweck zuliebe fälschen müssen. Legitime Gründe,
nicht nur die Gewissenhaftigkeit des Historikers, mögen dagegen ge-
sprochen haben.
BONNARD
VON
JULIUS MEIER-GRAEFE
Wenn man von Frankreich träumt, irgendwo, wo es fern ist — und
wem ist Frankreich heute nahe? — stellt sich Bonnard als Deuter
ein. Einer früheren Generation leistete Corot ähnliche Dienste. Und den,
der nicht träumen will, sondern greifbare Beweise für das Dasein jenes
heute dunkel verhüllten Frankreichs verlangt, für das Dasein eines immer
noch völkischen Genius der Schönheit, für die Erhaltung eines immer
noch lebendigen Dienstes der Musen, der vor Menschengedenken begann
und mit dessen Ende Europa aufhören wird — auch den kann Bonnard