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Die Gartenkunst — 8.1906

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Virchow, Ernst: Wilhelmsmühle in alter und neuer Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0056

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46

DIE GARTENKUNST

VIII, 3

Dann kam während des Siebenjährigen Krieges wieder pflanzungen von den Kaskaden hinab bis zum Fontänen-
eine Zeit des Verfalles bis Landgraf Friedrich II. sein bassin, schildert die neue Anlage zwischen diesem Bassin
Land zu neuer Blüte brachte; es seien nur die Namen und dem Schlots. Ein Blick auf den Plan genügt, um
Tischbein, du Ry und Nahl genannt. den Geschmack jener Zeit zu erkennen; wir finden da

Unter dem Baudirektor v. Gohr beabsichtigte Friedrich, oinen Schneckenberg, ein Naturtheater, einen Irrgarten,
nachdem er die baufälligen Karischen Bauten mit einem wir finden das Philosophental mit der Sibyllenhöhle, wir
Aufwände von 30000 Talern wieder hergestellt hatte, die finden dio Eremitage des Sokrates, die Pyramide des
Kaskaden fortzusetzen. Wesentliche Umgestaltungen er- Caestius, das Grab des Virgil, daneben entsteht dann auch
fuhr die ehemalige Anlage des Landgrafen Moritz—jetzt eil1 chinesisches Dorf Mu Lang mit Tempeln und Pagoden
unter dem Namen Weifsenstein — und wir finden den und es entsteht eine Allgäuer Schweizerei,
damaligen Zustand auf dem aus 1770 stammenden Plane Mit diesem Vermächtnis war Landgraf Wilhelm [X.

veranschaulicht. nicht zufrieden, sein Verständnis für die verschwende-

Die Schminkesche Schilderung deckt sich mit den rischen Gaben der Natur duldete nicht diese kleinlichen
Darstellungen dieses Planes, sie beschreibt die Alleen- Spielereien.

Unter Beistand seiner genialen Be-
rater, des Architekten Jussow und des
Hofgärtners Schwarzkopf, fand eine
durchgreifende Umgestaltung des Parkes
statt, und es entstand zu jener Zeit,
also nach 1785, der Park in der Gestalt,
wie wir ihn heute im grofsen und ganzen
vor uns haben. I »a ist vor allen Dingen
der einzig schöne Lac (Lacus) für uns
bewundernswert; studienswert ist der
Wasserlauf, neben welchem man von
da, am Jussowsehen Fall vorbei, zum
Fontänenteich gelangt. Der Fontänen-
teich, der Aquädukt, die Teufelsbrücke
— das sind alles Kunstwerke, welche
unsorn Beifall finden, und die gerade
doshalb so sehr erfreuen, weil sie ihren
Platz so glücklich ausfüllen, ohne das
Gesamtbild irgendwie und irgendwo zu
stören. Eine solche Störung der Har-
monie lag wohl für den Geschmack
des Landgrafen bei den Kaskaden vor,
denn er liei's dieselben, welche bis
dahin kahl und unvermittelt dalagen,
von zwei Reihen Fichten einfassen.

Man kann sagen, dal's die Schöp-
fungen des Landgrafen Wilhelm, späteren
Kurfürsten Wilhelm I., trotzdem sie nun
schon 125 Jahre alt sind, unseren vol-
len Beifall finden, und dafs es ein glück-
licher Gedanke war, das Ganze nun
Wilhelmshöhe zu nennen. Am wenig-
sten glücklich war er mit dem Bau
der Löwenburg, welche ihrer Aufgabe,
aul'sen Ruine, innen Wohnung zu sein,
nicht ganz gorecht wird; — trotzdem
pafst sie schön in das Landschaftsbild
hinein, und gern schaut man hin zu
?IP;"'*V' 'hr, in deren Kapelle der Kurfürst
.:..y<mti—. >ffläm Wilhelm mitten in seinem schönen

* - - :.. - Reiche zur ewigen Ruhe gebettet liegt.

Diese Anlagen so zu erhalten, wie
sie Kurfürst Wilhelm schuf, ist eine
Die Kaskaden vor Abtrieb der Fichten 1903. schöne, aber auch sehr schwere Auf-
 
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