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Die Gartenkunst — 8.1906

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VIII, 5

DIE GARTENKUNST

97

ein anderer von der Stadt Berlin als Park erworben und er-
halten werden solle, an und warnt vor der Gefahr, die darin
liegt, wenn sich hierbei Reifsbrettparzellierung und Mammonis"
mus die Hand reichen; er fordert, dafs die hier vorliegende
Aufgabe grofs aufgefafst werde, um eine Lösung zu finden'
die nicht allein ästhetisch befriedigt, sondern geradezu als
Sehenswürdigkeit ersten Ranges einen neuen geschäftlichen
Schwerpunkt an jene Stelle der Reichshauptstadt rückt. Das
sei eine Aufgabe der Stadt Berlin.

Was er sich dort denkt, fafst er zusammen in die Worte
„Einen Markusplatz für Berlin". Das ist nun nicht wörtlich
zu nehmen. Ks soll heil'sen, dafs sich dort ein in architektoni-
schem Rahmen gehaltener, dem Treiben des Verkehrs ganz ent-
rückter Platz schaffen läfst, ähnlich wie ihn das Palais Royal
in Paris einschliefst oder wie der Münchener Residenzgarten
einer ist. Er verlangt also eine einheitliche grofszügige Um-
bauung unter Erhaltung der dem deutschen Sinne für das Male-
rische im Gegensatz zu dem streng Rhythmisch-Monumentalen
willkommenen schönen Baumgruppen. Was die Baulichkeiten
enthalten, ist ihm nicht das Wesentliche, sondern die Einheit-
lichkeit unter das Fernhalten von Zufallsausgeburten reklame-
süehtiger Bauunternehmerphantasie. Hierbei müfstc Überhaupt
ausgeschlossen sein, dafs jemand anders als Bauherr auftritt
als wie die Stadt Berlin selbst, denn nur sie dürfte in der Lage
sein, die wirtschaftlich günstigste Lösung zu erreichen, die sich
unter Beachtung der ästhetischen Forderungen finden läfst.

Was nach dem üblichen Parzellierungsschema unter Ein-
haltung aller baupolizeilichen und sonstigen Vorschriften ent-
stehen würde, wenn die Frage nach dem bureaukratisch bequemen
Schema F erfolgt, das schildert der Verfasser eingehend und
weist dabei nach, dals eben nur durch die Behandlung in einer
Hand, wie es bei der Stadtgemeinde möglich ist, eine glück-
liche Lösung möglich sei.

Hoffen wir, dafs die Anregungen, die vielleicht durch das
Schlagwort, welches Schliepmann in die Welt gesetzt hat, in
manchen Kreisen zunächst Kopfschütteln erregen, nicht unbe-
achtet unter den Tisch fallen. H.

Garteninspektion der Stadt Kassel. Durch die Einge-
meindung der Vororte Wahlershausen, Kirchditmold, Rothen-
ditmold und Bettenhausen mit insgesamt 1766,62 ha Gemarkungs-
fläche ist der Wirkungskreis der Garteninspektion, der seit
der Pensionierung des langjährigen Garteninspektors Eubell
Herr J. Engeln vorsteht, erheblich gewachsen. Geplant ist
ferner eine zeitgemäfse Erweiterung und Ausgestaltung der
Baumschul- und Gewächshausanlagen. Es wird beabsichtigt,
die Stadtgärtnerei demnächst nach dem von Vetter angelegten
reizvollen Schön leider Park zu verlegen, wogen dessen Erwerb
zwischen der Stadt Kassel und dem Prinzen von Hessen-Philipps-
thal-Barchfeld Verhandlungen schweben.

Die Stadtgärtnerei Offenbach a. M. wurde mit dem
1. April 1906 vom Stadtbauamt getrennt, zur selbständigen
Verwaltung erhoben, die direkt dem Oberbürgermeister unter-
steht.

Die Verwertung des atmosphärischen Stickstoffes. Die

„Umschau, Übersicht über die Fortschritte und Bewegungen
auf dem Gesamtgebiet der Wissenschaft, Technik, Literatur
und Kunst", Herausgeber Dr. J. H. Bechhold, Frankfurt a. M.,
die auch gelegentlich sehr gern künstlerischen Fragen ihre
Spalten geöffnet hat, bringt in ihre? No. 14 vom 81. März d. J.
eine Abhandlung aus der Feder des Dr. Walther Löb über das
Problem der Nutzbarmachung des atmosphärischen Stickstoffes
für Landwirtschaft und Gartenbau.

Bekanntlich ist der Zeitpunkt, bis zu welchem die auf der

Erde bekannten Salpeterlager, aus denen der Bedarf an stick-
stoffhaltigen Düngemitteln vorzugsweise gedeckt wird, erschöpft
sind, gar nicht sehr fern; der Verfasser ist der Ansicht, dafs sie
nicht viel länger als zwanzig Jahre ausreichen werden.

Das ist also eine noch viel kürzere Frist, als sie hinsicht-
lich der Steinkohlenvorräte geschätzt zu werden pflegt. Die
Frage eines geeigneten Ersatzes für die gegenwärtig nutzbaren
Stickstoffquellen ist daher fast brennend.

Die Versuche, hierbei auf die ungeheueren Stickstoffmengen
der Atmosphäre zurückzugreifen, sind nicht neu, aber bisher
nur wenig ergebnisreich gewesen, zumal man dabei auch schon
darauf Bedacht nehmen mufs, ein geeignetes Verfahren auszu-
bilden, welches von der Steinkohle unabhängig ist.

Es ist daher von grofsem Interesse, dem Verfasser in der
Schilderung des gegenwärtigen Standes dieser bedeutsamen
Angelegenheit zu folgen. Nach seiner Angabe sind die durch
Wasserkraft betriebenen Salpeterwerke in Notodden (Telemarken,
Norwegen) mittelst eines sinnreichen, von dem Professor der
Universität Ohristiania Bickeland und dem Ingenieur Eyde er-
fundenen Verfahrens heute bereits in der Lage, Salpetersäure
aus der Luft zu gewinnen, die auf dem Düngemittelmarkte
gegenüber dem Chilesalpeter konkurrenzfähig ist. Man ist also
augenscheinlich auf dem besten Wege, das Problem in einer für
die Praxis brauchbaren Form zu lösen. In bezug auf Einzel-
heit des Vorfahrens verweisen wir auf den Aufsatz selbst.

H.

Der Orangeriegarten in Gotha. Als ein gutes Beispiel
unter den noch in alter Form unterhaltenen architektonischen
Gartenanlagen in Deutschland bespricht V. Zobel im „Land-
haus", Wochenschrift für Heimkultur, den Orangeriegarten
in Gotha. Seine Ausführungen, die durch eine grofso An-
zahl guter Bilder unterstützt werden, schliefsen mit folgenden
Worten:

„Heute sieht man fast überall in unseren Gärten wenig
Planmäfsigkeit in der Blumenbepflanzung; es ist mehr un-
bekümmerte Buntheit als gewählte Farbigkeit. Mit der Farbe
aber sind gerade in solchen Gärten — wie der besprochene —
viel schönere Wirkungen zu erzielen, wenn nicht mit Blumen
gespielt, sondern gröfsere einheitlich gefärbte Flächen ge-
schaffen werden, wenn auf das Zusammenwirken der einzelnen
Farben und an die verschiedene Beleuchtung und Lage gedacht
wird."

Mode in der Kunst. Der Direktor des städt. Museums
in Magdeburg, Volbehr, äufserte sich in Heft 8, 1. Jahrg. der
„Werkkunst", Verlag von Otto Salle, Berlin, über die Be-
ziehungen zwischen Mode und Kunst. Auf die Frage, was ist
Mode? antwortet er:

„Sie ist das Bedürfnis im Menschen, das nachzuahmen,
was er bei anderen gesehen hat und was ihm gefallen hat
soweit es von der Allgemeinheit angenommen ist. Eben das-
selbe ruft dann wieder bei anderen das Bedürfnis hervor, sich
abzusondern und läfst so eine neue Mode entstehen. Was
sind nun Modelaunen'? Sie werden hervorgerufen durch die,
die auffallen wollen um jeden Preis, wenn auch durch absolute
Unschönheiten. Nun fragt es sich aber, gibt es überhaupt
Mode in der bildenden Kunst? Darauf mufe allerdings geant-
wortet werden, dafs auch die Kunst von der Mode, wenn diese
aus dem Bedürfnis der Zeit heraus erwachsen ist, beeinflufst
wird. Auch im Kunstgewerbe sind die Wandlungen keine Zu-
fälligkeiten, sondern immer aus den Bedürfnissen der Zeit
hervorgegangen. Das Bedürfnis der Zeit gibt immer den Aus-
schlag, und darum ist trotz aller Bemerkungen weder die Kunst
noch das Kunstgewerbe eine Modosache."

H.
 
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