478
665.
Erdgeschoss
der
Fagade zu
Mesnil- Aubry.
666.
Fagaden-
Entwürfe
sür die
Kirche der
Sorbonne.
667.
Kreuzschiff
zu
St.-Florentin.
2) Anfänge des Typus der römischün Basilika-Fagade.
Man könnte leicht geneigt sein, zu glauben, dass der hier angeführte Typus
erst im XVII. Jahrhundert in Frankreich auftritt. Es ist daher von Werth zu zeigen,
dass er bereits ein Jahrhundert früher zuweilen den Architekten vorschwebte
und sie seine Elemente wie Pilaster- oder Halbsäulen-Ordnungen auszuführen be-
gannen.
Einen vielleicht noch frühen Versuch, eine Pilasterfront im klassischen Hoch-
Renaissancestil, zeigt die Kirche von Le Mesnil-Aubry 1015). Sie ist dreischiffig. Der
Thurm sleht vor dem linken Seitenschiss; das rechte wird über dem Erdgeschoss
durch eine leicht convexe Halbgiebelmauer mit dem Gebälk der zweiten der drei
Ordnungen, die vor dem Mittelschiff slehen, verbunden. Nach Photographien zu
urtheilen, scheint die dorische Ordnung des Erdgeschosses allein aus der Zeit der
Hoch-Renaissance zu Hammen. Vier cannelirte Pilaster theilen das dem Mittelschiffe
entsprechende Erdgeschoss in zwei schmale seitliche Traveen mit Nischen und eine
breite mittlere, in deren unterer Hälfte das Rundbogenportal, über welchem das
Kämpfergesims der Nischen durchgeführt ist, liegt. In der oberen ist in der ganzen
Breite ein Rundfenster angebracht.
An dem rechten Seitenschiff ist an der äusseren Ecke ein Strebepfeiler als dorischer Pfeiler gebildet;
statt der Thür ist ein Tabernakel-Motiv mit Spitzgiebel angebracht und darüber ein Rundfenster mit Vier-
pass. Am Mittelbau geht das dorische Gebälk mit Triglyphen- und Metopen ohne Verkröpfungen durch. Die
Kapitellbildung hat etwas von der Bizarrerie, die wir am Mittelthor im hinteren Flügel des Schlosshofes
zu Ecouen sehen werden und schon am Altar desselben Schlosses bei Jean Goujon als einen Einfluss
Michelangelo's erkannten (siehe Art. 140, S. 133). Eine Blattreihe gliedert den Säulenhals; am Echinus
sind »Gaudrons« statt des Eierstabs, und der sehr hohe Abakus hat eine Mittelrosette und andere Blatt-
Motive seitwärts. Hier scheint eher ein Einssuss J. Goujoris als J. Bullant's, vorhanden zu sein.
Die zwei Entwürfe für den Neubau der ehemaligen Kirche der Sorbonne, im
Jahre 1553 aufgestellt, aber nicht ausgeführt, die Albert Lenoir für Werke eines
Italieners ausgab, zeigen drei Geschosse unter dem Teilen Giebel, mit dorischen,
jonischen und korinthischen Halbsäulen mit verkröpftem Gebälk und Seitenpilastern,
welche die Front in drei Traveen theilen. In dem einen Entwurf schliesst sich links
eine vierte Travee als Thurm an, der über dem dritten Geschoss als runder Kuppel-
bau endigt. Im zweiten Entwurf ist die jonische Ordnung durch Karyatiden und die
korinthische durch lisenenartige Füllungen ersetzt.
Der Grundriss des zweiten Entwurfs zeigt eine, der Grab-Capelle der Diane de Poitiers zu Anet
(siehe Fig. 160) und dem letzten Grundrisse Serlids, am Schlusse seines fünften Buchs der Tempel
verwandte Richtung. Der Einssuss der Nischen, wie sie Bramante in den SV.-ÄzZr-Entwürfen verwendete,
ist noch erkenntlich.
3) Kirchen-Fagaden mit drei Ordnungen.
In der Kirche zu St.-Florentin, von der nur Chor und Kreuzschiff ausgeführt
sind, bietet die Nordfront des letzteren ein interessantes Beispiel der Gliederung mit
drei Ordnungen. Wie Fig. 162 1016) zeigt, sind es hier Pilaster, und die Front wird
von zwei polygonen Treppenthürmchen statt Strebepfeilern eingefasst. Die Gliede-
rung der drei Geschosse und des steilen Giebels ist aus der Figur hinreichend ersicht-
1015) Nach Magne, L. (Les Vitraux de Montmorency et d'Ecouen, Paris 1888, S. 64) wurde die Kirche bis auf das-
nördliche Seitenschiff 1582 neu gebaut. Das Erdgeschoss des Mittelschiffs scheint mir unbedingt älter zu sein.
1016) Facs.-Repr. nach: Berty, A. La Renaiffance monumentale en France etc., a. a. O., Bd. I.
665.
Erdgeschoss
der
Fagade zu
Mesnil- Aubry.
666.
Fagaden-
Entwürfe
sür die
Kirche der
Sorbonne.
667.
Kreuzschiff
zu
St.-Florentin.
2) Anfänge des Typus der römischün Basilika-Fagade.
Man könnte leicht geneigt sein, zu glauben, dass der hier angeführte Typus
erst im XVII. Jahrhundert in Frankreich auftritt. Es ist daher von Werth zu zeigen,
dass er bereits ein Jahrhundert früher zuweilen den Architekten vorschwebte
und sie seine Elemente wie Pilaster- oder Halbsäulen-Ordnungen auszuführen be-
gannen.
Einen vielleicht noch frühen Versuch, eine Pilasterfront im klassischen Hoch-
Renaissancestil, zeigt die Kirche von Le Mesnil-Aubry 1015). Sie ist dreischiffig. Der
Thurm sleht vor dem linken Seitenschiss; das rechte wird über dem Erdgeschoss
durch eine leicht convexe Halbgiebelmauer mit dem Gebälk der zweiten der drei
Ordnungen, die vor dem Mittelschiff slehen, verbunden. Nach Photographien zu
urtheilen, scheint die dorische Ordnung des Erdgeschosses allein aus der Zeit der
Hoch-Renaissance zu Hammen. Vier cannelirte Pilaster theilen das dem Mittelschiffe
entsprechende Erdgeschoss in zwei schmale seitliche Traveen mit Nischen und eine
breite mittlere, in deren unterer Hälfte das Rundbogenportal, über welchem das
Kämpfergesims der Nischen durchgeführt ist, liegt. In der oberen ist in der ganzen
Breite ein Rundfenster angebracht.
An dem rechten Seitenschiff ist an der äusseren Ecke ein Strebepfeiler als dorischer Pfeiler gebildet;
statt der Thür ist ein Tabernakel-Motiv mit Spitzgiebel angebracht und darüber ein Rundfenster mit Vier-
pass. Am Mittelbau geht das dorische Gebälk mit Triglyphen- und Metopen ohne Verkröpfungen durch. Die
Kapitellbildung hat etwas von der Bizarrerie, die wir am Mittelthor im hinteren Flügel des Schlosshofes
zu Ecouen sehen werden und schon am Altar desselben Schlosses bei Jean Goujon als einen Einfluss
Michelangelo's erkannten (siehe Art. 140, S. 133). Eine Blattreihe gliedert den Säulenhals; am Echinus
sind »Gaudrons« statt des Eierstabs, und der sehr hohe Abakus hat eine Mittelrosette und andere Blatt-
Motive seitwärts. Hier scheint eher ein Einssuss J. Goujoris als J. Bullant's, vorhanden zu sein.
Die zwei Entwürfe für den Neubau der ehemaligen Kirche der Sorbonne, im
Jahre 1553 aufgestellt, aber nicht ausgeführt, die Albert Lenoir für Werke eines
Italieners ausgab, zeigen drei Geschosse unter dem Teilen Giebel, mit dorischen,
jonischen und korinthischen Halbsäulen mit verkröpftem Gebälk und Seitenpilastern,
welche die Front in drei Traveen theilen. In dem einen Entwurf schliesst sich links
eine vierte Travee als Thurm an, der über dem dritten Geschoss als runder Kuppel-
bau endigt. Im zweiten Entwurf ist die jonische Ordnung durch Karyatiden und die
korinthische durch lisenenartige Füllungen ersetzt.
Der Grundriss des zweiten Entwurfs zeigt eine, der Grab-Capelle der Diane de Poitiers zu Anet
(siehe Fig. 160) und dem letzten Grundrisse Serlids, am Schlusse seines fünften Buchs der Tempel
verwandte Richtung. Der Einssuss der Nischen, wie sie Bramante in den SV.-ÄzZr-Entwürfen verwendete,
ist noch erkenntlich.
3) Kirchen-Fagaden mit drei Ordnungen.
In der Kirche zu St.-Florentin, von der nur Chor und Kreuzschiff ausgeführt
sind, bietet die Nordfront des letzteren ein interessantes Beispiel der Gliederung mit
drei Ordnungen. Wie Fig. 162 1016) zeigt, sind es hier Pilaster, und die Front wird
von zwei polygonen Treppenthürmchen statt Strebepfeilern eingefasst. Die Gliede-
rung der drei Geschosse und des steilen Giebels ist aus der Figur hinreichend ersicht-
1015) Nach Magne, L. (Les Vitraux de Montmorency et d'Ecouen, Paris 1888, S. 64) wurde die Kirche bis auf das-
nördliche Seitenschiff 1582 neu gebaut. Das Erdgeschoss des Mittelschiffs scheint mir unbedingt älter zu sein.
1016) Facs.-Repr. nach: Berty, A. La Renaiffance monumentale en France etc., a. a. O., Bd. I.