Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Geymüller, Heinrich von; Geymüller, Heinrich von [Mitarb.]
Die Baukunst der Renaissance in Frankreich (Heft 2): Struktive und ästhetische Stilrichtungen, Kirchliche Baukunst — Stuttgart: Bergsträsser, 1901

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.67518#0276
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
594

iS. Kapitel.
Einzelne Theile des Inneren der Kirchen.
Der Charakter der Einbauten ist häufig für die Kenntniss des Stils von hoher
Wichtigkeit, wesshalb wir das Nachstehende folgen laßen:
a) Altäre.
816. Anzuführen ist in erster Reihe in der Kathedrale von Perpignan ein Altar mit
UeberJnadngsst11 Renaissancemalerei von 1504. Ferner der Hauptaltar, etwa im Stil einer Kirchen-
Früh- front gebildet, aus später Renaissancezeit.
Renaisiance, Paluftre erwähnt den Altar der Kathedrale von Auch, als zum Stil Ludwig XII.
gehörig.
Die Kirche St.-Pierre zu Avignon hat einen Früh-Renaissance-Altar mit drei Nischen zwischen Pi-
lastern , über deren Gebälk Rundgiebel den Aufbau abschliessen. In dem gemeinsamen durchgehenden
Piedestal ist das heilige Abendmahl in Relief dargeslellt. Die Behandlung ist jedoch nicht so fein wie
im Gebiet der Loire. Ferner, ebenfalls im Süden: der Altar von St.-Bertrand-de-Comminges im Languedoc,
von 1535, mit Sarancolin-Marmor verkleidet.
Weiter im Norden: In St.-Alpin zu Chälons-sur-Marne zeigt der erste Altar rechts (ca. 1535—40)
eine reiche, hübsche Anordnung. Drei Rundbogen Nischen, deren mittlere giebelbekrönt mit ihrem Bogen
über dem Gebälk der trennenden Pilaster beginnt, bilden die Wanddecoration einer capellenartigen Ver-
tiefung mit cassettirtem Korbbogen darüber, die wiederum von Pilastern, Gebälk und Giebel eingerahmt
wird. In den Bogenzwickeln sind Spuren von Malereien.
In der Kirche zu Pierrefonds hat das linke Seitenschiff einen schönen dreitheiligen Wandaltar in
zwei Geschossen (ca. 1530—50). Unten sind gekuppelte dorische Säulen, oben drei vortretende Tabernakel
mit Nischen. Die seitwärts mit Segmentgiebeln, der mittlere etwas höher mit einem dachfensterartigen
Motiv bekrönt. Ein Altar im Holbein-'S'äX in der Abteikirche zu St.-Claude in der Freigrafschaft.
Palitßre 1222) führt noch folgende Beispiele an: In der Gegend von Troyes Altäre in St.-Andre-lez-
Troyes, Geraudot, l’Isle-Aumont und La Chapelle-St.-Luc. In Lothringen Beispiele, ebenso werthvoll durch
Architektur als durch ihre Sculptur, in Saint-Mihiel, Hattonchätel, Genicourt und Verdun. In Burgund: In
Notre-Dame zu Beaune, Septsonds bei Joigny, Etigny bei Sens. Ferner in anderen Theilen Frankreichs.
In der Kathedrale von Rodez und in den Kirchen von Poligny (Jura), St.-Didier in Avignon, Oiron
(Deux-Sevres), De la Bougonniere (Maine-et-Loire).
817- Am sehr schönen Altar der Kirche von Bouilly bei Troyes (um 1550), der unter
StiiMays»/, einem gewißen Einssüße Domenico del Barbiere s {Fiorentino genannt, ssehe Art. 658
S. 473) Rehen dürfte, ist die Mensa, die auf einem sich consolenartig ausbreitenden
Fusse ruht, seitlich in einiger Entfernung von zwei Pfeilern mit gekuppelten dorischen
Pilastern begleitet. Ueber deren Gebälk und dem hinteren Aufsatz der Mensa er-
hebt sich die reiche hohe Altarwand, durch vier korinthische Säulen getheilt, zwischen
welchen Fensterrahmen wie die der Cancelleria zu Rom aufgestellt sind. Das Gesims
der seitlichen reicht bis zum Kämpfer des mittleren. Guirlanden und Cartouchen
begleiten sie. Vertieft innerhalb dieses Rahmens sind reiche Sculpturbilder aus der
Passionsgeschichte angebracht. Statuen über dem Gebälk schliessen diese sehr feine
vorzügliche Composition ab.
Der Altar von St.-Urbain zu Troyes, einsl berühmt durch die Collaboration
Domenico Fiorentino'’?, und seines Schwiegersohns ist leider untergegangen. Vielleicht
beruht das auf einer Verwechslung. Nach R. Koechlin und J. J. Marquet de Vasselot
(a. a. O. S. 221) wäre dieser Altar ein 1560 begonnenes und geschenktes Werk von
Jacques Juliot gewesen.

1222) Siehe: Architecture de la Renaissance, a. a. O., S. 280.
 
Annotationen