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Geymüller, Heinrich von; Geymüller, Heinrich von [Mitarb.]
Die Baukunst der Renaissance in Frankreich (Heft 2): Struktive und ästhetische Stilrichtungen, Kirchliche Baukunst — Stuttgart: Bergsträsser, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.67518#0331
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649

Die Sculptur fand meidens an den Grabmälern (siehe diese) und Altären die
Hauptgelegenheit, an der Innendecoration Theil zu nehmen. Im XVII. Jahrhundert
mehren sich die Beispiele, Figuren an Kanzeln, Altären oder an Theilen von Wand-
verkleidungen anzubringen.
Mademoifelle de Montpenfier liess 1684 die gothischen Arcaden der Apsis von St.-Severin zu Paris
durch eine reiche Verkleidung von Marmor mit Reliefs in Rundbogen umwandeln, Alles, sowie der Baldachin
des Altars, vom Bildhauer Tubi nach der Zeichnung von Lebrun. Auch in anderen Beispielen sieht man
Maler die Entwürfe für die Sculpturen machen. Die Kanzel von St.-Etienne-du-Mont zu Paris ruht auf
den Schultern des Atlas, der vom Maler La Hire gezeichnet und von Claude Lefiocard ausgeführt wurde.

23. Kapitel.
Klosteranlagen und Klosterhöfe.
Wir beabsichtigen keineswegs, hier eine eigentliche Studie dieser Gebäudeclasse
vorzunehmen, und begnügen uns, solche Beispiele anzuführen, an welchen wir
Fragmente gefunden haben, die für die Kenntniss der Renaissanceformen im Allge-
meinen einiges Interesse bieten.
Wir beginnen unsere Besprechung mit zwei Beispielen aus der Schule von
Amboife in Tours.
Im Klosterhof der Pfalettes in Tours sieht man, wie die spätgothischen Formen an verschiedenen
Stellen in die der Früh-Renaissance übergehen. In einer Ecke tritt ein runder Treppenthurm vor, der im
Kleinen zu der Schule desjenigen am Schlösse zu Blois gehört.
Der Klosterhof von St.-Martin zu Tours zeigt schon viel vorgeschrittenere Renaissanceformen und
wird als wahrscheinliches Werk von Basiien und Martin Francois, Neffen und Schüler von Michel Colombe,
angesehen 1S86). Meine genaue Untersuchung ergiebt Folgendes: Die Profilirung ist dieselbe wie in Blois,
Bury und Chambord und geht aus der italo-französischen Schule von Amboife hervor. Die Collaboration
eines Italieners ist wahrscheinlich. Mindestens zwei bis drei zum Theil vorzügliche Scarpellini aus Ober-
italien haben die Ornamente gemeisselt. Das »ravalement« ist nicht überall vollendet. Rundbogenarcaden
spannen sich zwischen kräftig vorspringenden Strebepfeilern, die mit Medaillons verziert sind und an
denen das Kämpfergesims herumgeführt ist. Die Archivolten sind schon profilirt und mit reichen pal-
mettenartigen Ornamenten, Blattwerk u. s. w. verziert. Ueber den Archivolten läuft zwischen den Strebe-
pfeilern ein reicher Fries mit feinem Rankenwerk , über welchem ein Consolengesims folgt. In den
Bogenzwickeln sind Medaillonköpfe und Rankenwerk oder Kränze.
In Evreux schliesst sich der Klosterhof von St.-Taurus, aus der Zeit Ludwig XII., der Schule von
Gaillon an. Am Kreuzgang von St.-Gengozilt zu Toul, wo die Charaktere der Zeit Ludwig XII. und
Franz I. sich mischen, tragen Säulen mit korinthischen Kapitellen noch gothisches Masswerk.
An die Klosterhöfe wollen wir das Aitre Saint-Maclou in Rouen reihen (1525), einen ehemaligen
Kirchhof 32 x 48m. Auf der einen Seite ist eine breite Säulenhalle und ein Fachwerkbau darüber.
An den Gebäuden auf den drei anderen Seiten sind sie jetzt zugemauert. Die feine und stramme Pro-
filirung der Säulen aus Stein zeigt Mailändisch-Bramante’sche Schule. Die Säulen haben in halber Höhe
einen Doppelring, über welchem Scenen aus dem Todtentanze mit reizenden Figürchen voll franco-italie-
nischer Grazie sculpirt sind. Die untere Hälfte ist cannelirt, die obere glatt. Die Kapitelle sind im
Früh-Renaissancecharakter und korinthisirend. Palufire giebt ihm das Datum 1526—33.
Einen kleineren Klosterhof führt Palufire an zu Melun, im Priorat von Saint-Sauveur, ferner Reste
in Orleans und Blois.
Von wundervoller Schönheit muss, nach der Abbildung zu urtheilen, die wir
in Fig. 214 1387) geben, der untergegangene Klosterhof der Celeftins zu Paris ge-
1336) Siehe: Tremblaye, Le R. P. Dom M. de la. Solesmes. Les Sculptures de V Eglije abbatiale. Solesmes 1892.
S. 128 und Bl. XXX—XXXII.
1337) Facs.-Repr. nach Aufnahmen von J. Bauchet, in Albert Lenoir’s Collection de Documents inedits Jur VHijioire
de France.

9°7
Sculpturen.

908
Beispiele
des Stils
Ludwig XII.
und
Franz I.
 
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