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Geymüller, Heinrich von; Geymüller, Heinrich von [Mitarb.]
Die Baukunst der Renaissance in Frankreich (Heft 2): Struktive und ästhetische Stilrichtungen, Kirchliche Baukunst — Stuttgart: Bergsträsser, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.67518#0240
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558

742- Auch im Aeusseren bilden Ueberbleibsel von Fenstergewänden mit hohen Ohren oben und
Das Aeussere. unten mjt einem Theile des glatt durchschnittenen Fenstersturzes die Gliederung der Fensterpfosten.
Die Behandlung der Fensierlaibung ist noch eigenthümlicher. Am Drittel der Mauerdicke ist in der
Laibung ein zweites Fensier in derselben Weise durchschnitten, eingeschaltet, und durch dessen Ueber-
bleibsel wird die Laibung und was oben und unten von Sohlbank und Sturz übrig bleibt, um diese
Rahmenbreite enger. Auch ist die Profilirung der beiden übereinander zurücktretenden Sohlbänke wie

743-
Notre-Dame
des Ardilliers
zu Saumur.

eine umgekehrte Unterseite einer Hängeplatte geschwungen mit einer aufwärts gerichteten Wassernase,

hinter welcher ein Canal entlieht.
Die aussen an der Wölbung der Kuppel entlang
die alten Stufen zu haben. Sie sind scharfkantig ohne
Die Extradossirung der Gewölbsteine bildet die Aussen-
linie der Kuppel. Die Ausführung des Steinschnitts ist
eine so präcise, dass auch ohne Schutzkuppel keinerlei
Schaden entstanden zu sein scheint.
Die Laterne fällt durch ihre Höhe und Breite
im Verhältniss zum Ganzen auf. Ihr Umgang durch
gekuppelte korinthische Säulen, die acht Bogen tragen,
ist ziemlich hübsch. Die Baluslrade über deren Gebälk
lässt ihre Calotte wenig zum Vorschein gelangen.
Ihre korinthischen Kapitelle erinnern mehrfach an
jene De l’Ornie1? an den Tuilerien. Die Blattspitzen
des Umschlages scheinen von einem unteren glatten
Blatte getragen zu sein, von dem die Zacken sich ab-
heben. Sie haben auch einiges Verwandte mit denen
am Portal von Anet, jetzt in der Ecole des Beaux-
Arts zu Paris.
Die schlanken glatten Steinpyramiden der nie-
drigen Thürme, die jetzt kahl erscheinen, mochten
früher nur seitwärts und von hinten sichtbar sein und
sich mit dem Dach und den Kaminen des Flügels
verbinden. Wie jene in Fig. 206 dürften sie ein
Zeichen der feudalen Rechte des Schlossherrn sein.
3) Weitere Kuppelbauten.
Ein interessanter Kuppelbau, über
den ich lange keine näheren Angaben
besass als die Stiche des Architekten Jean

zur Laterne hinaufführenden vier Treppen scheinen
das Profil, das Du Cerceau und Pfnorr angeben.
Fig. 196.


Marot, ist die Kirche Notre-Dame-des-
Ardilliers zu Saumur (siehe Fig. 194* * 1155).
Wäre diese Kirche in Italien, so würde

Notre-Dame des Ardilliers zu Saumur.
Querschnitt.

man sie, wegen ihrer strengen Gliederung, zwischen 1505 und 1520 setzen1156). Die
des quadratischen Erdgeschosses mit dem Giebel in der Mitte, den festen Ecken
mit Obelisken bekrönt, erinnert direct an das Erdgeschoss von S. Maria di Loreto
in Piazza Trajana zu Rom, welche Antonio da Sang allo d. J. 1506 begann.
Soweit die Stiche Marot?? ein Urtheil gestatteten, konnte man sie in die Zeit von 1550—70 oder
in die classische Zeit Ludwig?, XIII. und Ludwig? XIV. setzen. Erst bei meinem Besuche im Jahre 1900
konnte ich feststellen, dass sie 1654 begonnen und 1695 vollendet wurde. Statt wie die erwähnte Kirche
in Rom ins Achteck überzugehen, ist hier das obere Geschoss rund. Marot, vielleicht der Schöpfer des
alle Volte, des Sigismondo Chigi bei Siena (1505). Siehe: Architektur der Renai/fance in Toscana. München 1884 1900.
Allgemeines, Kapitel Villen. Bl. 9.
1155) Facs.-Repr. nach: Marot, Jean etc., a. a. O., Bd. I, S. 20.
1156) Joanne, A. Petit Dictionnaire geographique de la France (Paris 1880) sührt sie mit der Angabe: XVI. und
XVII. Jahrhundert an. Genauere Angaben fand ich erst in Desme, L. Notice sur Notre-Dame des Ardilliers. Saumur
1883, S. 68, 69 u. X13.
 
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