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Geymüller, Heinrich von; Geymüller, Heinrich von [Mitarb.]
Die Baukunst der Renaissance in Frankreich (Heft 2): Struktive und ästhetische Stilrichtungen, Kirchliche Baukunst — Stuttgart: Bergsträsser, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.67518#0262
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58°

780.
Verschiedene
Ansichten.

7’1.
Die Kuppelfon
und Helme.

die Thür liegt. Die Formen scheinen zur vereinfachten Richtung von Gaillon zu
gehören.
An der Kirche zu Livilliers springt eine solche seitliche Vorhalle capellen-
artig vor.
Vor der Sakristeithür an Notre-Dame zu Rodez ist eine Vorhalle mit casset-
tirtem Tonnengewölbe, vorne als weite Rundbogenarcade mit quadratischer Um-
rahmung sich öffnend, und mit einer Arcatur von Nischen mit Pilastern und drei
Zinnen gekrönt.
Die Vorhalle von Notre-Dame-du-Puy an der Seite nach dem Bischofspalast ist
als concentrische Doppelarcade (siehe: Art. 530, S. 393) gebildet. Die innere Archi-
volte, von Säulen getragen, wölbt sich als ganz frei gearbeiteter Bogen und ist mit
der äusseren Archivolte durch drei kleine Pilaster in radialer Stellung verbunden 1210).
Die drei Portale von St.-Michel zu Dijon sind so tief, dass sie fast Vorhallen bilden; sie wurden
gelegentlich dieser Fagade besprochen. In der Kirche zu Gisors wird durch den Orgellettner eine innere
Vorhalle von drei Bogen in der Breite des Mittelschiffs geschaffen. Du Cerceati ist im Stich mit seiner
Umarbeitung der Fagade der Certofa von Pavia1211) bemüht, ein grossartiges Thor-Motiv an Stelle der
vertieften Portale der französischen gothischen Kathedralen als Vorbogen oder kleine Vorhalle auszubilden.
b) Die Thürme.
Ausser den Thurmanlagen, die schon bei Gelegenheit von einer Fagade be-
sprochen wurden, giebt es eine Reihe von Thürmen, die für sich eine Erwähnung
verdienen. Auch bei neuen Thürmen bleibt der Gedanke der Composition sehr
lange noch ein gothischer, nur w'ird er in den neuen Formen ausgedrückt.
1) Die Form des oberen Abschlusses.
Die wichtigste Frage, die hier den Architekten entgegentrat, war wohl die
der Form, in welcher der Thurm oben abgeschlossen werden sollte, ob mit einem
Helm, einer Kuppel oder als Terrasse.
In die Anschauungen, die Frage des oberen Abschlusses der Thürme be-
treffend, erhalten wir einen interessanten Einblick aus der Zeit, als die Renaissance
in Rouen einzudringen begann. Im Jahre 1504 fragt man sich in einer Conferenz mit
Pierre Valence, ob der neue Thurm der Kathedrale mit einem Helm {aiguille} oder
einer Terrasse endigen solle1212). In einer zweiten Conferenz am 14. September 1506
mit Nicolas Biard fragt man sich von Neuem, ob er als Helm (aiguille') oder felon
le gout moderne, en couronne endigen solle 1213). Mit letzterem Wort ist ohne Zweifel
die Kuppelform eines Tempietto gemeint.
Wir lassen einige Beispiele folgen, in welchen die Kuppelform angenommen wurde.
Pierre Lemercier (siehe; Art. 718 u. 719, S. 530 bis 535) bekrönte 1552 den quadratischen gothischen
Thurm von St.-Maclou zu Pontoise mit einem achteckigen Kuppelbau. Das Gesims des Tambours, der vier
Hauptseiten bildet Segmentgiebel. An den Diagonalseiten des Tambours sind achteckige Piedestale bis zu
dessen Gesims gestellt, auf welches dann schlanke, von Säulen uni Pilastern umstellte Tempietti mit Kuppeln
folgen. Die Laterne der Hauptkuppel wird von einem ähnlichen aber etwas grösseren Tempietto gebildet,
1210) Abgebildet bei: Nodier u. Taylor, a. a. O. Auvergne, Bd. II, S. 156.
1211) Siehe Art. 644, S. 461. Abgebildet bei: Geymüller, H. de. Les Du Cerceau etc., a. a. O., Fig. 28.
1212) „Scavoir fe la neuve tour de la dite esglise feroit amortie ou achevee a. esguille ou terraffe* (Lance, A. Die-
tionnaire etc , a. a. O., Bd. II, S. 302).
1213) Ebenda!. Bd. I, S. 70.
 
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