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Die ‘Strebepfeiler an den Ecken der Fa^ade der Schlosscapelle zu Usse (etwa
1520) sind ebenfalls bemerkenswerth. Im Erdgeschoss sind sie glatt. Darüber
stehen zwei gekuppelte Säulen, die aber in ihrem Umfange nicht frei herausge-
meisselt, sondern durch profilirte Rippen verbunden und auch an den äusseren Dia-
gonalen mit solchen besetzt sind.
Die Schäfte sind mit grossen ornamentalen Buchstaben, abwechselnd L und C, und mit einer In-
schriftstafel von einem Kranze umgeben decorirt, und tragen über den Kapitellen die Statuen, deren Nischen
das zweite, Baldachine das dritte Geschoss der Strebepfeiler bis zum Kranzgesims bilden. Zwischen
den Nischen nehmen die profilirten Grate Pilasterformen an und zwischen den Baldachinen die von Cande-
labern. Fialen bekrönen die Pfeiler und sind nach Vorbildern von Candelaberstämmen gegliedert.
Am Chor derselben Schlosscapelle zeigen die Strebepfeiler desselben Meisters andere Formen. Bis
zu der Fensterbank ist ihr Unterbau glatt; dann folgen sehr breite, jonische Pilasler im ersten Stock;
darüber gehen sie, mittels kleinerer Pilasler, Halbsäulen, Candelaberformen in ein unregelmässiges Achteck
über. Fialen, deren Helme als glatte Kegel gebildet, aber mit vier bis fünf profilirten Ringen umgeben
sind, schliessen sie ab.
Zu den schönsten Bildungen dieser Art gehören die Fialen über den Ecken 793.
der Chorcapellen und die Pfeiler zweier Strebebogen an St.-Pierre zu Caen. Sie Be‘spieIe
u o aus (_aen und
sind mittels Pfeilern, Pilastern, Kapitellen, Vasen und Candelabern in reichster Weise Faiaise.
ausgebildet.
An letzteren Pfeilern ist die untere Hälfte kräftig und einfach , wie aus zwei aneinander gestellten
quadratischen Pfeilern gebildet. Nur die Kanten sind wie die Strebepfeiler der Cathedrale von Como mit
einem Plättchen und Karnies (talori) profilirt; in ihrer Mitte ist ein Medaillonprofil; ein Fries und Gesims
schliesst sie ab. Ueber diesem beginnt die bewegte Partie. In der Mitte, diagonal gestellt, ist ein quadrati-
scher Pilasler, dessen Kanten Candelaber sind und über dessen Kapitell ein reicher Candelaber sleht. Die
Uebergänge vom Rechteck zum Quadrat sind durch andere fialenartige Candelaber gebildet. Der Unterbau
dieses Pfeilers hat ein Gesims und nach aussen zu eine Strebeconsole, an deren Ende ein kleiner Strebe-
pfeiler sich wie eine Fiale aufbaut, und von ihm geht ein ganz kurzer Strebebogen in das Medaillon der
Stirnseite des Hauptpfeilers über. Alles das ist in Formen ausgesprochen, die, wenn auch etwas kräftiger,
ihr Vorbild in den Candelabern der Fenster an der Certosa von Pavia und an den Fialen der Seiten dieses
Denkmals, besonders aber jener der Kathedrale von Como, haben. Hector Sohier soll sie zwischen 1521 u.
1545 errichtet haben.
An der Kirche der Trinite zu Faiaise ist ausser dem in Fig. 179 abgebildeten
Portale an beiden Seiten der Apsis ein interessanter Strebepfeiler und Bogen von
1539 angebracht.
Die Pfeiler derselben sind etwa wie die Seite eines kleinen Thurmes gegliedert: mit kleineren
Strebepfeilern an beiden Enden, zwei Rundbogenrahmen durch eine Halbsäule getrennt dazwischen. In der
Mitte jedes dieser Rahmen ist eine Nische, fensterartig umrahmt. Ein First mit reich durchbrochener Be-
krönung schliesst den Pfeiler in der Mitte ab. Reiche Baldachine , etwa in der Art derer von St.-Pierre
zu Caen , gliedern die Seiten der Strebepfeiler und andere bekrönen sie.
Man findet in ähnlichen Fällen, wo Strebeconsolen vorkommen, den Versuch, diese auf eine Grösse zu 794-
beschränken, in welcher sie nicht mehr als zu einem Unding gewordene, aus allem Zusammenhang mit den
übrigen Theilen herausgewachsene schwächliche Glieder erscheinen. In der Kirche von Ay sieht man
eine steile Console von C-Form nach zweifach schräger Abstufung am oberen Theile eines Strebepfeilers
nicht ungeschickt den Anschluss an das Gesims und an eine über dernselben gestellte Fiale bilden1217).
Einen interessanten Versuch, die Strebepfeiler antik umzubilden, zeigen die Ruinen
des kleinen Klosterhofs von St.-Jean-des- Vignes zu Soissons.
Auf Piedestalen stehen schlanke dorische Säulen. Ueber deren Kapitell führen rückwärts gelehnte
S-Consolen, die von kleinen Giebeln gekrönt sind, zu einer zurückliegenden Flucht des oberen Drittels des
Strebepfeilers. Ueber dessen Astragal und kleinerem Gesims bedeckt eine ähnliche aber flachere Console
den Pfeiler und verbindet ihn zugleich abschliessend mit der Fensterbrüstung.
Inmitten der gothischen Strebepfeiler der Kathedrale zu Bordeaux ist nur ein einziger Renaissance-
1217) Siehe: Nodier u. Taylor, a. a. O. Champagne, Bd. I.
Die ‘Strebepfeiler an den Ecken der Fa^ade der Schlosscapelle zu Usse (etwa
1520) sind ebenfalls bemerkenswerth. Im Erdgeschoss sind sie glatt. Darüber
stehen zwei gekuppelte Säulen, die aber in ihrem Umfange nicht frei herausge-
meisselt, sondern durch profilirte Rippen verbunden und auch an den äusseren Dia-
gonalen mit solchen besetzt sind.
Die Schäfte sind mit grossen ornamentalen Buchstaben, abwechselnd L und C, und mit einer In-
schriftstafel von einem Kranze umgeben decorirt, und tragen über den Kapitellen die Statuen, deren Nischen
das zweite, Baldachine das dritte Geschoss der Strebepfeiler bis zum Kranzgesims bilden. Zwischen
den Nischen nehmen die profilirten Grate Pilasterformen an und zwischen den Baldachinen die von Cande-
labern. Fialen bekrönen die Pfeiler und sind nach Vorbildern von Candelaberstämmen gegliedert.
Am Chor derselben Schlosscapelle zeigen die Strebepfeiler desselben Meisters andere Formen. Bis
zu der Fensterbank ist ihr Unterbau glatt; dann folgen sehr breite, jonische Pilasler im ersten Stock;
darüber gehen sie, mittels kleinerer Pilasler, Halbsäulen, Candelaberformen in ein unregelmässiges Achteck
über. Fialen, deren Helme als glatte Kegel gebildet, aber mit vier bis fünf profilirten Ringen umgeben
sind, schliessen sie ab.
Zu den schönsten Bildungen dieser Art gehören die Fialen über den Ecken 793.
der Chorcapellen und die Pfeiler zweier Strebebogen an St.-Pierre zu Caen. Sie Be‘spieIe
u o aus (_aen und
sind mittels Pfeilern, Pilastern, Kapitellen, Vasen und Candelabern in reichster Weise Faiaise.
ausgebildet.
An letzteren Pfeilern ist die untere Hälfte kräftig und einfach , wie aus zwei aneinander gestellten
quadratischen Pfeilern gebildet. Nur die Kanten sind wie die Strebepfeiler der Cathedrale von Como mit
einem Plättchen und Karnies (talori) profilirt; in ihrer Mitte ist ein Medaillonprofil; ein Fries und Gesims
schliesst sie ab. Ueber diesem beginnt die bewegte Partie. In der Mitte, diagonal gestellt, ist ein quadrati-
scher Pilasler, dessen Kanten Candelaber sind und über dessen Kapitell ein reicher Candelaber sleht. Die
Uebergänge vom Rechteck zum Quadrat sind durch andere fialenartige Candelaber gebildet. Der Unterbau
dieses Pfeilers hat ein Gesims und nach aussen zu eine Strebeconsole, an deren Ende ein kleiner Strebe-
pfeiler sich wie eine Fiale aufbaut, und von ihm geht ein ganz kurzer Strebebogen in das Medaillon der
Stirnseite des Hauptpfeilers über. Alles das ist in Formen ausgesprochen, die, wenn auch etwas kräftiger,
ihr Vorbild in den Candelabern der Fenster an der Certosa von Pavia und an den Fialen der Seiten dieses
Denkmals, besonders aber jener der Kathedrale von Como, haben. Hector Sohier soll sie zwischen 1521 u.
1545 errichtet haben.
An der Kirche der Trinite zu Faiaise ist ausser dem in Fig. 179 abgebildeten
Portale an beiden Seiten der Apsis ein interessanter Strebepfeiler und Bogen von
1539 angebracht.
Die Pfeiler derselben sind etwa wie die Seite eines kleinen Thurmes gegliedert: mit kleineren
Strebepfeilern an beiden Enden, zwei Rundbogenrahmen durch eine Halbsäule getrennt dazwischen. In der
Mitte jedes dieser Rahmen ist eine Nische, fensterartig umrahmt. Ein First mit reich durchbrochener Be-
krönung schliesst den Pfeiler in der Mitte ab. Reiche Baldachine , etwa in der Art derer von St.-Pierre
zu Caen , gliedern die Seiten der Strebepfeiler und andere bekrönen sie.
Man findet in ähnlichen Fällen, wo Strebeconsolen vorkommen, den Versuch, diese auf eine Grösse zu 794-
beschränken, in welcher sie nicht mehr als zu einem Unding gewordene, aus allem Zusammenhang mit den
übrigen Theilen herausgewachsene schwächliche Glieder erscheinen. In der Kirche von Ay sieht man
eine steile Console von C-Form nach zweifach schräger Abstufung am oberen Theile eines Strebepfeilers
nicht ungeschickt den Anschluss an das Gesims und an eine über dernselben gestellte Fiale bilden1217).
Einen interessanten Versuch, die Strebepfeiler antik umzubilden, zeigen die Ruinen
des kleinen Klosterhofs von St.-Jean-des- Vignes zu Soissons.
Auf Piedestalen stehen schlanke dorische Säulen. Ueber deren Kapitell führen rückwärts gelehnte
S-Consolen, die von kleinen Giebeln gekrönt sind, zu einer zurückliegenden Flucht des oberen Drittels des
Strebepfeilers. Ueber dessen Astragal und kleinerem Gesims bedeckt eine ähnliche aber flachere Console
den Pfeiler und verbindet ihn zugleich abschliessend mit der Fensterbrüstung.
Inmitten der gothischen Strebepfeiler der Kathedrale zu Bordeaux ist nur ein einziger Renaissance-
1217) Siehe: Nodier u. Taylor, a. a. O. Champagne, Bd. I.