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räumen von St.-Laurent in Nogent-sur-Seine (siehe Art. 664, S. 476), wo die Strebe-
pfeiler als mehr oder weniger stark vortretende Composita-Pilaster behandelt sind.
An dem einen wird er zu einer cannelirten Säule.
Um dem Gesims über denselben eine geringere Verkröpfung zu geben, als der Vorsprung der Strebe-
pfeiler beträgt, springt es von der Stirnseite letzterer weniger vor als in den Intercolumnien, wo der
grössere Vorsprung durch Stützconsolen im Fries ermöglicht wird. Die Pfosten der Balustrade über dem
Gesims laufen in obeliskartigen Fialen aus. In der Kirche zu Berville (etwa 1550) haben die Strebepfeiler
gekuppelte dorische Pilaster und über deren Gebälk Postamente, von welchen aus rückwärts gelehnte
S-Consolen zum Dachgesims führen. In Rugles zeigt die Aussenarchitektur der Capellen Strebepfeiler als
korinthiscbe Ordnung auf hohen Piedestalen ausgebildet1219).
An den zwei oberen Stockwerken des Thurms der Kathedrale von Blois (um
1540?) bilden ganz enggekuppelte, schlanke korinthische Dreiviertel-Säulen die Stirn-
seite der Strebepfeiler, die als Pilaster gegliedert sind und an welchen die ver-
kröpften Gebälke einer kräftigen Vergurtung der aufstrebenden Glieder gleichen.
An jeder Seite des Thurmes treten drei solche Strebepfeiler hervor, so dass an den Ecken je zwei
rechtwinklig zusammentreffen. Die Wiederholung derselben Ordnung an zwei gleich hohen Geschossen ver.
leiht der ganzen Gliederung etwas Ruhiges, das zur Einfachheit der glatten romanischen Strebepfeiler am
unteren Drittel des Thurms gut passt.
Interessant und ziemlich verschieden ist das Strebepfeilersystem am Chorbau
von St.-Germain zu Argentan.
An den Stirnseiten sind drei Ordnungen gekuppelter Säulen übereinander abgestuft. Die äusseren
und inneren Pfeiler des äusseren Chorumgangs werden gleich hoch emporgeführt und sind in verschiedener
Weise untereinander verbunden: durch eine Art Gitter von zwei grossen Dockenreihen übereinander, über
welche zuweilen ein Rundbogen mit Giebel kommt, oder durch drei kleinere Strebebogen. Diese oberen
Theile, die durch Betonung der Lagerfugen ein Rustikaaussehen erlangt haben, dürften einer späteren Zeit
entslammen. Von diesen Doppelpfeilern geht dann der Hauptstrebebogen über den inneren Umgang empor.
Vom XVII. Jahrhundert an werden die Strebepfeiler seltener. Da, wo solche
oder Strebeconsolen wie an St.-Szilpice oder der Invalidendom-Kuppel zu Paris, zu
erwähnen waren, geschah dies bereits gelegentlich dieser Denkmäler, (Siehe Art. 728,
S. 546 und Art. 767 u. 768, S. 576.)
Am Val-de-Grace zu Paris sind die Stirnseiten und, an sie anschliessend, die Seiten der Strebepfeiler
des Tambours mit korinthischen Pilastern bekleidet, deren Schäfte nicht scharfkantig zusammenstossen,
sondern mittels eines kleinen einspringenden Winkels getrennt sind, dessen Seiten dem Vorsprunge der
Pilaster entsprechen. Hierdurch sehen die Strebepfeiler wie ein fester Kranz quadratischer korinthischer
»Pfeiler« aus, deren hintere Seite, als glatter Mauerstreifen verlängert, sie mit dem Tambour verbindet.
d) Die Portale oder Thüren.
Die Kirchenthüren oder Portale bilden oft das Hauptprachtstück einer Fa<jade.
Die Gesammtcomposition bis in die Anfänge der Hoch-Renaissance, und zuweilen
während dieser, bleibt die der gothischen Kathedralen. In ihrer Uebersetzung in
die neuen Formen tritt eine sehr grosse Mannigfaltigkeit von Ideen, eine grosse
Phantasie der Anordnungen und ein oft reizender Geschmack in der Ornamentirung
hervor.
1) Portale der Uebergangsphase.
Vermuthlich von Roulland Leroux, seit 15101220), slammt die Decoration des
Mittelportals der Faijade der Kathedrale von Rouen. Es wurde bereits angedeutet,
dass man hier vor einem Wunder der Virtuosität steht. Es ist, als ob hier der
797-
Beispiele mit
Säulenformen.
798.
Beispiele
aus dem
XVII. Jahr-
hundert.
799-
Kathedrale
zu Rouen.
1219) Abgebildet bei: Kodier u. Taylor, a. a. O.
1220) Siehe: Art. 108, S. 103, Art. 114, S. 110.
Normandie, Bd. III.
räumen von St.-Laurent in Nogent-sur-Seine (siehe Art. 664, S. 476), wo die Strebe-
pfeiler als mehr oder weniger stark vortretende Composita-Pilaster behandelt sind.
An dem einen wird er zu einer cannelirten Säule.
Um dem Gesims über denselben eine geringere Verkröpfung zu geben, als der Vorsprung der Strebe-
pfeiler beträgt, springt es von der Stirnseite letzterer weniger vor als in den Intercolumnien, wo der
grössere Vorsprung durch Stützconsolen im Fries ermöglicht wird. Die Pfosten der Balustrade über dem
Gesims laufen in obeliskartigen Fialen aus. In der Kirche zu Berville (etwa 1550) haben die Strebepfeiler
gekuppelte dorische Pilaster und über deren Gebälk Postamente, von welchen aus rückwärts gelehnte
S-Consolen zum Dachgesims führen. In Rugles zeigt die Aussenarchitektur der Capellen Strebepfeiler als
korinthiscbe Ordnung auf hohen Piedestalen ausgebildet1219).
An den zwei oberen Stockwerken des Thurms der Kathedrale von Blois (um
1540?) bilden ganz enggekuppelte, schlanke korinthische Dreiviertel-Säulen die Stirn-
seite der Strebepfeiler, die als Pilaster gegliedert sind und an welchen die ver-
kröpften Gebälke einer kräftigen Vergurtung der aufstrebenden Glieder gleichen.
An jeder Seite des Thurmes treten drei solche Strebepfeiler hervor, so dass an den Ecken je zwei
rechtwinklig zusammentreffen. Die Wiederholung derselben Ordnung an zwei gleich hohen Geschossen ver.
leiht der ganzen Gliederung etwas Ruhiges, das zur Einfachheit der glatten romanischen Strebepfeiler am
unteren Drittel des Thurms gut passt.
Interessant und ziemlich verschieden ist das Strebepfeilersystem am Chorbau
von St.-Germain zu Argentan.
An den Stirnseiten sind drei Ordnungen gekuppelter Säulen übereinander abgestuft. Die äusseren
und inneren Pfeiler des äusseren Chorumgangs werden gleich hoch emporgeführt und sind in verschiedener
Weise untereinander verbunden: durch eine Art Gitter von zwei grossen Dockenreihen übereinander, über
welche zuweilen ein Rundbogen mit Giebel kommt, oder durch drei kleinere Strebebogen. Diese oberen
Theile, die durch Betonung der Lagerfugen ein Rustikaaussehen erlangt haben, dürften einer späteren Zeit
entslammen. Von diesen Doppelpfeilern geht dann der Hauptstrebebogen über den inneren Umgang empor.
Vom XVII. Jahrhundert an werden die Strebepfeiler seltener. Da, wo solche
oder Strebeconsolen wie an St.-Szilpice oder der Invalidendom-Kuppel zu Paris, zu
erwähnen waren, geschah dies bereits gelegentlich dieser Denkmäler, (Siehe Art. 728,
S. 546 und Art. 767 u. 768, S. 576.)
Am Val-de-Grace zu Paris sind die Stirnseiten und, an sie anschliessend, die Seiten der Strebepfeiler
des Tambours mit korinthischen Pilastern bekleidet, deren Schäfte nicht scharfkantig zusammenstossen,
sondern mittels eines kleinen einspringenden Winkels getrennt sind, dessen Seiten dem Vorsprunge der
Pilaster entsprechen. Hierdurch sehen die Strebepfeiler wie ein fester Kranz quadratischer korinthischer
»Pfeiler« aus, deren hintere Seite, als glatter Mauerstreifen verlängert, sie mit dem Tambour verbindet.
d) Die Portale oder Thüren.
Die Kirchenthüren oder Portale bilden oft das Hauptprachtstück einer Fa<jade.
Die Gesammtcomposition bis in die Anfänge der Hoch-Renaissance, und zuweilen
während dieser, bleibt die der gothischen Kathedralen. In ihrer Uebersetzung in
die neuen Formen tritt eine sehr grosse Mannigfaltigkeit von Ideen, eine grosse
Phantasie der Anordnungen und ein oft reizender Geschmack in der Ornamentirung
hervor.
1) Portale der Uebergangsphase.
Vermuthlich von Roulland Leroux, seit 15101220), slammt die Decoration des
Mittelportals der Faijade der Kathedrale von Rouen. Es wurde bereits angedeutet,
dass man hier vor einem Wunder der Virtuosität steht. Es ist, als ob hier der
797-
Beispiele mit
Säulenformen.
798.
Beispiele
aus dem
XVII. Jahr-
hundert.
799-
Kathedrale
zu Rouen.
1219) Abgebildet bei: Kodier u. Taylor, a. a. O.
1220) Siehe: Art. 108, S. 103, Art. 114, S. 110.
Normandie, Bd. III.