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894-
Der
italienische
Antheil.
895.
Die
französischen
Sculpturen.
liehen Macht gebracht. Es entflieht ein mächtiger Gegensatz, der auf den Beschauer tröstend und
stärkend wirkt.
An den beiden römischen Kriegern erkennt man sofort die Composition und Ausführung von Italienern.
Sie haben entfernt etwas von denen unten an der Thür des Pal. Medici zu Mailand, jetzt im Mufeo
archeologico daselbst slehenden. Ihr Costürn und dessen Verzierung erinnert auch an einzelne Krieger-
gestalten im sdbernen Altar-Dossale des Battislero zu Florenz im dortigen Museo dell' Opera del Duorno.
Diese Ornamente geben einige Anhaltspunkte für eine annähernde Bestimmung der Heimath des Künstlers.
Die steife Palmette in der Mitte des Brustpanzers weist auf einige Florentiner Werke aus der
Umgebung Defiderio's und Giulianos da Majano. Die Anordnung gewisser übereinander gelegter Blätter
auf den Schulterstücken der Rüstung kommt ebenfalls nur in einigen seltenen Beispielen Florentiner
Decoration, wie die Kapitell-Consolen im Refectorium der Badia Fiefolana, vor. Wir haben es also
wieder mit einem Italiener und zwar aus Florenz oder dessen unmittelbarer Umgegend zu thun. In
ganz Frankreich wäre kein Franzose fähig gewesen, sich diese Eigenthümlichkeiten der Behandlung
anzueignen.
Mit derselben Sicherheit muss hervorgehoben werden , dass die beiden Pilaslerfüllungen von einem
Italiener componirt und gemeisselt worden sind. Am Fuss des Candelabers links sleht eingemeisselt:
MoCCCC°IIIIxxXVI° (1496). Am Fuss des Candelabers rechts: KAROLO VIII° REGNANTE.
In Frankreich sind mir keine anderen Beispiele gerade dieses Charakters von Pilaslerfüllungen vor-
gekommen und selbsl in Italien sind sie seiten. Ihre hervorragende Schöheit beruht in erster Reihe auf
dem wundervollen kräftigen Aufbau des Candelabers in der Axe des Pilasters, der zugleich klar, kräftig
und sehr elegant in der ganzen Höhe die Axe des Pilasters einnimmt. Sie endigen in Schalen, unter
denen zwei Engelchen sitzen und auf denen ein Phönix inmitten der Flammen sleht. Ferner in der be-
sonders schönen Art, wie das Blattwerk in Geslalt von Ranken sich aus den Formen des Candelabers
entwickelt, die Bewegung seiner Linien begleitet und den Grund der Pilaslerfüllungen ausfüllt. Nach
einzelnen Partien dieses Blattwerks ist es wohl möglich, dass diese Pilaslerfüllungen vom Meister her-
rühren , der die Krieger ausgeführt hat. Jedoch ist es nicht ganz sicher. Die Behandlung des Pal-
mettenbaues um den Candelaber rechts deutet mit Sicherheit auf einen Meisler, dessen Ausbildung ebenfalls
in die Zeit der Decoration des Refectoriums der Badia Fiefolana (vermuthlich durch Giuliano da Majano,
um 1460) fällt. Am Candelaber selbsl, an seinen Guirlanden und Ornamenten ist das Ornament und
Blattwerk fein. An den Ranken des Grundes ist es dagegen kräftig und zeigt Neigung für eine mehr
fette Behandlung von Pssanzenmotiven, die eine grössere Natürlichkeit zeigen, als am geläufigen Ornament
jener Zeit in Florenz üblich ist.
Am ehesten würde man hier an gewisse Formen in der Laibung der Ostthür Ghiberti’s am Battislero.
an das Blattwerk der Fenstergewänder des Pal. Pazzi (Quaratefi) und an die Sgraffito-Ornamente in ein-
zelnen Bogenzwickeln des grossen Klosterhofes von 5. Croce in Florenz denken, währenddem von der
anderen Seite die etwas fette und kräftigere Behandlung dieser vegetabilischen Ornamente mehr an die
Pilaslerfüllungen und Kapitelle, die Sperandio 1479 in Terracotta für die Thür der Kirche Corpus Domini
oder La Santa in Bologna modellirte, erinnert.
Im Ganzen genommen hängen diese Pilaster mit Candelaberfüllungen viel mehr mit oberitalienischen
Beispielen zusammen, wie man sie zwischen Genua und Venedig antreffen kann, als mit Florenz. An
S. Maria de' Aiiracoli zu Brescia ist links vom Mittelbau ein etwas ähnlicher Candelaber, wenn auch mit
feinerem Blattwerk, der ebenfalls oben mit dem Phönix im Feuer endigt. Es dürfte demnach neben dem
Meister aus der Umgegend von Florenz ein zweiter aus Norditalien hier thätig gewesen sein. Sie
scheinen mir viel geschicktere Meister als die beiden Scarpellini, welche am Grabmal Fransois II. in
Nantes arbeiteten. (Siehe Art. 854, S. 614)
Von den anderen sieben slehenden Figuren sind die zwei zu Häupten und die zwei zu Füsseh von
Christus, dann die beiden links von der Madonna, aufs Engste mit Michel Colombe verwandt, während
die drei hinteren in der Mitte einen ausgeprägteren einheimischen, französischen und gothischen Charakter
haben. Von dem ssämischen Einssuss, den einige hier gesucht haben, ist keine Spur zu sehen. In den
vier ersten Figuren ist, wie dies bei Colombe der Fall war, das gothische und realistische Element durch
den italienischen Einssuss sehr gemildert, ohne dass die Figuren ein italienisches Aussehen angenommen
hätten. Ob die sehr schöne, edle, ruhige, naturwahre, aber keine Spur von beleidigendem Realismus
zeigende Figur Christi eine italienische oder französische Arbeit ist, konnte ich bloss nach den Photo-
gravuren im Profil nicht entseheiden. Von vorne betrachtet zeigte mir der Kopf sofort die Arbeit eines
Franzosen. Vielleicht ist die Figur der Magdalena und die Figur Davids vom selben Meister. Die Wirkung
dieser Figuren in einem sanften Schatten, der sie jedoch gut erkennen lässt, ist eine vortreffliche.
894-
Der
italienische
Antheil.
895.
Die
französischen
Sculpturen.
liehen Macht gebracht. Es entflieht ein mächtiger Gegensatz, der auf den Beschauer tröstend und
stärkend wirkt.
An den beiden römischen Kriegern erkennt man sofort die Composition und Ausführung von Italienern.
Sie haben entfernt etwas von denen unten an der Thür des Pal. Medici zu Mailand, jetzt im Mufeo
archeologico daselbst slehenden. Ihr Costürn und dessen Verzierung erinnert auch an einzelne Krieger-
gestalten im sdbernen Altar-Dossale des Battislero zu Florenz im dortigen Museo dell' Opera del Duorno.
Diese Ornamente geben einige Anhaltspunkte für eine annähernde Bestimmung der Heimath des Künstlers.
Die steife Palmette in der Mitte des Brustpanzers weist auf einige Florentiner Werke aus der
Umgebung Defiderio's und Giulianos da Majano. Die Anordnung gewisser übereinander gelegter Blätter
auf den Schulterstücken der Rüstung kommt ebenfalls nur in einigen seltenen Beispielen Florentiner
Decoration, wie die Kapitell-Consolen im Refectorium der Badia Fiefolana, vor. Wir haben es also
wieder mit einem Italiener und zwar aus Florenz oder dessen unmittelbarer Umgegend zu thun. In
ganz Frankreich wäre kein Franzose fähig gewesen, sich diese Eigenthümlichkeiten der Behandlung
anzueignen.
Mit derselben Sicherheit muss hervorgehoben werden , dass die beiden Pilaslerfüllungen von einem
Italiener componirt und gemeisselt worden sind. Am Fuss des Candelabers links sleht eingemeisselt:
MoCCCC°IIIIxxXVI° (1496). Am Fuss des Candelabers rechts: KAROLO VIII° REGNANTE.
In Frankreich sind mir keine anderen Beispiele gerade dieses Charakters von Pilaslerfüllungen vor-
gekommen und selbsl in Italien sind sie seiten. Ihre hervorragende Schöheit beruht in erster Reihe auf
dem wundervollen kräftigen Aufbau des Candelabers in der Axe des Pilasters, der zugleich klar, kräftig
und sehr elegant in der ganzen Höhe die Axe des Pilasters einnimmt. Sie endigen in Schalen, unter
denen zwei Engelchen sitzen und auf denen ein Phönix inmitten der Flammen sleht. Ferner in der be-
sonders schönen Art, wie das Blattwerk in Geslalt von Ranken sich aus den Formen des Candelabers
entwickelt, die Bewegung seiner Linien begleitet und den Grund der Pilaslerfüllungen ausfüllt. Nach
einzelnen Partien dieses Blattwerks ist es wohl möglich, dass diese Pilaslerfüllungen vom Meister her-
rühren , der die Krieger ausgeführt hat. Jedoch ist es nicht ganz sicher. Die Behandlung des Pal-
mettenbaues um den Candelaber rechts deutet mit Sicherheit auf einen Meisler, dessen Ausbildung ebenfalls
in die Zeit der Decoration des Refectoriums der Badia Fiefolana (vermuthlich durch Giuliano da Majano,
um 1460) fällt. Am Candelaber selbsl, an seinen Guirlanden und Ornamenten ist das Ornament und
Blattwerk fein. An den Ranken des Grundes ist es dagegen kräftig und zeigt Neigung für eine mehr
fette Behandlung von Pssanzenmotiven, die eine grössere Natürlichkeit zeigen, als am geläufigen Ornament
jener Zeit in Florenz üblich ist.
Am ehesten würde man hier an gewisse Formen in der Laibung der Ostthür Ghiberti’s am Battislero.
an das Blattwerk der Fenstergewänder des Pal. Pazzi (Quaratefi) und an die Sgraffito-Ornamente in ein-
zelnen Bogenzwickeln des grossen Klosterhofes von 5. Croce in Florenz denken, währenddem von der
anderen Seite die etwas fette und kräftigere Behandlung dieser vegetabilischen Ornamente mehr an die
Pilaslerfüllungen und Kapitelle, die Sperandio 1479 in Terracotta für die Thür der Kirche Corpus Domini
oder La Santa in Bologna modellirte, erinnert.
Im Ganzen genommen hängen diese Pilaster mit Candelaberfüllungen viel mehr mit oberitalienischen
Beispielen zusammen, wie man sie zwischen Genua und Venedig antreffen kann, als mit Florenz. An
S. Maria de' Aiiracoli zu Brescia ist links vom Mittelbau ein etwas ähnlicher Candelaber, wenn auch mit
feinerem Blattwerk, der ebenfalls oben mit dem Phönix im Feuer endigt. Es dürfte demnach neben dem
Meister aus der Umgegend von Florenz ein zweiter aus Norditalien hier thätig gewesen sein. Sie
scheinen mir viel geschicktere Meister als die beiden Scarpellini, welche am Grabmal Fransois II. in
Nantes arbeiteten. (Siehe Art. 854, S. 614)
Von den anderen sieben slehenden Figuren sind die zwei zu Häupten und die zwei zu Füsseh von
Christus, dann die beiden links von der Madonna, aufs Engste mit Michel Colombe verwandt, während
die drei hinteren in der Mitte einen ausgeprägteren einheimischen, französischen und gothischen Charakter
haben. Von dem ssämischen Einssuss, den einige hier gesucht haben, ist keine Spur zu sehen. In den
vier ersten Figuren ist, wie dies bei Colombe der Fall war, das gothische und realistische Element durch
den italienischen Einssuss sehr gemildert, ohne dass die Figuren ein italienisches Aussehen angenommen
hätten. Ob die sehr schöne, edle, ruhige, naturwahre, aber keine Spur von beleidigendem Realismus
zeigende Figur Christi eine italienische oder französische Arbeit ist, konnte ich bloss nach den Photo-
gravuren im Profil nicht entseheiden. Von vorne betrachtet zeigte mir der Kopf sofort die Arbeit eines
Franzosen. Vielleicht ist die Figur der Magdalena und die Figur Davids vom selben Meister. Die Wirkung
dieser Figuren in einem sanften Schatten, der sie jedoch gut erkennen lässt, ist eine vortreffliche.