Basel
technisch liegen bedeutsame Abweichungen vor. Das Stück ist zu Beginn der achtziger Jahre
in Basel oder in einem nahe verwandten zweifellos hochstehenden Wirkerzentrum entstan-
den, für das zunächst noch alle dokumentarischen Unterlagen fehlen. Weit enger schließt
sich der Sigmaringer Gruppe ein Fragment der ehemaligen Wiener Sammlung Figdor an
(Abb. 23, H. 0,79 m, L. 0,47 m)104). Die blau gezottelte Wildfrau — keine nackten Brüste,
auf dem Haupte mit den wattebauschähnlichen Locken der typische Maiglöckchenkranz —
nimmt vor dem Rankengrunde Aufstellung. Das Bruchstück entstammt einem Tier- oder
Wildmenschenteppich, die Legende:
,,• • ■ noch ■ • • ruch noch so wild,
ich hoff dich zem ein wiplich bild"
läßt kaum einen anderen Schluß zu. Das gleiche gilt von einem Fragment im Kopenhagener
Museum (H. 0,75 m, L. 1,01 m), das ein Jahrzehnt früher entstanden sein dürfte105). Eine
sitzende rot gekleidete Dame hält einen gelbgezottelten bärtigen Wildmann, der einen
Knüppel schwingt, an einer schweren, um den Fuß geschlossenen Kette. Den blauen Hin-
tergrund decken grüne Stauden. Die Spruchbänder glossieren den Vorgang:
Wildmann: ;,ich wil iemer wesen wild
bis mich zemt ein frowwen bild".
Dame: „ich frow ich wel dich zemen wol
als ich billich sol".
Charakteristisch sind die halbkreisförmigen Erdhügel mit den aufgelegten Blumenstauden
und den eingestreuten Tieren — Hirsch, Hund, Kaninchen —, die auf das engste mit dem
Getier des Minnegartens zusammengehen.
e) Wirkereien mit erotisch-satirischen Darstellungen.
Zu der gleichen Gruppe zählen schließlich Bruchstücke satirischen Inhaltes, die sich auf
die ehemalige Sammlung Figdor (Wien) und das Kölner Kunstgewerbemuseum106) vertei-
len. Im Wiener Fragment (Abb. 24a, H. 0,85 m, L. 1,09 m) reitet eine rotgekleidete junge
Frau auf einer Eselin, in der Hand die Spindel, am Gürtel die Wage, im Brusttuch den
Säugling, in der Rückenkiepe zwei Enten; zum Überfluß hängt noch ein Maulkorb herunter.
Zwischen den Ohren der Eselin hockt ein Affe, am Saumzeug ist der Kochkessel eingehakt.
Ziegenbock, Kalb, Hund, Schwein, ein an den Eutern der Eselin säugendes Junges, vervoll-
ständigen den seltsamen Zug.. Dem grünen Brokatmuster mit eingestreuten roten Blüten ist
das Spruchband aufgelegt:
„ich • het • husrat • gnug ■
wer • ich • sus • imas ■ fuog ■ "
Der Kölner Teppich (H. 0,80 m, L. 1,10 m) bringt die Vielbeschäftigte in Verbindung mit
einem jungen Mann. Die Rückenkiepe ist verschwunden, das Weib trägt den Korb mit Ente
und Hahn auf dem Kopf, eine Katze sitzt an den Ohren der Eselin, der Säugling im Brust-
tuch hat sich zu einem dreijährigen Bengel ausgewachsen, als Begleittiere erscheinen Kalb,
Schwein und Lamm. Der Bursche in blauem Wams und roten Hosen spricht durch die
Legende:
..liebes ■ metzlin •
wie • machtu • so • un • miessig ■ sin ■ "
Die Frau antwortet:
„unmuss ■ han ■ ich ■ fil ■
wen • ich • ze ■ merck ■ wil • "
B. Kurth wittert in der Anrede „metzlin" (kleine Metze, d. h. leichtsinniges Mädchen gerin-
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technisch liegen bedeutsame Abweichungen vor. Das Stück ist zu Beginn der achtziger Jahre
in Basel oder in einem nahe verwandten zweifellos hochstehenden Wirkerzentrum entstan-
den, für das zunächst noch alle dokumentarischen Unterlagen fehlen. Weit enger schließt
sich der Sigmaringer Gruppe ein Fragment der ehemaligen Wiener Sammlung Figdor an
(Abb. 23, H. 0,79 m, L. 0,47 m)104). Die blau gezottelte Wildfrau — keine nackten Brüste,
auf dem Haupte mit den wattebauschähnlichen Locken der typische Maiglöckchenkranz —
nimmt vor dem Rankengrunde Aufstellung. Das Bruchstück entstammt einem Tier- oder
Wildmenschenteppich, die Legende:
,,• • ■ noch ■ • • ruch noch so wild,
ich hoff dich zem ein wiplich bild"
läßt kaum einen anderen Schluß zu. Das gleiche gilt von einem Fragment im Kopenhagener
Museum (H. 0,75 m, L. 1,01 m), das ein Jahrzehnt früher entstanden sein dürfte105). Eine
sitzende rot gekleidete Dame hält einen gelbgezottelten bärtigen Wildmann, der einen
Knüppel schwingt, an einer schweren, um den Fuß geschlossenen Kette. Den blauen Hin-
tergrund decken grüne Stauden. Die Spruchbänder glossieren den Vorgang:
Wildmann: ;,ich wil iemer wesen wild
bis mich zemt ein frowwen bild".
Dame: „ich frow ich wel dich zemen wol
als ich billich sol".
Charakteristisch sind die halbkreisförmigen Erdhügel mit den aufgelegten Blumenstauden
und den eingestreuten Tieren — Hirsch, Hund, Kaninchen —, die auf das engste mit dem
Getier des Minnegartens zusammengehen.
e) Wirkereien mit erotisch-satirischen Darstellungen.
Zu der gleichen Gruppe zählen schließlich Bruchstücke satirischen Inhaltes, die sich auf
die ehemalige Sammlung Figdor (Wien) und das Kölner Kunstgewerbemuseum106) vertei-
len. Im Wiener Fragment (Abb. 24a, H. 0,85 m, L. 1,09 m) reitet eine rotgekleidete junge
Frau auf einer Eselin, in der Hand die Spindel, am Gürtel die Wage, im Brusttuch den
Säugling, in der Rückenkiepe zwei Enten; zum Überfluß hängt noch ein Maulkorb herunter.
Zwischen den Ohren der Eselin hockt ein Affe, am Saumzeug ist der Kochkessel eingehakt.
Ziegenbock, Kalb, Hund, Schwein, ein an den Eutern der Eselin säugendes Junges, vervoll-
ständigen den seltsamen Zug.. Dem grünen Brokatmuster mit eingestreuten roten Blüten ist
das Spruchband aufgelegt:
„ich • het • husrat • gnug ■
wer • ich • sus • imas ■ fuog ■ "
Der Kölner Teppich (H. 0,80 m, L. 1,10 m) bringt die Vielbeschäftigte in Verbindung mit
einem jungen Mann. Die Rückenkiepe ist verschwunden, das Weib trägt den Korb mit Ente
und Hahn auf dem Kopf, eine Katze sitzt an den Ohren der Eselin, der Säugling im Brust-
tuch hat sich zu einem dreijährigen Bengel ausgewachsen, als Begleittiere erscheinen Kalb,
Schwein und Lamm. Der Bursche in blauem Wams und roten Hosen spricht durch die
Legende:
..liebes ■ metzlin •
wie • machtu • so • un • miessig ■ sin ■ "
Die Frau antwortet:
„unmuss ■ han ■ ich ■ fil ■
wen • ich • ze ■ merck ■ wil • "
B. Kurth wittert in der Anrede „metzlin" (kleine Metze, d. h. leichtsinniges Mädchen gerin-
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