Eichstätt (16. Jahrhundert)
bereit. Das Wasser ist durch eigenartig netzförmige Linien wiedergegeben, die in den
Jagd- und Minneszenen des zweiteiligen Behanges im Bayerischen Nationalmuseum zu
München in ähnlicher Form zur Charakterisierung des Ententeiches verwandt werden.
Der „pater undis", von dem die Legende spricht, hat sich in der dritten Episode in ein
Teufelchen gewandelt, das die Wolken vor sich hertreibt und die Wellen bewegt. In dem
vierten und letzten Bilde der oberen Reihe langt die Heilige mit ihrem Gefolge in Mainz
an, St. Bonifazius entbietet den Empfangsgruß. Die Stadtanlage des Hintergrundes ist nicht
ungeschickt gelöst, über der Torburg prangt das Rad, das Wappen von Mainz. Die Farben
sind nach wie vor trüb und hart, eigenartig wirkt das Gewand des Heiligen mit den grob
nebeneinander gelegten roten und rosafarbenen Streifen.
Zeigt die Farbenstimmung der vier oberen Bilder noch ein verhältnismäßig ruhiges
Cachet, so erhält die untere Bilderreihe durch die schwarzen Gewänder der geistlichen
Frauen mit den weißen und rötlichen, gleichsam aus dem schwarzen Grund heraus
gekratzten Gewandlinien, eine düstere Note, die scharf kontrastiert mit dem zarten Orange
und Ockergelb der Gewänder der übrigen Personen, mit dem Ziegelrot der Mauern und
Fußbodenplatten.
In der 5. Episode, der ersten des unteren Streifens, erfolgt die Weihe der Heiligen zur
Äbtissin des Klosters Heidenheim bei Eichstätt durch ihren Bruder, den Eichstätter Bischof
Willibald. Im anschließenden Bilde ruht St. Walpurga auf dem Sterbelager, auf den Knien
eine reiche Brokatdecke. Eine Nonne reicht die Sterbekerze, ein Geistlicher und sieben
Klosterfrauen vollziehen die Sterbegebete. Der bunte Fliesenboden — Blau, Rot, Gelbrot —
sticht kräftig ab gegen das tiefe Schwarz der knienden Schwestern. Die siebente Episode
— Überführung des Sarkophages von Heidenheim nach Eichstätt unter Begleitung des
Bischofs und der Geistlichkeit — wirkt eigenartig bunt und frohbelebt. Die Flora zieht
sich, einem orientalischen Teppich gleich, bis in den Hintergrund, in den Wolken streichen
Enten in geordnetem Fluge, die Farben der Prozession und der Architektur sind licht, zart
und stimmungsvoll. Im letzten Bilde wird die Grabkapelle St. Walpurga zu Eichstätt, in
starker Anlehnung an das gleiche Motiv des 60 Jahre älteren Teppichs des Bischofs Jo-
hann von Eych, zur Darstellung gebracht. Vor den Stufen der Nische mit dem herab-
tropfenden Öl knien rechts zwei Pilger, links die Äbtissin Walpurga von Absberg — durch
ihr Wappenschild gekennzeichnet — mit zwei Chor- und einer Laienschwester.
Der Wert der Eichstätter Arbeiten ist naturgemäß weniger in der Qualität der Technik
begründet, die als mangelhaft bezeichnet werden muß, als vielmehr in dem stark flächen-
haften Empfinden, in Verbindung mit einer ganz ungewöhnlichen, in ihrer Zusammen-
stellung fast aufreizenden Farbenskala.
Gegenüber dem Walpurgateppich treten die übrigen Arbeiten der Gruppe zurück.
Dem Bayerischen Nationalmuseum zu München eignet ein kleiner Behang (H. 1,34 m,
L. 1,11 m, Teil IV, Titeltafel des Tafelteiles) mit der Huldigung der Äbtissin Walpurga
von Alsberg mit ihren Frauen vor der Schutzheiligen des Klosters. Das Material beschränkt
sich auf Wolle und weiße Leinenfäden. Riesengroß steht die heilige Walpurga in weiß-
grauem, blaugrün gefüttertem Ordenskleid, in der Rechten das Ordensregelbuch mit dem
Ölfläschchen, in der Linken das Zepter, gegen den rot-gelben Brokathintergrund; schwe-
bende Engel halten über der Gloriole des Hauptes die himmlische Krone; zu Füßen der
Heiligen steht das Schild Englands mit den drei schreitenden Löwen. Links kniet die
Äbtissin von Absberg — durch ihr Wappenschild gekennzeichnet — mit acht Chor-
schwestern, rechts bilden sieben Laienschwestern gewissermaßen das Gegengewicht. Der
blumige Rasen, der Nürnberger Flora nachgebildet, ist stark stilisiert; die einheitliche
Fläche wird durch das scharfe Rot und Weiß der Blüten festlich belebt. Die Gesamtwirkung
ist schwer und ernst, die Eigenart des strengen Votivbildes ist — ganz abgesehen von den
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bereit. Das Wasser ist durch eigenartig netzförmige Linien wiedergegeben, die in den
Jagd- und Minneszenen des zweiteiligen Behanges im Bayerischen Nationalmuseum zu
München in ähnlicher Form zur Charakterisierung des Ententeiches verwandt werden.
Der „pater undis", von dem die Legende spricht, hat sich in der dritten Episode in ein
Teufelchen gewandelt, das die Wolken vor sich hertreibt und die Wellen bewegt. In dem
vierten und letzten Bilde der oberen Reihe langt die Heilige mit ihrem Gefolge in Mainz
an, St. Bonifazius entbietet den Empfangsgruß. Die Stadtanlage des Hintergrundes ist nicht
ungeschickt gelöst, über der Torburg prangt das Rad, das Wappen von Mainz. Die Farben
sind nach wie vor trüb und hart, eigenartig wirkt das Gewand des Heiligen mit den grob
nebeneinander gelegten roten und rosafarbenen Streifen.
Zeigt die Farbenstimmung der vier oberen Bilder noch ein verhältnismäßig ruhiges
Cachet, so erhält die untere Bilderreihe durch die schwarzen Gewänder der geistlichen
Frauen mit den weißen und rötlichen, gleichsam aus dem schwarzen Grund heraus
gekratzten Gewandlinien, eine düstere Note, die scharf kontrastiert mit dem zarten Orange
und Ockergelb der Gewänder der übrigen Personen, mit dem Ziegelrot der Mauern und
Fußbodenplatten.
In der 5. Episode, der ersten des unteren Streifens, erfolgt die Weihe der Heiligen zur
Äbtissin des Klosters Heidenheim bei Eichstätt durch ihren Bruder, den Eichstätter Bischof
Willibald. Im anschließenden Bilde ruht St. Walpurga auf dem Sterbelager, auf den Knien
eine reiche Brokatdecke. Eine Nonne reicht die Sterbekerze, ein Geistlicher und sieben
Klosterfrauen vollziehen die Sterbegebete. Der bunte Fliesenboden — Blau, Rot, Gelbrot —
sticht kräftig ab gegen das tiefe Schwarz der knienden Schwestern. Die siebente Episode
— Überführung des Sarkophages von Heidenheim nach Eichstätt unter Begleitung des
Bischofs und der Geistlichkeit — wirkt eigenartig bunt und frohbelebt. Die Flora zieht
sich, einem orientalischen Teppich gleich, bis in den Hintergrund, in den Wolken streichen
Enten in geordnetem Fluge, die Farben der Prozession und der Architektur sind licht, zart
und stimmungsvoll. Im letzten Bilde wird die Grabkapelle St. Walpurga zu Eichstätt, in
starker Anlehnung an das gleiche Motiv des 60 Jahre älteren Teppichs des Bischofs Jo-
hann von Eych, zur Darstellung gebracht. Vor den Stufen der Nische mit dem herab-
tropfenden Öl knien rechts zwei Pilger, links die Äbtissin Walpurga von Absberg — durch
ihr Wappenschild gekennzeichnet — mit zwei Chor- und einer Laienschwester.
Der Wert der Eichstätter Arbeiten ist naturgemäß weniger in der Qualität der Technik
begründet, die als mangelhaft bezeichnet werden muß, als vielmehr in dem stark flächen-
haften Empfinden, in Verbindung mit einer ganz ungewöhnlichen, in ihrer Zusammen-
stellung fast aufreizenden Farbenskala.
Gegenüber dem Walpurgateppich treten die übrigen Arbeiten der Gruppe zurück.
Dem Bayerischen Nationalmuseum zu München eignet ein kleiner Behang (H. 1,34 m,
L. 1,11 m, Teil IV, Titeltafel des Tafelteiles) mit der Huldigung der Äbtissin Walpurga
von Alsberg mit ihren Frauen vor der Schutzheiligen des Klosters. Das Material beschränkt
sich auf Wolle und weiße Leinenfäden. Riesengroß steht die heilige Walpurga in weiß-
grauem, blaugrün gefüttertem Ordenskleid, in der Rechten das Ordensregelbuch mit dem
Ölfläschchen, in der Linken das Zepter, gegen den rot-gelben Brokathintergrund; schwe-
bende Engel halten über der Gloriole des Hauptes die himmlische Krone; zu Füßen der
Heiligen steht das Schild Englands mit den drei schreitenden Löwen. Links kniet die
Äbtissin von Absberg — durch ihr Wappenschild gekennzeichnet — mit acht Chor-
schwestern, rechts bilden sieben Laienschwestern gewissermaßen das Gegengewicht. Der
blumige Rasen, der Nürnberger Flora nachgebildet, ist stark stilisiert; die einheitliche
Fläche wird durch das scharfe Rot und Weiß der Blüten festlich belebt. Die Gesamtwirkung
ist schwer und ernst, die Eigenart des strengen Votivbildes ist — ganz abgesehen von den
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