Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 1): Die germanischen und slawischen Länder: Deutschland einschließlich Schweiz und Elsass (Mittelalter), Süddeutschland (16. bis 18. Jahrhundert) — Leipzig, 1933

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.13167#0304
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Literatur

„bicht din sunde mit ernst sonder spol
so findestu ewig trew bygot."

3. Die Jungfrau wäscht ihr Herz in einer mit Blut gefüllten Schüssel:

„sal ich myn sunde hi leshen

so muss ich my hertz im blut wesche."

4. Der Diener des Herrn spendet der Jungfrau, die diesmal eine Haube trägt, vor dem Altar die heilige
Kommunion:

„über her nu versorget mich

mit gottes trew das bitten ich."

„entphang in trewen den waren crist

divil dyn hertz nu reyn ist so (nun so rein ist)."

Im letzten Bilde führt ein Engel die Braut Christi der Äbtissin zu, die, von einer Nonne begleitet, sie
am Torhaus des Klosters empfängt. Aus den Fenstern lugen neugierig-ernst zwei Dominikanerkloster-
frauen, das Gebäude trägt die Inschrift)(unter den Fenstern): „dez hymels ey port godesvn (?) eyn huss
diss ist."

Die Äbtissin spricht: „kum brudt chrisli wol gemeidt

nym dy krön dy dir got hot bereit."

14) Das Blatt wurde noch im späten 16. Jahrhundert kopiert.

Paul Kristaller, Holzschnitte im Königl. Kupferstichkabinett zu Berlin, 2. Reihe; Berlin 1915, Nr. 179.
45) Franz Martin Haberditzl, Die Einblattdrucke des XV. Jahrhunderts in der Kupferstichsammlung der

Hofbibliothek zu Wien, Bd. I, Wien 1920, Nr. 163, Tafel CII, CHI.
") Adalbert v. Keller, Fastnachtsspiele aus dem XV. Jahrhundert. Nachlese. Bibliothek des literar. Vereins

Stuttgart, XLVI, 1858, 129.

B. Kurth, a. a. O. S. 152.

*') 1. Susanna begibt sich, von zwei Dienerinnen begleitet, zum Bade; die beiden lüsternen Alten lauern im
Gebüsch an der Gartenpforte.
Susanna:

„Ich werd mich wachsen, schlisst die dur
und bringt mir seyf und oell herfur."

Die Alten:

,,Sich die wyr hant in liebe gerne!
die fynd wyr gantz nach willn alleyn".

2. In der zweiten doppelgegliederten Szene redet rechts einer der Sünder auf die erschrockene Susanna
ein und droht, falls sie nicht willig sei, sie des Ehebruches zu bezichtigen:

„Thu unsern wille sunst wir spreche

wir han sehen dich E brechen."
Die Tugendreiche bleibt standhaft:

„Im herrn lydd ich lieber de dot

kompt all gesynd helft mir uss noyt."
Der zweite Alte kommt (links) dem Hilferuf Susannas zuvor, er verleumdet sie bei dem Badeknecht
und den beiden Mägden —

„hört all eyn boss und selczam dingk.
wyr funde by ir einen jungeling" —,

die ungläubig die Niederträchtigkeiten anhören:

„das syn uns gar ser unglaublich wort
der glych ist nye fon yr gebort."

3. Das Verhängnis geht seinen Lauf; im dritten Bilde klagen die Alten auf Verurteilung Susannas:

„wir hant wort fon ir geseit
ist also off unser eyd."

Der Richter auf hohem Stuhl kündet den Spruch:

„uff sag der zug ist unser spruch
das sterb susan umb im Eebruch".

4. Der junge Daniel wohnt der Handlung bei und erkennt die Untreue der Alten. Er stellt im letzten
Augenblick, als Susanna zum Tode geführt wird, an sie die Frage, unter welchem Baum die verbre-
cherische Handlung vor sich gegangen sei:

„du alter schalck musst auch verjehen
unde' wass bäum du sie habst gesehe."

Der erste Alte:

„unter eym mel bäum es geschach
dass ich sie by de junge sach."

Der zweite:

„under eim prum bäum sie da rect
myt dem junge der flog stet."

5. Die Lügen sind offenkundig; der Fall kommt vor dem Richter zum zweiten Male zur Verhandlung;
die Alten werden an Stricken vorgeführt; Susanna kniet betend:

„Ich danck dir got uss hertzen grünt
du hast gemacht die warheit kunt."

290
 
Annotationen