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Günther, Hubertus
Niederländisches Bilderbuch — München, 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.11572#0047
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Das Klinga

W^er hat schon jemals ein niederländisches
Landschaftsbild mit strahlend blauem
Himmel gesehen? Immer ziehen Wolken
am Himmel auf, die Luft ist diesig. So verrufen,
wie heute der Londoner Smog ist, war damals das
Klima in den Niederlanden, vor allem in den See-
provinzen Holland und Seeland: Die Besucher die-
ser Gegenden fürchteten, »mit einem Fuß ins Grab
zu treten«. Sie warnten vor »Husten, Schnupfen,
Wechselfieber und Gliederreissen« und empfahlen
dringend, »der Landessitte zu folgen und beständig
einen flanellenen Brustlatz auf dem blossen Leibe
zu tragen, auch sich überhaupt nicht zu leicht zu
kleiden«. Die Luft blieb durch den Wasserreichtum
immer feucht und kühl, die scharfen Meerwinde
wehten ungehindert über das offene Flachland.

Philipp von Zesen erklärt in seiner Beschrei-
bung der Stadt Amsterdam (1662) die ständig
schlechte Luft damit, »dass diese Stadt, in ihrem
gesümpfe, so gar niedrig lieget, und theils von den
faulen ausgedünsteten dämpfen ihres bruchichten
bodems, teils von der groben und harten seeluft so
über die masse ümgeben wird, dass die heitere Luft
des himmels, ihre würkung zu thun, kaum hindurch-
dringen kann.«

Klagen über das schlechte Klima kehren regel- '
mäßig in Reiseberichten wieder. Besonders litten Wt\
die Fremden an dem schnellen Wechsel des Wetters.
Diese Unbeständigkeit kommentierte ein Deut-
scher mit netter Überspitzung: »Oft enthält ein ein-
ziger Tag den stürmischsten Herbstmorgen, einen
warmen Sommermittag, einen Frühlingsabend und
eine Winternacht.« Glücklicherweise ist neben den
wehleidigen Übertreibungen auch ein regelrechter
Wetterbericht aus der Mitte des 17. Jahrhunderts
überliefert: »Durch das tiefe Niveau und die Flach-
heit ihres Landes wird der Boden jeden Winter
leicht überflutet, so daß es scheint, als lägen ganze
Gebiete in dieser Jahreszeit unter Wasser, welches
dann im Frühjahr mit Mühlen wieder fortgepumpt

Solomon van Ruysdael iHaarlem um 1600—1670),
landschaft mit Viehfähre. Amsterdam, Sammlung A.

Kanal
Schwarz.
 
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