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Günther, Hubertus
Niederländisches Bilderbuch — München, 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.11572#0107
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Die qeuei\cArgoi|auterL

Otto von Bismarck schrieb 1853 aus Amster-
dam: »Wenn ich das Glockenspiel höre, und
mit einer langen Tonpfeife im Munde durch
den Mastenwald über die Kanäle auf die Schorn-
steine im Hintergrund sehe, so fallen mir alle hol-
ländischen Gespenstergeschichten aus der Kinder-
zeit ein, von Dolph Heylinger und Rip van Winkel
und dem Fliegenden Holländer.«

Nicht nur der eiserne Kanzler erschauerte beim
Anblick von Schiffen, zahlreiche Besucher der Nie-
derlande brachte die Atmosphäre in den Hafen-
städten auf Gruselgedanken, und dieser düstere
Eindruck hat sich in der Dichtung niedergeschlagen;
neben den Geschichten, die Bismarck in den Sinn
kamen, lassen sich viele andere nennen, als beson-
ders schauriges Beispiel etwa »Das grüne Gesicht«

von Meyrink. Vor allem den Seeleuten und der
Hafenszene scheint etwas geheimnisvoll Düsteres
angehaftet zu haben. Leider gibt es kaum Berichte
von Augenzeugen darüber. Offenbar mieden die
Zeitgenossen die Hafengegend. Die Reisenden,
auch wenn sie alle von der Seemacht des Landes
beeindruckt sind, schweigen gewöhnlich über
diesen Bereich. Auch die holländischen Maler, die
sonst alle Episoden aus dem täglichen Leben in
ihren Bildern festhielten, mochten dies Motiv nicht
gern darstellen.

Das muß nun freilich gar nicht damit zusam-
menhängen, daß die Häfen unheimlich wirkten; das
wüste Treiben dort wird gereicht haben, um ordent-
liche Leute von Besuchen abzuhalten. Man schätzt,
daß unter holländischer Flagge an die 200 000

Jan van de

Capelle

(Amsterdam

1624—1679),

Fischerboote.

Köln, Wallraf-

Richartz-

Museum.

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