Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
M04

Bauer, Strafgesetzentwurf für Hannover.

dazu da sey, um sittliche Zweche zu erfüllen; 3) der reli-
giöse Beweis gegen die Rechtmäfsigheit der Todesstrafe,
welcher sich darauf gründet, dafs der Staat frevelnd in den
Plan der Gottheit eingreife, wenn er ein Wesen vernichte,
welches vielleicht noch nicht reif für das Jenseits sey; 4) der
psychologische Beweis gegen die Zweckmäfsigkeit
der Todesstrafe, darauf gegründet, dals nach denerhennbaren
Erscheinungen des menschlichen Gemüths (nach psychologi-
schen Gesetzen) die lebenslängliche Freiheitsstrafe ein weit
wirksameres Mittel zur Verhütung von Verbrechen sey ; end-
lich 5) der Erfahrungsbeweis gegen die Zweckmäs-
sigheit der Todesstrafe, wonach derselben die abschreckende
Wirkung abgesprochen wird. — Was nun den ersten dieser
Beweise betrifft (Beccaria, und jetzt auch Lucas), so be-
ruht derselbe auf einer reinen Fiction, nämlich darauf,
dafs dem Staate durch Vertrag das Strafrecht eingeräumt sey,
Niemand aber sein Recht auf Leben vertragsmäfsig aufgeben
könne, oder habe aufgeben wollen (S. 68. Ref.'s Straftheorien
S. 5o.).— No. 2. (Fichte) lälst sich mit Oersted Grundre-
geln 8. 76 dadurch widerlegen , dafs man sagt: Die bürger-
lichen Strafen beruhen auf einer Vernunffnothwendigkeit. Denn
sie sollen die Rechtsordnung im Staat begründen, ohne welche
es dem Menschen nicht möglich seyn würde, für sittliche
Zwecke mit Freiheit und Selbstthätigkeit zu wirken. Insofern
ist es also kein Widerspruch vor dem Sittengesetz, durch die
Todesstrafe die der Erfüllung des Sittengesetzes entgegenste-
henden Hindernisse aufzuheben. — No. 3. (Lucas vom Straf-
system 8. ig3. N. Arch. des Kr. Rechts Thl. 8. S. 725.) beruht
auf einem reinen Anthropomorphismus, und ist am bündigsten
von v. Arnim Bruchst. über Verbr. und Strafen Thl. 1. S. !3y.
widerlegt. — No. 4. (Lucas S. 367. 347.) läfst sich eben so
sehr aus psychologischen Gründen, als durch die Erfahrung
widerlegen (S. 65 u. 83. Krim. Beiträge 1. 3. S. 23. N. Arch.
des Kr. R. Thl. 9. 8. 325.). — Endlich No. 5. (vorz. Lucas)
erhebt die Ausnahmen zur Regel, zieht unrichtige Folgerun-
gen aus den ungleichartigsten Fällen, und verwechselt insbe-
sondere die Folgen, welche aus der zu häufigen Anwendung
der Todesstrafen entstehen, mit den Wirkungen der Todes-
strafe überhaupt. (S. 75 fg. N. Arch. Thl. io. S. 36e. Meine
Rec. in der Allg. Litt. Zeit. :83i No. i3 — i5. TrazYe
3 6.). Aufserdem macht der Verf. auf einige allgemeine
Fehler aufmerksam, welche bei dieser grofsen Streitfrage
häufig mit unter Hefen. Diese sind: i) dafs man über eine
einzelne Strafart entscheiden wolle, ohne, zuvor den
Rechtsgruhd der Strafgewalt überhaupt , und die obersten
Grundsätze des Strafrechts, namentlich hinsichtlich des Maafs-
 
Annotationen