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Wenzig: Kränze u. s. w. und Studien über Stitnö.

Dichter wiedergegeben werden, für welche sich schon Göthe in „Kunst und
Altcrthum“ interessirle, und die, wie der Uebersetzer sagt, nicht nur durch
das polyglotte Oesterreich, sondern auch dadurch Deutschland mit angehören,
dass der eine zu Jena studierte, der andere in Breslau lehrte. Die beiden
Poeten sind Johann Bollar, geb. 1793 in Ungarn, gcst. 1852 in Wien, und
Franz Ladislaw Celakowsky, geb. 1797 in Böhmen, gest. zu Prag 1852. Ueber
die Lebensverhältnisse und den schriftstellerischen Charakter der beiden her-
vorragenden Männer bat Herr Wenzig in der Vorrede die nöthigen Bemerkun-
gen gegeben. Was nun die Dichtungen angeht, die in dem vorliegenden
Buche uns näher gerückt werden, so bereitet uns Herr Wenzig den Genuss,
einen Theil aus Bollars Hauptwerke: „Die Tochter der Slawa“ uns aneignen
zu können, von Celakowsky dagegen erhalten wir Stücke aus dem Nachhall
böhmischer Volkslieder, aus der hundertblättrigen Rose, aus dem Nachhall
russischer Volkslieder, aus den vermischten Gedichten, aus den Epigrammen
und Gnomen. Etwas weiteres über den Werth der „Kränze“ zu sagen, mag
unterbleiben, da Herrn Wenzig’s Talent schon längst die gebührende Schätzung
gefunden hat. Darf diese dichterische Gabe einem weitesten Kreise empfoh-
len werden, so werden dagegen in dem der Gelehrten erwünscht sein die
Studien über Ritter Thomas von Stitne, ein Beitrar) zur europäischen Culturge-
schichte, von Joseph Wenzig. Leipzig, 1856. 8. 133 Seilen.
Ueber Stitny äussert sich Palacky in seiner Geschichte Böhmens folgen-
dermassen: „Dieser ausgezeichnete böhmische Edelmann besass nicht nur
alle Bildung, die sein Zeitalter gewähren konnte, sondern auch die Gabe, sie
in anziehender, klarer und körniger Sprache dem Volke mitzutheilen. In allen
seinen umfangreichen Schriften herrscht die religiöse Tendenz vor; doch hin-
derte ihn dies nicht, eine Menge gelehrter und populärphilosophischer Fragen
gelegentlich zu erörtern, und er liess sich in diesem Geschäfte auch durch
den häufig ausgesprochenen Unmuth der Schulgelehrten, die da glaubten, dass
solche Untersuchungen nicht vor das Volk gehörten, nicht stören. Seine be-
wundernsw’erthe Meisterschaft in der Handhabung aller der reichen Formen
der böhmischen Sprache gestaltete dieselbe bald zu einem brauchbaren Organe
für noch so gelehrte Erörterungen, sowie auch das böhmische Volk, das seine
Werke mit Beifall und Nutzen las, sich durch ihn gewöhnte, selbst einem
längern Gang abstracter Gedanken zu folgen.“ — Man sieht leicht, dass es
sich hier um eine Persönlichkeit handelt, die neben Hus und Comenius gar
wol die Aufmerksamkeit der Forscher verdient, die ihr bisher nicht in ge-
nügender Weise zu Theil geworden zu sein scheint. Eine richtige Würdigung
des Mannes anzubahnen dürfte aber Herrn Wenzig’s Schrift um so mehr ge-
eignet sein, als sie äusser einer Biographie und orientierenden Abhandlung
auch reichliche Proben aus Stitny’s Werken liefert, welche Herr Wenzig auch
noch in den Jahresberichten der k. k. böhmischen Oberrealschule zu Prag
für das Schuljahr 1855 und für das Schuljahr 1856 zum Gegenstände seiner
Untersuchungen gewählt hat.
 
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