Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
176

Seybt: Richard Heber Wrightson, Gesch. d. neuen Italiens.

äusserer, der Sache ganz fremder zwingender Ereignisse und Ver-
wicklungen durchbrechen wird.
Der gefährlichste Theil Italiens, besonders gefährlich für die
auswärtigen Staaten, die mit Italien in irgend einer Beziehung stehen
oder denen die Störung des allgemeinen Gleichgewichts Besorgnisse
einflössen muss, ist der Kirchenstaat, der grosse Brennpunkt aller
Unordnung. So lange es die Mächte für nothwendig halten, den
Papst in seiner isolirten und unnatürlichen Stellung zu erhalten,
kann die Anwesenheit fremder Bayonette in Mittelitalien schwerlich
entbehrt werden. Die Erfahrung scheint bewiesen zu haben, dass
kein Papst die Schwierigkeiten überwinden kann, die er als weltli-
cher Herrscher auf seinem Pfad findet. Während andere geistliche
Fürstenthümer längst säkularisirt sind, ist dieses übrig geblieben, ein
vereinzelter Rest einer andern Zeit und einer veralteten Staatsform.
Aber die weltliche Herrschaft des Papstes verdankt ihr Fortbestehen
nicht sowohl einem Glauben, dass sie der Religion Dienste leisten
könnte, sondern einer Furcht vor den Schwierigkeiten und Eifersüch-
teleien, welche ihre Abschaffung zur Folge haben könnte. Unter-
dessen werden die Interessen von 3 Millionen Menschen hingeopfert,
Italien wird in beständiger Gährung erhalten und Oesterreich er-
wirbt sich nicht nur üble Nachreden, sondern seine Unabhängigkeit
und Würde leidet auch durch den kritischen Stand seiner Angele-
genheiten jenseits der Alpen.
Während der Franzosenherrschaft waren alle Parteien in der
Schule des Unglücks gewesen, und die Voraussetzung, dass sie etwas
von ihm gelernt haben würden, war sehr natürlich, und doch ganz irrig.
Während Consalvi in Wien mit der Vertheidigung der territorialen
Ansprüche des Papstes beschäftigt war, wäre seine Anwesenheit
und seine Autorität in Rom sehr nothwendig gewesen, um der wie-
dereingesetzten Regierung Mässigung einzuflössen. Damals wäre
es ihm gelungen dem Eifer der Reaktionäre einen Zaum anzulegen
und eine fanatische Partei niederzuhalten, die er später nicht mehr
beherrschen konnte. Aber die finstern Fanatiker wurden in Rom
die Herrn, der Papst ihr Diener, und Consalvi ihr Feind. Obgleich
es in jener Zeit in dem Collegium der Kardinäle und unter den
Geistlichen überhaupt Männer von ausgezeichnetem Werth und ge-
mässigten Grundsätzen gab, welche die Ansichten Consalvi’s unter-
stützten, so wirkte auch eine vorurtheilsvolle Majorität allen An-
strengungen derselben entgegen und liess Nichts aufkommen, was
mit dem Fortschritt der Zeit übereingestimmt und den vernünftigen
Theil des Volks befriedigt hätte. Mit den zunehmenden Jahren des
Papstes vermehrten sich die Schwierigkeiten der Regierung.
(Schluss folgt.)
 
Annotationen