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Zimmerle: Das deutsche Stammgutssystem.

sterben begriffen sind, steht das Familienfideicommiss noch als ein
machtvolles und einflussreiches Rechtsinstitut da.
Dennoch fehlt es in der juristischen Literatur an einer tiefer
eindringenden Monographie. Die wichtigste Voraussetzung zu einer
wissenschaftlichen Begreifung dieses Rechtsinstituts ist aber eine
klare rechtsgeschichtliche Entwickelung seiner Entstehung. Wohl
kaum bei irgend einem andern Institute laufen die Fäden so weit
in die Vergangenheit zurück und so wunderbar durcheinander. Ob-
gleich das Familienfideicommiss in seiner jetzigen Gestalt ein mo-
dernes Gebäude der Doctrin ist, so haben doch die Architecten Bau-
steine dazu verwendet, welche sich bereits in den ältesten germani-
schen Volksrechten vorfanden.
Der Verfasser der vorliegenden Schrift hat das Stammguts-
system zu seinem Gegenstände gewählt, und versteht darunter alle
diejenigen Rechtsnormen, welche die Erhaltung des Grundeigentums
in der Familie bezwecken.
In der Einleitung S. 1—32 erörtert er die politische Be-
deutung des Grundeigentums, als Grundlage des Stammgutssystems.
Mit fleissiger Benutzung der neuesten wissenschaftlichen Forschun-
gen von Waitz, Sybel, Roth u. s. w. gibt er einen Ueberblick der
germanischen Urverfassung und weist nach, dass die Deutschen schon
in der ältesten Zeit Sondereigenthum gekannt haben, und dass
der Besitz eines freien Hofes innerhalb der Hundertschaft die erste
Voraussetzung zur Theilnahme an dem politischen Verbände war.
Der Verfasser verwirft mit Recht jene unklare Vorstellung von
einem Gesammteigenthum der Familie; er führt als juristischen Grund
für die Rechte des nächsten Erben das Interesse an, welches die
gesammte Familie an der Erhaltung des Grundbesitzes hat. Seine
Ansicht gründet sich auf die allein richtige Erklärung, welche Ger-
ber bereits im Jahre 1847 in seinen Meditationes ad locum speculi
saxonici ausgesprochen hat, nämlich dass das sog. Stammgutsprincip
lediglich auf dem Gedanken beruhe, dass eine Familie, um als solche
mit voller öffentlicher Berechtigung in der Volksgenossenschaft zu
gelten, nothwendig eine gemeinsame heimathliche Stätte, einen Stamm-
sitz haben müsse. Der Rechtssatz hat demnach seinen Ursprung
in der politischen Bedeutung der Familie, der jedesmalige Inha-
ber des Guts ist zwar allein Eigenthümer, nicht die Familie; aber
ohne Eigenthümer zu sein, haben die zuwartenden Erben schon
unmittelbar gegenwärtige Vortheile von dem Grundeigenthume, das
in der Hand eines Familiengliedes vereinigt ist, und diese zu schützen
dient das Einspruchsrecht.
Nachdem der Verfasser in der Einleitung den allgemeinen Ge-
sichtspunkt festgestellt hat, geht er zu der eigentlichen geschichtli-
chen Darstellung des Stammgutssystems über; er zerlegt den ganzen
Entwicklungsgang in drei Perioden:
A. Aelteste germanische Zeit.
B. Mittlere Zeit.
 
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