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Nr. Π. HEIDELBERGER 1862.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR,

Oeuvres de Leibniz par Foucher de Car eil.

(Schluss.)
Wie wenig man Leibniz katholische Gesinnungen und An-
sichten beilegen kann, geht selbst aus den von dem Herrn Heraus-
geber angetiihrten Briefstellen des ersteren hervor. So sagt jener
in einem Briefe an Fabricius (1697): „Ich habe viel daran ge-
arbeitet, die Streitsätze der Religion in Ordnung zu bringen, aber
ich habe bald erkannt, dass die Versöhnung der Lehren ein leeres
Werk ist. Dann habe ich mir eine Art von göttlichem Waffenstill-
stand erdacht und habe jenen schon im Westphälischen Frieden ein-
geschlossenen Gedanken der Duldung eingefiihrt“ und in einem an-
dern Briefe von 1698: »Ich habe vor Allem an der bürgerli-
chen Duldung gearbeitet; denn, was die kirchliche betrifft, so
wird man nie erlangen, dass die Lehrer beider Theile sich nicht
wechselseitig verdammen. Mögen sie sich denn verdammen, so viel
sie wollen, aber ohne Beleidigung, ohne böswillige Vorwürfe.u....
„Ich kümmere mich wenig um religiöse Lehren, ich habe immer
gedacht, dass das mehr eine Sache der Staatsmänner, als der Theo-
logen sei; denn man würde ihnen ihre Sitten und Gebräuche lassen,
um Frieden zu behalten und die Gleichheit zwischen verschiedenen
Genossenschaften“ (S. XLV und XLVI). Der Herr Herausgeber
hat Recht, wenn er hinsichtlich des philosophischen Geistes Bos-
euet unter Leibniz stellt, aber nicht so begründet ist die Be-
hauptung, dass dieser dem sittlichen Charakter nach unter jenem
stehe. „In einem allein, sagt er (XC), war er (Leibniz) ihm
(Bossuet) untergeordnet: In der Geradheit der Absicht und in
der Reinheit der Stellung. Leibniz ist ein Proteus, welcher alle
Formen anzunehmen weiss, wenn er die Allgemeinheit des Katho-
liken will, bat er den flatterhaften und abweichenden Geist des Pro-
testanten und die ewige Unbeständigkeit“. Nirgends ist Leibniz
zweideutig und flatterhaft. Er bleibt überall darin fest und folge-
richtig, eine Vereinigung zu wünschen, aber nicht auf Kosten der
Ueberzeugung sich katholisch machen zu lassen. Man kann dies
nicht flatterhaft oder unbeständig nennen.
Seine Ansicht über die Stellung der Theologie und Philosophie
spricht der Herr Herausgeber (S. XCV} also aus: „Alle diejenigen,
welche an die Übei natürliche Ordnung glauben, nehmen ausdrücklich
oder stillschweigend das Christenthum an und gehören dem Körper
oder der Seele der Kirche an. Alle jene, welche sie verwerfen,
LV. Jahrg. 4. Heft. 17
 
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