Entwurf einer Strafprozessordnung für Würtemberg.
haftungsrecht, Gestattung der Freilassung gegen Caution, über Stellung
der Fragen an Geschworene, über Cassationsverfahren enthält; eine
für die ganze Wirksamkeit der Strafgesetzgebung wichtige Ein-
richtung wurde das seit 1861 eingeführte strafgerichtliche Ver-
fahren bei Polizeiübertretungen, worüber der Unterzeichnete bereits
in dieser Zeitschrift 1863 Nr. 55 eine eingehende Mittheilung geliefert
hat. Um den gegenwärtigen Stand der Gesetzgebung über Strafver-
fahren richtig zu würdigen, bedarf es auch eines Blicks auf die
1863 in den Gesetzgebungen des Auslandes gelieferten Leistungen.
Was in Frankreich seit einer Reihe von Jahren mit tiefeingreifen-
der Abänderung des Gesetzbuchs von 1808 geschah, ist im Ge-
richtssaal 1863 Hft. V. S. 352 dargestellt. Im Jahre 1863 ergingen zwei
Gesetze, das vom 13. Mai, wodurch äusser mehreren neuen Straf-
drohungen eine grosse Zahl von strafbaren Handlungen, die seit
1808 von den Geschworenen abgeurtheilt waren, correktionalisirt
und daher zur Entscheidung an den Staatsrichter gewiesen wurden,
wodurch die Competenz der Schwurgerichte bedeutend beschränkt
und recht klar gezeigt war, wie principlos die im französischen
Code von 1808 eine so wichtige Rolle spielende Unterscheidung von
Verbrechen (crimes) und Vergehen (delits) ist. Ueber dies Gesetz
Gerichtssaal 1863 S. 81. Helie, Commentaire de la loi du 13. Mai
1863. modificative du Code penal. Paris 1863. Ein anderes Ge-
setz vom 15. Mai über das sogenannte flagrant delit greift tief ein
und ist darauf berechnet die ohnehin aus Schlauheit absichtlich
unbestimmte Fassung des Begriffs von flagrant, das nach dem Code
nur bei den schweren strafbaren Handlungen (crimes) eintreten
sollte, auch auf die leichtern Fälle (delits) auszudehnen und die
Macht der Staatsanwälte noch mehr zu erweitern (über die Nach-
theile dieses Gesetzes, Bertin in der Zeitschrift: Le droit 1863.
Nr. 96 und 266.
In England äussett sich irümer mehr die Ueberzeugung, dass
eine Verbesserung des englischen Strafverfahrens in einzelnen Punk-
ten nothwendig wird (die Richtung der neuern Verbesserungsvor-
schläge habe ich geschildert in dem Gerichtssaal 1863 S. 260).
Man überzeugt sich aber auch, belehrt durch die Ergebnisse der
Erfahrung, dass manche aus einem bedenklichen, in England so
häufig vorkommenden Streben Zeit zu gewinnen und Kosten zu
ersparen von der neuen Gesetzgebung eingeführten Einrichtungen,
nämlich die Vermehrung der zu summarischen Verhandlungen ge-
wiesenen Fälle, und die Anordnung sagt 1855, dass der des Dieb-
stahls angeklagte rasch von dem Einzelnrichter bestraft werden
kann, wenn er sich sogleich schuldig bekennt, vielfache Nachtheile
haben. Am meisten siegt immer mehr die Ansicht, dass die Ein-
führung einer gut organisirten, freilich nicht der französischen nach-
gebildeten Staatsanwaltschaft nicht länger entbehrt werden kann
(darüber gute Ausführungen im Law Magazine 1863 August, pag.
347—372). Die grossen Fehler die in England im Strafverfahren
haftungsrecht, Gestattung der Freilassung gegen Caution, über Stellung
der Fragen an Geschworene, über Cassationsverfahren enthält; eine
für die ganze Wirksamkeit der Strafgesetzgebung wichtige Ein-
richtung wurde das seit 1861 eingeführte strafgerichtliche Ver-
fahren bei Polizeiübertretungen, worüber der Unterzeichnete bereits
in dieser Zeitschrift 1863 Nr. 55 eine eingehende Mittheilung geliefert
hat. Um den gegenwärtigen Stand der Gesetzgebung über Strafver-
fahren richtig zu würdigen, bedarf es auch eines Blicks auf die
1863 in den Gesetzgebungen des Auslandes gelieferten Leistungen.
Was in Frankreich seit einer Reihe von Jahren mit tiefeingreifen-
der Abänderung des Gesetzbuchs von 1808 geschah, ist im Ge-
richtssaal 1863 Hft. V. S. 352 dargestellt. Im Jahre 1863 ergingen zwei
Gesetze, das vom 13. Mai, wodurch äusser mehreren neuen Straf-
drohungen eine grosse Zahl von strafbaren Handlungen, die seit
1808 von den Geschworenen abgeurtheilt waren, correktionalisirt
und daher zur Entscheidung an den Staatsrichter gewiesen wurden,
wodurch die Competenz der Schwurgerichte bedeutend beschränkt
und recht klar gezeigt war, wie principlos die im französischen
Code von 1808 eine so wichtige Rolle spielende Unterscheidung von
Verbrechen (crimes) und Vergehen (delits) ist. Ueber dies Gesetz
Gerichtssaal 1863 S. 81. Helie, Commentaire de la loi du 13. Mai
1863. modificative du Code penal. Paris 1863. Ein anderes Ge-
setz vom 15. Mai über das sogenannte flagrant delit greift tief ein
und ist darauf berechnet die ohnehin aus Schlauheit absichtlich
unbestimmte Fassung des Begriffs von flagrant, das nach dem Code
nur bei den schweren strafbaren Handlungen (crimes) eintreten
sollte, auch auf die leichtern Fälle (delits) auszudehnen und die
Macht der Staatsanwälte noch mehr zu erweitern (über die Nach-
theile dieses Gesetzes, Bertin in der Zeitschrift: Le droit 1863.
Nr. 96 und 266.
In England äussett sich irümer mehr die Ueberzeugung, dass
eine Verbesserung des englischen Strafverfahrens in einzelnen Punk-
ten nothwendig wird (die Richtung der neuern Verbesserungsvor-
schläge habe ich geschildert in dem Gerichtssaal 1863 S. 260).
Man überzeugt sich aber auch, belehrt durch die Ergebnisse der
Erfahrung, dass manche aus einem bedenklichen, in England so
häufig vorkommenden Streben Zeit zu gewinnen und Kosten zu
ersparen von der neuen Gesetzgebung eingeführten Einrichtungen,
nämlich die Vermehrung der zu summarischen Verhandlungen ge-
wiesenen Fälle, und die Anordnung sagt 1855, dass der des Dieb-
stahls angeklagte rasch von dem Einzelnrichter bestraft werden
kann, wenn er sich sogleich schuldig bekennt, vielfache Nachtheile
haben. Am meisten siegt immer mehr die Ansicht, dass die Ein-
führung einer gut organisirten, freilich nicht der französischen nach-
gebildeten Staatsanwaltschaft nicht länger entbehrt werden kann
(darüber gute Ausführungen im Law Magazine 1863 August, pag.
347—372). Die grossen Fehler die in England im Strafverfahren