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332 Verhandlungen des naturhistorisch-medizinischen Vereins.

steht Dicyansäure nach der oben angedeuteten Reaction. Da hierbei
leicht eine weitergehende Einwirkung von überschüssigem Alkali
auf schon gebildete Dicyansäure stattfindet, so wurde eine für die
Darstellung der letztem zweckmässigere Reaction gesucht, die sich
in dem Verhalten des Cyanharnstoffs gegen salpetrige Säure fand.
In der That erhält man ohne Verlust von Material durch Einleiten

von salpetriger Säure in Wasser, worin Cyanharnstoff aufgeschlämmt
ist eine Lösung von Dicyansäure, aus der man diese durch Krystalli-
sation direct rein gewinnt. Die Reaction ist folgende:
(CO -\ ( (CO\
N2 CN,H )2 + N2O3=( N2 CoI2 + N4 + OH2.
(h2 7 V (h3j

Die Dicyansäure krystallisirt aus Wasser, worin sie ziemlich löslich
ist, in schönen meist treppenförmig aneinandergereihten, monoklime-
drischen Krystallen, ο® P. 0 P, von rhomboedrischem Aussehen, die
sich wegen ihrer gut spiegeluden Flächen sehr genau messen liessen.
Die Krystalle enthalten Krystall wasser, O2 \ 3 aq., welches sie
bei 100° völlig verlieren. Die Dicyansäure ist das bisher unbe-
kannte mittlere Glied der polymeren Cyansäuren:
0|CN l(CN)2 ((CN)3
U|H ’ °2 |h2 ’ ' )H, >
welche interessante Beziehung auch durch ihr Verhalten völlig be-
stätigt wird. Erhitzt man die getrocknete Säure, so verwandelt
sie sich ungefähr bei derselben Temperatur wie die Cyansäure in
gewöhnliehe Cyansäure ohne andere Nebenproducte als das aus der
letzteren entstehende Cyamelid. Durch Alkalien wird sie unter Auf-
nahme von Wasser in Kohlensäure und Ammoniak zerlegt:
N2 j ξ0)! + (OH2)j = (CO2)2 + (NH212.
Die Dicyansäure ist eine zweibasische Säure, sie bildet wie die
Cyanursäure besonders leicht saure Salze, so dass z. B. salpeter-
saures Silber aus der neutralen Lösung des Ammoniaksalzes das
saure Silbersalz, O2 ^jj^g2 fällt. Auch der Aethyläther der Dicyan-
säure ist dargestellt.

Wie an die Cyansäure und an die Tricyansäure werden sich
auch an die Dicyansäure eine Reihe vor interessanten Verbindungen,
Chloriden etc. anschliessen, mit deren Untersuchung Dr. Poeusgen
derzeit noch beschäftigt ist.
 
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